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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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Sechstes Buch. Die Statsformen.
selben, sondern nur als Diener und Verwalter eines Herrschers,
welcher unsichtbar über den Regierten throne, frei von den
Schwächen ihrer menschlichen Natur.

Wir können diese vierte Gattung von Statsformen, wenn
sie zur Wohlfahrt der Regierten dienen, unter dem gemein-
samen Namen der Ideokratie (Theokratie) zusammen-
fassen, und die Abart derselben Idolokratie nennen.

Anmerkung. Schleiermacher hat ausgeführt, 6 dasz die antiken
Formen der Monarchie, Aristokratie, Demokratie "durchgängig in ein-
ander übergehen," so dasz auch in der Demokratie die Volksleiter als
eine Aristokratie und zuweilen einzelne wie z. B. Perikles wie Monarchen
erscheinen. Dasselbe lässt sich in umgekehrter Richtung von der Mon-
archie behaupten, und auch Mirabeau 7 hat Recht, wenn er sagt: "In
gewissem Sinne sind die Republiken monarchisch, und in gewissem Sinn
die Monarchien hinwieder Republiken." Dessen ungeachtet ist jene Unter-
scheidung der Statsformen keineswegs müszig, und bleibt es wahr, dasz
die Art des Statsoberhauptes der ganzen Statsverfassung ein specifisches
Gepräge verleiht, und dasz mit ihr die wichtigsten politischen Principien
in engster Beziehung stehen.



Zweites Capitel.
Der sogenannte gemischte Stat.

Schon im Alterthum hat man den Versuch gemacht, den
drei Aristotelischen Arten des Stats eine vierte beizuordnen,
welche man die gemischte genannt hat. Cicero insbeson-
dere glaubt in dem römischen State das Vorbild für diese
vierte, aus Monarchie, Aristokratie und Demokratie gemischte
Statsform gefunden zu haben, und erklärt diese für die beste
unter den vieren. 1


6 Abhandlungen der Berl. Akademie der Wissensch. 1814. Ueber
die Begriffe der verschiedenen Statsformen.
7 Rede von 1790 in seinen Oeuvres VIII. 139.
1 Cicero de Republ. I. 29: "Quartum quoddam genus reipublicae
maxime probandum esse censeo, quod est ex his, quae prima dixi,

Sechstes Buch. Die Statsformen.
selben, sondern nur als Diener und Verwalter eines Herrschers,
welcher unsichtbar über den Regierten throne, frei von den
Schwächen ihrer menschlichen Natur.

Wir können diese vierte Gattung von Statsformen, wenn
sie zur Wohlfahrt der Regierten dienen, unter dem gemein-
samen Namen der Ideokratie (Theokratie) zusammen-
fassen, und die Abart derselben Idolokratie nennen.

Anmerkung. Schleiermacher hat ausgeführt, 6 dasz die antiken
Formen der Monarchie, Aristokratie, Demokratie „durchgängig in ein-
ander übergehen,“ so dasz auch in der Demokratie die Volksleiter als
eine Aristokratie und zuweilen einzelne wie z. B. Perikles wie Monarchen
erscheinen. Dasselbe lässt sich in umgekehrter Richtung von der Mon-
archie behaupten, und auch Mirabeau 7 hat Recht, wenn er sagt: „In
gewissem Sinne sind die Republiken monarchisch, und in gewissem Sinn
die Monarchien hinwieder Republiken.“ Dessen ungeachtet ist jene Unter-
scheidung der Statsformen keineswegs müszig, und bleibt es wahr, dasz
die Art des Statsoberhauptes der ganzen Statsverfassung ein specifisches
Gepräge verleiht, und dasz mit ihr die wichtigsten politischen Principien
in engster Beziehung stehen.



Zweites Capitel.
Der sogenannte gemischte Stat.

Schon im Alterthum hat man den Versuch gemacht, den
drei Aristotelischen Arten des Stats eine vierte beizuordnen,
welche man die gemischte genannt hat. Cicero insbeson-
dere glaubt in dem römischen State das Vorbild für diese
vierte, aus Monarchie, Aristokratie und Demokratie gemischte
Statsform gefunden zu haben, und erklärt diese für die beste
unter den vieren. 1


6 Abhandlungen der Berl. Akademie der Wissensch. 1814. Ueber
die Begriffe der verschiedenen Statsformen.
7 Rede von 1790 in seinen Oeuvres VIII. 139.
1 Cicero de Republ. I. 29: „Quartum quoddam genus reipublicae
maxime probandum esse censeo, quod est ex his, quae prima dixi,
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[372/0390] Sechstes Buch. Die Statsformen. selben, sondern nur als Diener und Verwalter eines Herrschers, welcher unsichtbar über den Regierten throne, frei von den Schwächen ihrer menschlichen Natur. Wir können diese vierte Gattung von Statsformen, wenn sie zur Wohlfahrt der Regierten dienen, unter dem gemein- samen Namen der Ideokratie (Theokratie) zusammen- fassen, und die Abart derselben Idolokratie nennen. Anmerkung. Schleiermacher hat ausgeführt, 6 dasz die antiken Formen der Monarchie, Aristokratie, Demokratie „durchgängig in ein- ander übergehen,“ so dasz auch in der Demokratie die Volksleiter als eine Aristokratie und zuweilen einzelne wie z. B. Perikles wie Monarchen erscheinen. Dasselbe lässt sich in umgekehrter Richtung von der Mon- archie behaupten, und auch Mirabeau 7 hat Recht, wenn er sagt: „In gewissem Sinne sind die Republiken monarchisch, und in gewissem Sinn die Monarchien hinwieder Republiken.“ Dessen ungeachtet ist jene Unter- scheidung der Statsformen keineswegs müszig, und bleibt es wahr, dasz die Art des Statsoberhauptes der ganzen Statsverfassung ein specifisches Gepräge verleiht, und dasz mit ihr die wichtigsten politischen Principien in engster Beziehung stehen. Zweites Capitel. Der sogenannte gemischte Stat. Schon im Alterthum hat man den Versuch gemacht, den drei Aristotelischen Arten des Stats eine vierte beizuordnen, welche man die gemischte genannt hat. Cicero insbeson- dere glaubt in dem römischen State das Vorbild für diese vierte, aus Monarchie, Aristokratie und Demokratie gemischte Statsform gefunden zu haben, und erklärt diese für die beste unter den vieren. 1 6 Abhandlungen der Berl. Akademie der Wissensch. 1814. Ueber die Begriffe der verschiedenen Statsformen. 7 Rede von 1790 in seinen Oeuvres VIII. 139. 1 Cicero de Republ. I. 29: „Quartum quoddam genus reipublicae maxime probandum esse censeo, quod est ex his, quae prima dixi,

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/390>, abgerufen am 22.11.2024.