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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.

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Johann Miltons
kein geringerer als ein Allmächtiger eine sol-
che Macht, wie die unsrige war, hätte über-
wältigen mögen, uns diesen unsren Geist und
unsre Stärcke darum unversehrt gelassen hat,
damit wir starck genug seyn, unsre Pein zu
ertragen, und so unter seinem rachgierigen Zorn
aushalten mögen, oder damit wir ihm als
seine Sclaven, nach Kriegesrecht, desto besse-
re Dienste thun, was er auch vorhaben mag,
hier mitten in der Hölle im Feuer arbeiten zu

lassen,
Beelzebub wird mit grosser Kunst zum freyen Bekenntniß
gebracht, daß seine Widerparte allmächtig sey. Wie ver-
kehrte Glossen auch Satan öfters über die Gerechtigkeit,
Güte, und andere Eigenschaften des Höchsten machet,
so gesteht er ihm doch die Allmacht überall zu. Dieses
war eine Vollkommenheit Gottes, welche er ihm durch die
Waffen gezwungen einräumen mußte. Keine andere Be-
trachtung, als diese, konnte ihn unter der Schande der
erlittenen Niederlage aufrichten. Addison.
Damit wir unter seinem rachgierigen Zorn aushalten etc.)
Wiewohl Beelzebub sein Urtheil der Verdammniß schon
angetreten, so steht er doch der absonderlichen Symptoma-
tum
halber, so dieselbe mit sich führen mögte, in ängst-
licher Ungewißheit. Satan hatte ihn mit der Vorstellung
aufrichten wollen, daß sie ihr empyreisches Wesen in sei-
ner vollen Starcke behalten haben, welches er dem Schick-
sal einer unvermeidlichen Nothwendigkeit zugeschrieben; al-
lein Beelzebub fand dagegen einzuwenden, daß der Höch-
ste, den er für den Meister des Schicksals erkennt, seine
eigenen Ursachen mögte gehabt haben, um derer willen
er ihnen ihre Stärcke ungekränckt gelassen hätte. Er macht
jezo einige derselben nahmhaft, die so beschaffen sind, daß
sie Satans Trost völlig über einen Haufen stossen.

Johann Miltons
kein geringerer als ein Allmaͤchtiger eine ſol-
che Macht, wie die unſrige war, haͤtte uͤber-
waͤltigen moͤgen, uns dieſen unſren Geiſt und
unſre Staͤrcke darum unverſehrt gelaſſen hat,
damit wir ſtarck genug ſeyn, unſre Pein zu
ertragen, und ſo unter ſeinem rachgierigen Zorn
aushalten moͤgen, oder damit wir ihm als
ſeine Sclaven, nach Kriegesrecht, deſto beſſe-
re Dienſte thun, was er auch vorhaben mag,
hier mitten in der Hoͤlle im Feuer arbeiten zu

laſſen,
Beelzebub wird mit groſſer Kunſt zum freyen Bekenntniß
gebracht, daß ſeine Widerparte allmaͤchtig ſey. Wie ver-
kehrte Gloſſen auch Satan oͤfters uͤber die Gerechtigkeit,
Guͤte, und andere Eigenſchaften des Hoͤchſten machet,
ſo geſteht er ihm doch die Allmacht uͤberall zu. Dieſes
war eine Vollkommenheit Gottes, welche er ihm durch die
Waffen gezwungen einraͤumen mußte. Keine andere Be-
trachtung, als dieſe, konnte ihn unter der Schande der
erlittenen Niederlage aufrichten. Addiſon.
Damit wir unter ſeinem rachgierigen Zorn aushalten ꝛc.)
Wiewohl Beelzebub ſein Urtheil der Verdammniß ſchon
angetreten, ſo ſteht er doch der abſonderlichen Symptoma-
tum
halber, ſo dieſelbe mit ſich fuͤhren moͤgte, in aͤngſt-
licher Ungewißheit. Satan hatte ihn mit der Vorſtellung
aufrichten wollen, daß ſie ihr empyreiſches Weſen in ſei-
ner vollen Starcke behalten haben, welches er dem Schick-
ſal einer unvermeidlichen Nothwendigkeit zugeſchrieben; al-
lein Beelzebub fand dagegen einzuwenden, daß der Hoͤch-
ſte, den er fuͤr den Meiſter des Schickſals erkennt, ſeine
eigenen Urſachen moͤgte gehabt haben, um derer willen
er ihnen ihre Staͤrcke ungekraͤnckt gelaſſen haͤtte. Er macht
jezo einige derſelben nahmhaft, die ſo beſchaffen ſind, daß
ſie Satans Troſt voͤllig uͤber einen Haufen ſtoſſen.
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[10/0026] Johann Miltons kein geringerer als ein Allmaͤchtiger eine ſol- che Macht, wie die unſrige war, haͤtte uͤber- waͤltigen moͤgen, uns dieſen unſren Geiſt und unſre Staͤrcke darum unverſehrt gelaſſen hat, damit wir ſtarck genug ſeyn, unſre Pein zu ertragen, und ſo unter ſeinem rachgierigen Zorn aushalten moͤgen, oder damit wir ihm als ſeine Sclaven, nach Kriegesrecht, deſto beſſe- re Dienſte thun, was er auch vorhaben mag, hier mitten in der Hoͤlle im Feuer arbeiten zu laſſen, Beelzebub wird mit groſſer Kunſt zum freyen Bekenntniß gebracht, daß ſeine Widerparte allmaͤchtig ſey. Wie ver- kehrte Gloſſen auch Satan oͤfters uͤber die Gerechtigkeit, Guͤte, und andere Eigenſchaften des Hoͤchſten machet, ſo geſteht er ihm doch die Allmacht uͤberall zu. Dieſes war eine Vollkommenheit Gottes, welche er ihm durch die Waffen gezwungen einraͤumen mußte. Keine andere Be- trachtung, als dieſe, konnte ihn unter der Schande der erlittenen Niederlage aufrichten. Addiſon. Damit wir unter ſeinem rachgierigen Zorn aushalten ꝛc.) Wiewohl Beelzebub ſein Urtheil der Verdammniß ſchon angetreten, ſo ſteht er doch der abſonderlichen Symptoma- tum halber, ſo dieſelbe mit ſich fuͤhren moͤgte, in aͤngſt- licher Ungewißheit. Satan hatte ihn mit der Vorſtellung aufrichten wollen, daß ſie ihr empyreiſches Weſen in ſei- ner vollen Starcke behalten haben, welches er dem Schick- ſal einer unvermeidlichen Nothwendigkeit zugeſchrieben; al- lein Beelzebub fand dagegen einzuwenden, daß der Hoͤch- ſte, den er fuͤr den Meiſter des Schickſals erkennt, ſeine eigenen Urſachen moͤgte gehabt haben, um derer willen er ihnen ihre Staͤrcke ungekraͤnckt gelaſſen haͤtte. Er macht jezo einige derſelben nahmhaft, die ſo beſchaffen ſind, daß ſie Satans Troſt voͤllig uͤber einen Haufen ſtoſſen.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung01_1741/26>, abgerufen am 09.11.2024.