[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.eines Kunstrichters. schmied oder mich zum Urheber hätte. Aber laßteinen Lord sich zum Vater der glüklichen Zeilen bekennen. O wie schimmert es darinnen von Gei- ste, wie trefflich ist die Schreibart geschmükt! Vor seinem geheiligten Namen fliehen alle Fehler, und jede erhabene Stanza ist schwanger mit Ge- danken. So irret der Pöbel im Nachahmen, wie oft Viele loben am Morgen, was sie des Abends die E 4
eines Kunſtrichters. ſchmied oder mich zum Urheber haͤtte. Aber laßteinen Lord ſich zum Vater der gluͤklichen Zeilen bekennen. O wie ſchimmert es darinnen von Gei- ſte, wie trefflich iſt die Schreibart geſchmuͤkt! Vor ſeinem geheiligten Namen fliehen alle Fehler, und jede erhabene Stanza iſt ſchwanger mit Ge- danken. So irret der Poͤbel im Nachahmen, wie oft Viele loben am Morgen, was ſie des Abends die E 4
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eines Kunſtrichters.
ſchmied oder mich zum Urheber haͤtte. Aber laßt
einen Lord ſich zum Vater der gluͤklichen Zeilen
bekennen. O wie ſchimmert es darinnen von Gei-
ſte, wie trefflich iſt die Schreibart geſchmuͤkt!
Vor ſeinem geheiligten Namen fliehen alle Fehler,
und jede erhabene Stanza iſt ſchwanger mit Ge-
danken.
So irret der Poͤbel im Nachahmen, wie oft
die Gelehrten, wenn ſie zu ſonderlich ſeyn wollen.
Der gemeine Haufen iſt ihnen ſo verhaßt, daß
wenn es ihm einmahl blindlings geraͤth, den rech-
ten Weg zu finden, ſie mit Vorſatz den Abweg
erwehlen; nicht anderſt als die Sectirer, die ſich
von den einfaͤltig glaubenden trennen, und nur
darum verdammt werden, weil ſie zu viel Wiz
haben.
Viele loben am Morgen, was ſie des Abends
ſchelten, und halten doch immer ihre lezte Mei-
nung fuͤr die beſte. Sie gehen mit ihrer Muſe
um, wie mit einer Buhlerin. Jn einer Stunde
wird ſie angebetet, in der andern mishandelt.
Jhre ſchwache Koͤpfe ſchlagen ſich wie unbefeſtigte
Staͤdte taͤglich zu einer andern Partie, und fal-
len bald der Vernunft bald der Unvernunft zu.
Fraget ſie warum. Sie ſprechen, daß ſie be-
ſtaͤndig kluͤger werden, ſie ſeyen heut allezeit kluͤ-
ger als geſtern. Wir ſind ſo klug geworden, daß
wir unſre Vaͤtter fuͤr Thoren halten, und unſre
noch kluͤgere Soͤhne werden ohnzweifentlich uns
auch dafuͤr erklaͤren. Als einſten die Schul-Theo-
logen unſre Eifersvolle Jnſel uͤberſchwemmt hat-
ten, da war der der groͤſte Grundgelehrte, der
die
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