[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Versuch von den Eigenschaften die meisten Sprüche wußte. Der Glaube, dieSchrift, und alles schienen nur zum disputieren ge- macht, und keiner hatte Verstand genug, sich wiederlegen zu lassen. Nun schlafen Scotisten und Thomisten im Frieden beysammen, unter den Spinnweben, (ihren nahen Anverwandten,) an der Duksstrasse. Jst der Glaube selbst in so ver- schiedenem Aufzug erschienen, was Wunders daß sich auch beym Wize die Moden verändern. Oft muß die thörichteste Mode, die alles, was natür- lich und geschikt ist, verwirft, wenn sie einmal den Lauf hat, für baren Wiz gelten. Und ein Scri- bente glaubt, es fehle ihm nimmer an Ruhm, wenn er solange lebt, als es Thoren beliebt, ihm zugefallen zu lachen. Viele schäzen nur Leute von ihrer eigenen Par- stehen;
Verſuch von den Eigenſchaften die meiſten Spruͤche wußte. Der Glaube, dieSchrift, und alles ſchienen nur zum diſputieren ge- macht, und keiner hatte Verſtand genug, ſich wiederlegen zu laſſen. Nun ſchlafen Scotiſten und Thomiſten im Frieden beyſammen, unter den Spinnweben, (ihren nahen Anverwandten,) an der Duksſtraſſe. Jſt der Glaube ſelbſt in ſo ver- ſchiedenem Aufzug erſchienen, was Wunders daß ſich auch beym Wize die Moden veraͤndern. Oft muß die thoͤrichteſte Mode, die alles, was natuͤr- lich und geſchikt iſt, verwirft, wenn ſie einmal den Lauf hat, fuͤr baren Wiz gelten. Und ein Scri- bente glaubt, es fehle ihm nimmer an Ruhm, wenn er ſolange lebt, als es Thoren beliebt, ihm zugefallen zu lachen. Viele ſchaͤzen nur Leute von ihrer eigenen Par- ſtehen;
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Verſuch von den Eigenſchaften
die meiſten Spruͤche wußte. Der Glaube, die
Schrift, und alles ſchienen nur zum diſputieren ge-
macht, und keiner hatte Verſtand genug, ſich
wiederlegen zu laſſen. Nun ſchlafen Scotiſten
und Thomiſten im Frieden beyſammen, unter den
Spinnweben, (ihren nahen Anverwandten,) an
der Duksſtraſſe. Jſt der Glaube ſelbſt in ſo ver-
ſchiedenem Aufzug erſchienen, was Wunders daß
ſich auch beym Wize die Moden veraͤndern. Oft
muß die thoͤrichteſte Mode, die alles, was natuͤr-
lich und geſchikt iſt, verwirft, wenn ſie einmal den
Lauf hat, fuͤr baren Wiz gelten. Und ein Scri-
bente glaubt, es fehle ihm nimmer an Ruhm,
wenn er ſolange lebt, als es Thoren beliebt, ihm
zugefallen zu lachen.
Viele ſchaͤzen nur Leute von ihrer eigenen Par-
tie oder Gemuͤthsart, und machen ſich immer ſelb-
ſten der Welt zur Richtſchnur. Aus Eigenliebe
glauben wir das Verdienſt zu verehren, wenn
wir nur uns ſelbſt in andern ruͤhmen. Die Fac-
tionen unter den Gelehrten hangen von den Staats-
factionen ab, und der Unterſchied der Partien
verdoppelt den Privathaß zwiſchen ihren Zuge-
wandten. Stolz, Bosheit und Thorheit erhuben
ſich wieder Dryden in allerley Geſtalten, bald ei-
nes Prieſters, bald eines Kunſt- und bald eines
Moderichters. Doch das Geſpoͤtte vergieng und
die Vernunft blieb dennoch uͤber, denn ein wah-
res Verdienſt bringt ſich doch zulezt empor.
Koͤnnte er wiederkehren und noch einmal unſre
Blike beſeeligen, ſo wuͤrde es nicht fehlen, es
muͤßten neue Blakmoren und neue Milburnen ent-
ſtehen;
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