[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.Nachrichten von dem Ursprunge in besagtem Schreiben an Hrn. König dieSchutzschrift vor die Grobheit zu dem Hrn. geheimen Secretar schicken sollte, der als einer der höflichsten Männer sowohl aus seinen Schriften, als aus seinem Umgange bekannt ist. Und ich kan nicht absehen, warum er nicht wahrgenommen habe, daß es eine Schutzschrift nicht vor die Grobheit, sondern vor die aufrichti- ge Freyheit ist, welcher die Schmeicheley, die Furchtsamkeit, und die Heucheley bisweilen unter dem geborgten Scheine der Höflichkeit zu nicht ge- ringem Hinderniß der Wahrheit im Lichte stehen. Nun sind ohne Zweifel diese unpartheilige Aufrich- tigkeit, und die wahre Höflichkeit unter einander nicht so streitige Dinge, daß sie sich nicht in einer Person beysammen finden können. Der Hr. Gab- riel Wilhelm Götten hat in seinem Leben des Hrn. Michael Richey aus diesem Schreiben an den Hrn. König auch eine Schutzschrift vor die Grobheit gemacht. Hr. Bodmer, sagt er, schrieb seinen Antipatrioten so, daß er selbst vor nöthig fand, demselben eine Schutzschrift vor die Grob- heit voran zu setzen. Die bekannte Aufrichtigkeit dieses Mannes läßt uns aber nicht zweifeln, daß ihm nicht die Feder hier von jemand andern, der nicht so aufrichtig gewesen, geleitet worden sey. Mit dieser aufrichtigen Freyheit der Zürichi- den
Nachrichten von dem Urſprunge in beſagtem Schreiben an Hrn. Koͤnig dieSchutzſchrift vor die Grobheit zu dem Hrn. geheimen Secretar ſchicken ſollte, der als einer der hoͤflichſten Maͤnner ſowohl aus ſeinen Schriften, als aus ſeinem Umgange bekannt iſt. Und ich kan nicht abſehen, warum er nicht wahrgenommen habe, daß es eine Schutzſchrift nicht vor die Grobheit, ſondern vor die aufrichti- ge Freyheit iſt, welcher die Schmeicheley, die Furchtſamkeit, und die Heucheley bisweilen unter dem geborgten Scheine der Hoͤflichkeit zu nicht ge- ringem Hinderniß der Wahrheit im Lichte ſtehen. Nun ſind ohne Zweifel dieſe unpartheilige Aufrich- tigkeit, und die wahre Hoͤflichkeit unter einander nicht ſo ſtreitige Dinge, daß ſie ſich nicht in einer Perſon beyſammen finden koͤnnen. Der Hr. Gab- riel Wilhelm Goͤtten hat in ſeinem Leben des Hrn. Michael Richey aus dieſem Schreiben an den Hrn. Koͤnig auch eine Schutzſchrift vor die Grobheit gemacht. Hr. Bodmer, ſagt er, ſchrieb ſeinen Antipatrioten ſo, daß er ſelbſt vor noͤthig fand, demſelben eine Schutzſchrift vor die Grob- heit voran zu ſetzen. Die bekannte Aufrichtigkeit dieſes Mannes laͤßt uns aber nicht zweifeln, daß ihm nicht die Feder hier von jemand andern, der nicht ſo aufrichtig geweſen, geleitet worden ſey. Mit dieſer aufrichtigen Freyheit der Zuͤrichi- den
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Nachrichten von dem Urſprunge
in beſagtem Schreiben an Hrn. Koͤnig die
Schutzſchrift vor die Grobheit zu dem Hrn.
geheimen Secretar ſchicken ſollte, der als einer
der hoͤflichſten Maͤnner ſowohl aus ſeinen
Schriften, als aus ſeinem Umgange bekannt
iſt. Und ich kan nicht abſehen, warum er nicht
wahrgenommen habe, daß es eine Schutzſchrift
nicht vor die Grobheit, ſondern vor die aufrichti-
ge Freyheit iſt, welcher die Schmeicheley, die
Furchtſamkeit, und die Heucheley bisweilen unter
dem geborgten Scheine der Hoͤflichkeit zu nicht ge-
ringem Hinderniß der Wahrheit im Lichte ſtehen.
Nun ſind ohne Zweifel dieſe unpartheilige Aufrich-
tigkeit, und die wahre Hoͤflichkeit unter einander
nicht ſo ſtreitige Dinge, daß ſie ſich nicht in einer
Perſon beyſammen finden koͤnnen. Der Hr. Gab-
riel Wilhelm Goͤtten hat in ſeinem Leben des
Hrn. Michael Richey aus dieſem Schreiben an
den Hrn. Koͤnig auch eine Schutzſchrift vor die
Grobheit gemacht. Hr. Bodmer, ſagt er, ſchrieb
ſeinen Antipatrioten ſo, daß er ſelbſt vor noͤthig
fand, demſelben eine Schutzſchrift vor die Grob-
heit voran zu ſetzen. Die bekannte Aufrichtigkeit
dieſes Mannes laͤßt uns aber nicht zweifeln, daß
ihm nicht die Feder hier von jemand andern, der
nicht ſo aufrichtig geweſen, geleitet worden ſey.
Mit dieſer aufrichtigen Freyheit der Zuͤrichi-
ſchen Kunſtrichter waren ſelbſt diejenigen nicht all-
zu wohl zufrieden, welche ſonſt davor wollten an-
geſehen ſeyn, daß ſie mit ihnen einerley Geſchmack
haͤtten. Dieſelbe dauchte ſie ein wenig zu weit
getrieben, weil das ſchlechte und mittelmaͤſſige in
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