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Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875.

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die normale Folge. Auch diese geregelte Beförderung bewährt
sich im Groszen und Ganzen. Aber sie bedarf doch sehr einer
vernünftigen Leitung und Beschränkung. Das höhere und
höchste Statsamt soll doch nicht als das letzte Ziel eines er-
müdeten Strebens verlocken. Das Vorrücken der Statsdiener
darf nicht zu sehr nach mathematischen Rücksichten auf das
Dienstalter bestimmt werden. Die Qualität ist hier entschei-
dend. Gute Köpfe werden oft durch vieljährige fabrikähnliche
Beschäftigung mit untergeordneten Diensten abgemattet, und
wenn sie nach langen Mühen und Entbehrungen endlich auf-
wärts steigen, und höhere geistige Anforderungen an sie ge-
stellt werden müssen, so sind sie erlahmt und ihre beste Kraft
erstorben. Auch dieses Uebel ist aber nicht in dem Wesen
des Systems begründet, sondern nur eine Folge seiner bureau-
kratischen Entartung, die dadurch hinwieder fortwährend ge-
nährt wird. Gerade die höchsten politischen Aemter erfordern
noch die ungebrochene volle Kraft reifer Männer und dürfen
nicht das Privilegium der Greise werden. Daher ist für sie
die Anciennetät am wenigsten anwendbar.

e) Die vom State gewährte Besoldung sichert dem Be-
rufsbeamten einen standesgemäszen Lebensunterhalt, für ihn
und seine Familie. Freilich sind die Besoldungen der groszen
Mehrzahl der deutschen Beamten sehr sparsam bemessen und
stehen hinter den heutigen Einnahmen vieler Industrieller sehr
zurück; aber sie sind auch gegen die Wechselfälle dieser ge-
schützt und gewähren doch dem Träger des Amtes, besonders
in Verbindung mit einigem Privatvermögen, bei sorgfältiger
Wirthschaft ein anständiges Auskommen. Würden die wohl
noch zu zahlreichen Berufsämter durch Ehrenämter mehr er-
gänzt, so würden jene vermindert und dann auch besser be-
soldet werden können.

f) Der deutsche Berufsbeamte hat überdem pragmati-
sche
Rechte, d. h. einen gesicherten Rechtsanspruch auf eine
feste Besoldung und, wenn der Stat seiner Dienste nicht

Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc.
die normale Folge. Auch diese geregelte Beförderung bewährt
sich im Groszen und Ganzen. Aber sie bedarf doch sehr einer
vernünftigen Leitung und Beschränkung. Das höhere und
höchste Statsamt soll doch nicht als das letzte Ziel eines er-
müdeten Strebens verlocken. Das Vorrücken der Statsdiener
darf nicht zu sehr nach mathematischen Rücksichten auf das
Dienstalter bestimmt werden. Die Qualität ist hier entschei-
dend. Gute Köpfe werden oft durch vieljährige fabrikähnliche
Beschäftigung mit untergeordneten Diensten abgemattet, und
wenn sie nach langen Mühen und Entbehrungen endlich auf-
wärts steigen, und höhere geistige Anforderungen an sie ge-
stellt werden müssen, so sind sie erlahmt und ihre beste Kraft
erstorben. Auch dieses Uebel ist aber nicht in dem Wesen
des Systems begründet, sondern nur eine Folge seiner bureau-
kratischen Entartung, die dadurch hinwieder fortwährend ge-
nährt wird. Gerade die höchsten politischen Aemter erfordern
noch die ungebrochene volle Kraft reifer Männer und dürfen
nicht das Privilegium der Greise werden. Daher ist für sie
die Anciennetät am wenigsten anwendbar.

e) Die vom State gewährte Besoldung sichert dem Be-
rufsbeamten einen standesgemäszen Lebensunterhalt, für ihn
und seine Familie. Freilich sind die Besoldungen der groszen
Mehrzahl der deutschen Beamten sehr sparsam bemessen und
stehen hinter den heutigen Einnahmen vieler Industrieller sehr
zurück; aber sie sind auch gegen die Wechselfälle dieser ge-
schützt und gewähren doch dem Träger des Amtes, besonders
in Verbindung mit einigem Privatvermögen, bei sorgfältiger
Wirthschaft ein anständiges Auskommen. Würden die wohl
noch zu zahlreichen Berufsämter durch Ehrenämter mehr er-
gänzt, so würden jene vermindert und dann auch besser be-
soldet werden können.

f) Der deutsche Berufsbeamte hat überdem pragmati-
sche
Rechte, d. h. einen gesicherten Rechtsanspruch auf eine
feste Besoldung und, wenn der Stat seiner Dienste nicht

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[610/0628] Siebentes Buch. Statshoheit und Statsgewalt etc. die normale Folge. Auch diese geregelte Beförderung bewährt sich im Groszen und Ganzen. Aber sie bedarf doch sehr einer vernünftigen Leitung und Beschränkung. Das höhere und höchste Statsamt soll doch nicht als das letzte Ziel eines er- müdeten Strebens verlocken. Das Vorrücken der Statsdiener darf nicht zu sehr nach mathematischen Rücksichten auf das Dienstalter bestimmt werden. Die Qualität ist hier entschei- dend. Gute Köpfe werden oft durch vieljährige fabrikähnliche Beschäftigung mit untergeordneten Diensten abgemattet, und wenn sie nach langen Mühen und Entbehrungen endlich auf- wärts steigen, und höhere geistige Anforderungen an sie ge- stellt werden müssen, so sind sie erlahmt und ihre beste Kraft erstorben. Auch dieses Uebel ist aber nicht in dem Wesen des Systems begründet, sondern nur eine Folge seiner bureau- kratischen Entartung, die dadurch hinwieder fortwährend ge- nährt wird. Gerade die höchsten politischen Aemter erfordern noch die ungebrochene volle Kraft reifer Männer und dürfen nicht das Privilegium der Greise werden. Daher ist für sie die Anciennetät am wenigsten anwendbar. e) Die vom State gewährte Besoldung sichert dem Be- rufsbeamten einen standesgemäszen Lebensunterhalt, für ihn und seine Familie. Freilich sind die Besoldungen der groszen Mehrzahl der deutschen Beamten sehr sparsam bemessen und stehen hinter den heutigen Einnahmen vieler Industrieller sehr zurück; aber sie sind auch gegen die Wechselfälle dieser ge- schützt und gewähren doch dem Träger des Amtes, besonders in Verbindung mit einigem Privatvermögen, bei sorgfältiger Wirthschaft ein anständiges Auskommen. Würden die wohl noch zu zahlreichen Berufsämter durch Ehrenämter mehr er- gänzt, so würden jene vermindert und dann auch besser be- soldet werden können. f) Der deutsche Berufsbeamte hat überdem pragmati- sche Rechte, d. h. einen gesicherten Rechtsanspruch auf eine feste Besoldung und, wenn der Stat seiner Dienste nicht

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Allgemeine Statslehre. Stuttgart, 1875, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_staatslehre_1875/628>, abgerufen am 22.11.2024.