Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Achtes Buch. § 137), bricht das natürliche Recht durch, welches zur allgemeinen Regel zu werdengeeignet ist. Wenn die Fischerboote zu kriegerischen Zwecken dienen, dann sind sie der Wegnahme ausgesetzt, aber nicht, so lange sie von dem friedlichen Berufe der Fischer benutzt werden. 668. Auch auf gestrandete Schiffe und geborgene Güter erstreckt sich das Freilich wenn das der Wegnahme ausgesetzte Schiff auf der Flucht scheitert, 669. Die gute Kriegssitte erfordert, daß die feindlichen Handelsschiffe nicht Vor dem Krieg ist die Wegnahme nicht erlaubt, sondern höchstens die Be- 670. Nach dem in Europa anerkannten Völkerrecht dürfen keine Kaper- 1. Die Kriegssitte der Seestaten hatte sich nicht da mit begnügt, durch ihre Achtes Buch. § 137), bricht das natürliche Recht durch, welches zur allgemeinen Regel zu werdengeeignet iſt. Wenn die Fiſcherboote zu kriegeriſchen Zwecken dienen, dann ſind ſie der Wegnahme ausgeſetzt, aber nicht, ſo lange ſie von dem friedlichen Berufe der Fiſcher benutzt werden. 668. Auch auf geſtrandete Schiffe und geborgene Güter erſtreckt ſich das Freilich wenn das der Wegnahme ausgeſetzte Schiff auf der Flucht ſcheitert, 669. Die gute Kriegsſitte erfordert, daß die feindlichen Handelsſchiffe nicht Vor dem Krieg iſt die Wegnahme nicht erlaubt, ſondern höchſtens die Be- 670. Nach dem in Europa anerkannten Völkerrecht dürfen keine Kaper- 1. Die Kriegsſitte der Seeſtaten hatte ſich nicht da mit begnügt, durch ihre <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0386" n="364"/><fw place="top" type="header">Achtes Buch.</fw><lb/> § 137), bricht das natürliche Recht durch, welches zur allgemeinen Regel zu werden<lb/> geeignet iſt. Wenn die Fiſcherboote zu kriegeriſchen Zwecken dienen, dann ſind ſie<lb/> der Wegnahme ausgeſetzt, aber nicht, ſo lange ſie von dem <hi rendition="#g">friedlichen Berufe<lb/> der Fiſcher</hi> benutzt werden.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>668.</head><lb/> <p>Auch auf geſtrandete Schiffe und geborgene Güter erſtreckt ſich das<lb/> Priſenrecht nicht.</p><lb/> <p>Freilich wenn das der Wegnahme ausgeſetzte Schiff auf der Flucht ſcheitert,<lb/> ſo kann der Nehmer ſich noch desſelben bemächtigen.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>669.</head><lb/> <p>Die gute Kriegsſitte erfordert, daß die feindlichen Handelsſchiffe nicht<lb/> mehr ſofort nach dem Ausbruch des Krieges durch unerwartete Wegnahme<lb/> überraſcht, ſondern denſelben eine Friſt gewährt werde, innerhalb welcher<lb/> ſie aus den feindlichen Häfen auslaufen und einen ſicheren Zufluchtsort<lb/> aufſuchen können.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Vor</hi> dem Krieg iſt die Wegnahme nicht erlaubt, ſondern höchſtens die Be-<lb/> ſchlagnahme (Embargo). Vgl. § 509. Aber es iſt offenbar ſehr hart, friedlich<lb/> geſinnte Kauffahrer, ohne vorherige Warnung, am Tage der Kriegseröffnung, zu<lb/> überfallen und ihre Schiffe und Ladung als Priſe wegzunehmen. Da ſträubt ſich<lb/> das heutige Rechtsgefühl ſtärker gegen die Anwendung des alten Satzes, daß die<lb/> Schiffe und Waaren der „Feinde“ der Confiscation verfallen. Ein völkerrechtlicher<lb/> Fortſchritt der Art iſt vornehmlich in dem Ruſſiſchen Kriege von 1854 gemacht wor-<lb/> den, indem die beiden Weſtmächte Frankreich und England den Ruſſiſchen Schiffen<lb/> in ihrem Bereich eine Friſt von 6 Wochen gaben, um ſich und ihre Ladung in<lb/> Sicherheit zu bringen. Man nennt dieſe Verſtattung <hi rendition="#g">Indult</hi>.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>670.</head><lb/> <p>Nach dem in Europa anerkannten Völkerrecht dürfen keine Kaper-<lb/> ſchiffe mehr zur Seebeute ermächtigt werden.</p><lb/> <p>1. Die Kriegsſitte der Seeſtaten hatte ſich nicht da mit begnügt, durch ihre<lb/> Kriegsſchiffe den Handel der feindlichen Nation zur See möglichſt zu ſchädigen, zu<lb/> berauben und zu unterdrücken. Sie ſuchte dieſe Gefährdung des Handels noch da-<lb/> durch zu vergrößern, daß ſie die Raubſucht und den Haß der Privaten benutzte und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [364/0386]
Achtes Buch.
§ 137), bricht das natürliche Recht durch, welches zur allgemeinen Regel zu werden
geeignet iſt. Wenn die Fiſcherboote zu kriegeriſchen Zwecken dienen, dann ſind ſie
der Wegnahme ausgeſetzt, aber nicht, ſo lange ſie von dem friedlichen Berufe
der Fiſcher benutzt werden.
668.
Auch auf geſtrandete Schiffe und geborgene Güter erſtreckt ſich das
Priſenrecht nicht.
Freilich wenn das der Wegnahme ausgeſetzte Schiff auf der Flucht ſcheitert,
ſo kann der Nehmer ſich noch desſelben bemächtigen.
669.
Die gute Kriegsſitte erfordert, daß die feindlichen Handelsſchiffe nicht
mehr ſofort nach dem Ausbruch des Krieges durch unerwartete Wegnahme
überraſcht, ſondern denſelben eine Friſt gewährt werde, innerhalb welcher
ſie aus den feindlichen Häfen auslaufen und einen ſicheren Zufluchtsort
aufſuchen können.
Vor dem Krieg iſt die Wegnahme nicht erlaubt, ſondern höchſtens die Be-
ſchlagnahme (Embargo). Vgl. § 509. Aber es iſt offenbar ſehr hart, friedlich
geſinnte Kauffahrer, ohne vorherige Warnung, am Tage der Kriegseröffnung, zu
überfallen und ihre Schiffe und Ladung als Priſe wegzunehmen. Da ſträubt ſich
das heutige Rechtsgefühl ſtärker gegen die Anwendung des alten Satzes, daß die
Schiffe und Waaren der „Feinde“ der Confiscation verfallen. Ein völkerrechtlicher
Fortſchritt der Art iſt vornehmlich in dem Ruſſiſchen Kriege von 1854 gemacht wor-
den, indem die beiden Weſtmächte Frankreich und England den Ruſſiſchen Schiffen
in ihrem Bereich eine Friſt von 6 Wochen gaben, um ſich und ihre Ladung in
Sicherheit zu bringen. Man nennt dieſe Verſtattung Indult.
670.
Nach dem in Europa anerkannten Völkerrecht dürfen keine Kaper-
ſchiffe mehr zur Seebeute ermächtigt werden.
1. Die Kriegsſitte der Seeſtaten hatte ſich nicht da mit begnügt, durch ihre
Kriegsſchiffe den Handel der feindlichen Nation zur See möglichſt zu ſchädigen, zu
berauben und zu unterdrücken. Sie ſuchte dieſe Gefährdung des Handels noch da-
durch zu vergrößern, daß ſie die Raubſucht und den Haß der Privaten benutzte und
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