[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.über die Unsterblichkeit. Doch euch zernichtet keine Zeit.O folget einem edlen Ziele! Verübter Tugend Lustgefühle Begleitet euch in Ewigkeit. O Geist, der Geister erste Quelle! O Wesen unumschränckter Macht! Schick einen Strahl von deiner Helle Jn finstrer Geister trübe Nacht; Erleucht ein Volck, von dir gebauet, Dem noch vor seiner Grösse grauet, (o) Das der Zernichtung Scheusal ehrt, Und gieb daß nach vollbrachten Stunden Mein froher Geist, der Last entbunden, Zu deiner Gottheit wiederkehrt. (o)
Anmerckungen. Jn folgenden Zeilen aus einem ungedruckten Ge-dichte werden diese Gedancken gleichsam erweitert: Zernichtung unsers Seyns, Gedancke voll Entsetzen, Der nur ein feiges Hertz bequem ist zu ergetzen, Das gern das Hoffnungsrecht zur Ewigkeit vermißt, Weil's zum Unsterblichseyn zu blöd und furchtsam ist! Das sich zuwieder wünscht und hoffet im Verschwinden Ein finstres, nichtigs, Glück und Besserseyn zu finden; Das den Gedancken liebt, daß seine Seel im Ruß Sich unter todten Schutt dereinst verlieren muß. uͤber die Unſterblichkeit. Doch euch zernichtet keine Zeit.O folget einem edlen Ziele! Veruͤbter Tugend Luſtgefuͤhle Begleitet euch in Ewigkeit. O Geiſt, der Geiſter erſte Quelle! O Weſen unumſchraͤnckter Macht! Schick einen Strahl von deiner Helle Jn finſtrer Geiſter truͤbe Nacht; Erleucht ein Volck, von dir gebauet, Dem noch vor ſeiner Groͤſſe grauet, (o) Das der Zernichtung Scheuſal ehrt, Und gieb daß nach vollbrachten Stunden Mein froher Geiſt, der Laſt entbunden, Zu deiner Gottheit wiederkehrt. (o)
Anmerckungen. Jn folgenden Zeilen aus einem ungedruckten Ge-dichte werden dieſe Gedancken gleichſam erweitert: Zernichtung unſers Seyns, Gedancke voll Entſetzen, Der nur ein feiges Hertz bequem iſt zu ergetzen, Das gern das Hoffnungsrecht zur Ewigkeit vermißt, Weil’s zum Unſterblichſeyn zu bloͤd und furchtſam iſt! Das ſich zuwieder wuͤnſcht und hoffet im Verſchwinden Ein finſtres, nichtigs, Gluͤck und Beſſerſeyn zu finden; Das den Gedancken liebt, daß ſeine Seel im Ruß Sich unter todten Schutt dereinſt verlieren muß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="18"> <pb facs="#f0193" n="191"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">uͤber die Unſterblichkeit.</hi> </fw><lb/> <l>Doch euch zernichtet keine Zeit.</l><lb/> <l>O folget einem edlen Ziele!</l><lb/> <l>Veruͤbter Tugend Luſtgefuͤhle</l><lb/> <l>Begleitet euch in Ewigkeit.</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>O Geiſt, der Geiſter erſte Quelle!</l><lb/> <l>O Weſen unumſchraͤnckter Macht!</l><lb/> <l>Schick einen Strahl von deiner Helle</l><lb/> <l>Jn finſtrer Geiſter truͤbe Nacht;</l><lb/> <l>Erleucht ein Volck, von dir gebauet,</l><lb/> <l>Dem noch vor ſeiner Groͤſſe grauet, <note place="foot" n="(o)"><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi></fw><lb/> Jn folgenden Zeilen aus einem ungedruckten Ge-<lb/> dichte werden dieſe Gedancken gleichſam erweitert:<lb/><lg type="poem"><l>Zernichtung unſers Seyns, Gedancke voll Entſetzen,</l><lb/><l>Der nur ein feiges Hertz bequem iſt zu ergetzen,</l><lb/><l>Das gern das Hoffnungsrecht zur Ewigkeit vermißt,</l><lb/><l>Weil’s zum Unſterblichſeyn zu bloͤd und furchtſam iſt!</l><lb/><l>Das ſich zuwieder wuͤnſcht und hoffet im Verſchwinden</l><lb/><l>Ein finſtres, nichtigs, Gluͤck und Beſſerſeyn zu finden;</l><lb/><l>Das den Gedancken liebt, daß ſeine Seel im Ruß</l><lb/><l>Sich unter todten Schutt dereinſt verlieren muß.</l></lg></note></l><lb/> <l>Das der Zernichtung Scheuſal ehrt,</l><lb/> <l>Und gieb daß nach vollbrachten Stunden</l><lb/> <l>Mein froher Geiſt, der Laſt entbunden,</l><lb/> <l>Zu deiner Gottheit wiederkehrt.</l> </lg> </lg> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [191/0193]
uͤber die Unſterblichkeit.
Anmerckungen.
Doch euch zernichtet keine Zeit.
O folget einem edlen Ziele!
Veruͤbter Tugend Luſtgefuͤhle
Begleitet euch in Ewigkeit.
O Geiſt, der Geiſter erſte Quelle!
O Weſen unumſchraͤnckter Macht!
Schick einen Strahl von deiner Helle
Jn finſtrer Geiſter truͤbe Nacht;
Erleucht ein Volck, von dir gebauet,
Dem noch vor ſeiner Groͤſſe grauet, (o)
Das der Zernichtung Scheuſal ehrt,
Und gieb daß nach vollbrachten Stunden
Mein froher Geiſt, der Laſt entbunden,
Zu deiner Gottheit wiederkehrt.
(o)
Jn folgenden Zeilen aus einem ungedruckten Ge-
dichte werden dieſe Gedancken gleichſam erweitert:
Zernichtung unſers Seyns, Gedancke voll Entſetzen,
Der nur ein feiges Hertz bequem iſt zu ergetzen,
Das gern das Hoffnungsrecht zur Ewigkeit vermißt,
Weil’s zum Unſterblichſeyn zu bloͤd und furchtſam iſt!
Das ſich zuwieder wuͤnſcht und hoffet im Verſchwinden
Ein finſtres, nichtigs, Gluͤck und Beſſerſeyn zu finden;
Das den Gedancken liebt, daß ſeine Seel im Ruß
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