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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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der Critick bey den Deutschen.
Menantes theils anzeiget, auf was vor Sinnge-
dichte Wernikens er gezielet habe, theils von sol-
chen nach seiner Weise urtheilet, und insbesonde-
re einige von demselben angegriffene Stellen zu
entschuldigen suchet. Er zeiget aber in dieser Ar-
beit eben so wenig Aufrichtigkeit als Einsicht.
Was sich noch am besten hören läßt, besteht in
Vertheidigung derjenigen Fehler, so in Hoffmanns-
waldaus Sprache ausgesezet worden; und in Ge-
genbeschuldigungen eben dieses Punctens halber.
Wernikens Sprache war in der That nicht die
reineste noch die bestfliessende; indem er beflissen
war, die Sachen mit Geist und gepreßten Nach-
druck auszudrüken, versäumte er manchmahl das
äusserliche in den Worten und dem Verse. Jch
will ein Paar von den ernstlichsten Wiederlegun-
gen der Urtheile des Hr. Wernike zum Muster
vor Augen legen. Dieser tadelte vor harte Me-
taphern folgende:

Jch weiß daß meine Glut sich denckt zu hoch zu heben,
Und daß mein Kieselstein zu Diamanten will.
"Das ist zu sagen; der Schreiber will der Prin-
"zessin zu Leibe; was aber des Geheimschreibers
"Kieselstein sey, ist nicht wohl zu begreiffen, und
"macht folgends wunderliche Gedancken. Drauf
"sagt er von der Liebe:

Sie bindet Gold an Stahl, und Garn zu weisser Seide
Macht daß ein Nesselstrauch die edle Rose sucht,
Zu Perlen legt sie Gras, zu Kolen legt sie Kreide.
"Die Metapher von dem Nesselstrauche und der
Rose
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der Critick bey den Deutſchen.
Menantes theils anzeiget, auf was vor Sinnge-
dichte Wernikens er gezielet habe, theils von ſol-
chen nach ſeiner Weiſe urtheilet, und insbeſonde-
re einige von demſelben angegriffene Stellen zu
entſchuldigen ſuchet. Er zeiget aber in dieſer Ar-
beit eben ſo wenig Aufrichtigkeit als Einſicht.
Was ſich noch am beſten hoͤren laͤßt, beſteht in
Vertheidigung derjenigen Fehler, ſo in Hoffmanns-
waldaus Sprache ausgeſezet worden; und in Ge-
genbeſchuldigungen eben dieſes Punctens halber.
Wernikens Sprache war in der That nicht die
reineſte noch die beſtflieſſende; indem er befliſſen
war, die Sachen mit Geiſt und gepreßten Nach-
druck auszudruͤken, verſaͤumte er manchmahl das
aͤuſſerliche in den Worten und dem Verſe. Jch
will ein Paar von den ernſtlichſten Wiederlegun-
gen der Urtheile des Hr. Wernike zum Muſter
vor Augen legen. Dieſer tadelte vor harte Me-
taphern folgende:

Jch weiß daß meine Glut ſich denckt zu hoch zu heben,
Und daß mein Kieſelſtein zu Diamanten will.
„Das iſt zu ſagen; der Schreiber will der Prin-
„zeſſin zu Leibe; was aber des Geheimſchreibers
„Kieſelſtein ſey, iſt nicht wohl zu begreiffen, und
„macht folgends wunderliche Gedancken. Drauf
„ſagt er von der Liebe:

Sie bindet Gold an Stahl, und Garn zu weiſſer Seide
Macht daß ein Neſſelſtrauch die edle Roſe ſucht,
Zu Perlen legt ſie Gras, zu Kolen legt ſie Kreide.
„Die Metapher von dem Neſſelſtrauche und der
Roſe
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[117/0119] der Critick bey den Deutſchen. Menantes theils anzeiget, auf was vor Sinnge- dichte Wernikens er gezielet habe, theils von ſol- chen nach ſeiner Weiſe urtheilet, und insbeſonde- re einige von demſelben angegriffene Stellen zu entſchuldigen ſuchet. Er zeiget aber in dieſer Ar- beit eben ſo wenig Aufrichtigkeit als Einſicht. Was ſich noch am beſten hoͤren laͤßt, beſteht in Vertheidigung derjenigen Fehler, ſo in Hoffmanns- waldaus Sprache ausgeſezet worden; und in Ge- genbeſchuldigungen eben dieſes Punctens halber. Wernikens Sprache war in der That nicht die reineſte noch die beſtflieſſende; indem er befliſſen war, die Sachen mit Geiſt und gepreßten Nach- druck auszudruͤken, verſaͤumte er manchmahl das aͤuſſerliche in den Worten und dem Verſe. Jch will ein Paar von den ernſtlichſten Wiederlegun- gen der Urtheile des Hr. Wernike zum Muſter vor Augen legen. Dieſer tadelte vor harte Me- taphern folgende: Jch weiß daß meine Glut ſich denckt zu hoch zu heben, Und daß mein Kieſelſtein zu Diamanten will. „Das iſt zu ſagen; der Schreiber will der Prin- „zeſſin zu Leibe; was aber des Geheimſchreibers „Kieſelſtein ſey, iſt nicht wohl zu begreiffen, und „macht folgends wunderliche Gedancken. Drauf „ſagt er von der Liebe: Sie bindet Gold an Stahl, und Garn zu weiſſer Seide Macht daß ein Neſſelſtrauch die edle Roſe ſucht, Zu Perlen legt ſie Gras, zu Kolen legt ſie Kreide. „Die Metapher von dem Neſſelſtrauche und der Roſe H 3

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/119>, abgerufen am 09.11.2024.