Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Stücke der Schutzvorrede
Weißheit desselben nach ihrer Würdigkeit
beschrieben haben. Jch bin auch versichert,
daß die eigene Erfahrung meine Leser eben
so wohl, als jene Königin, von des Lob-
redners Ungeschicklichkeit überzeugen, und
meinem Lobe erst das rechte Gewicht geben
werde. Mithin da dieses Manuscript uns
den schönsten Anlaß giebt, manche critische
Wahrheit in ein helles Licht zu setzen, so
wird man mir erlauben, selbiges mit An-
merckungen zu versehen, inmassen es diese
Ehre besser verdienet, als manches altes
lateinische oder griechische Manuscript, wel-
che oft so unverständlich an sich selbst sind,
oder von den Commentatoren gemachet wer-
den, daß man selbst nicht weiß, woran man
sich halten soll. Mein Manuscript bedarf kei-
ner dergleichen Erklärungen, und sie würden
eben so wenig nütze seyn, als wenn man der
Sonne an dem hellen Mittag eine Fackel an-
zünden würde. Die Absicht meiner Anmer-
kungen gehet alleine dahin, einige moralische
und critische Grundsätze, die nur beyläuftig
angeführet werden, und auf welche der Ver-
fasser seine Urtheile gründet, um der Ein-
fältigen willen weiter auszuführen, und die
Kunst, die in dieser gantzen Schutzschrift ver-
borgen lieget, einigermassen aufzudecken.


Fra-

Stuͤcke der Schutzvorrede
Weißheit deſſelben nach ihrer Wuͤrdigkeit
beſchrieben haben. Jch bin auch verſichert,
daß die eigene Erfahrung meine Leſer eben
ſo wohl, als jene Koͤnigin, von des Lob-
redners Ungeſchicklichkeit uͤberzeugen, und
meinem Lobe erſt das rechte Gewicht geben
werde. Mithin da dieſes Manuſcript uns
den ſchoͤnſten Anlaß giebt, manche critiſche
Wahrheit in ein helles Licht zu ſetzen, ſo
wird man mir erlauben, ſelbiges mit An-
merckungen zu verſehen, inmaſſen es dieſe
Ehre beſſer verdienet, als manches altes
lateiniſche oder griechiſche Manuſcript, wel-
che oft ſo unverſtaͤndlich an ſich ſelbſt ſind,
oder von den Commentatoren gemachet wer-
den, daß man ſelbſt nicht weiß, woran man
ſich halten ſoll. Mein Manuſcript bedarf kei-
ner dergleichen Erklaͤrungen, und ſie wuͤrden
eben ſo wenig nuͤtze ſeyn, als wenn man der
Sonne an dem hellen Mittag eine Fackel an-
zuͤnden wuͤrde. Die Abſicht meiner Anmer-
kungen gehet alleine dahin, einige moraliſche
und critiſche Grundſaͤtze, die nur beylaͤuftig
angefuͤhret werden, und auf welche der Ver-
faſſer ſeine Urtheile gruͤndet, um der Ein-
faͤltigen willen weiter auszufuͤhren, und die
Kunſt, die in dieſer gantzen Schutzſchrift ver-
borgen lieget, einigermaſſen aufzudecken.


Fra-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Stu&#x0364;cke der Schutzvorrede</hi></fw><lb/>
Weißheit de&#x017F;&#x017F;elben nach ihrer Wu&#x0364;rdigkeit<lb/>
be&#x017F;chrieben haben. Jch bin auch ver&#x017F;ichert,<lb/>
daß die eigene Erfahrung meine Le&#x017F;er eben<lb/>
&#x017F;o wohl, als jene Ko&#x0364;nigin, von des Lob-<lb/>
redners Unge&#x017F;chicklichkeit u&#x0364;berzeugen, und<lb/>
meinem Lobe er&#x017F;t das rechte Gewicht geben<lb/>
werde. Mithin da die&#x017F;es Manu&#x017F;cript uns<lb/>
den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Anlaß giebt, manche criti&#x017F;che<lb/>
Wahrheit in ein helles Licht zu &#x017F;etzen, &#x017F;o<lb/>
wird man mir erlauben, &#x017F;elbiges mit An-<lb/>
merckungen zu ver&#x017F;ehen, inma&#x017F;&#x017F;en es die&#x017F;e<lb/>
Ehre be&#x017F;&#x017F;er verdienet, als manches altes<lb/>
lateini&#x017F;che oder griechi&#x017F;che Manu&#x017F;cript, wel-<lb/>
che oft &#x017F;o unver&#x017F;ta&#x0364;ndlich an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind,<lb/>
oder von den Commentatoren gemachet wer-<lb/>
den, daß man &#x017F;elb&#x017F;t nicht weiß, woran man<lb/>
&#x017F;ich halten &#x017F;oll. Mein Manu&#x017F;cript bedarf kei-<lb/>
ner dergleichen Erkla&#x0364;rungen, und &#x017F;ie wu&#x0364;rden<lb/>
eben &#x017F;o wenig nu&#x0364;tze &#x017F;eyn, als wenn man der<lb/>
Sonne an dem hellen Mittag eine Fackel an-<lb/>
zu&#x0364;nden wu&#x0364;rde. Die Ab&#x017F;icht meiner Anmer-<lb/>
kungen gehet alleine dahin, einige morali&#x017F;che<lb/>
und criti&#x017F;che Grund&#x017F;a&#x0364;tze, die nur beyla&#x0364;uftig<lb/>
angefu&#x0364;hret werden, und auf welche der Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eine Urtheile gru&#x0364;ndet, um der Ein-<lb/>
fa&#x0364;ltigen willen weiter auszufu&#x0364;hren, und die<lb/>
Kun&#x017F;t, die in die&#x017F;er gantzen Schutz&#x017F;chrift ver-<lb/>
borgen lieget, einigerma&#x017F;&#x017F;en aufzudecken.</p>
        </div>
      </div>
    </front>
    <body><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Fra-</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0026] Stuͤcke der Schutzvorrede Weißheit deſſelben nach ihrer Wuͤrdigkeit beſchrieben haben. Jch bin auch verſichert, daß die eigene Erfahrung meine Leſer eben ſo wohl, als jene Koͤnigin, von des Lob- redners Ungeſchicklichkeit uͤberzeugen, und meinem Lobe erſt das rechte Gewicht geben werde. Mithin da dieſes Manuſcript uns den ſchoͤnſten Anlaß giebt, manche critiſche Wahrheit in ein helles Licht zu ſetzen, ſo wird man mir erlauben, ſelbiges mit An- merckungen zu verſehen, inmaſſen es dieſe Ehre beſſer verdienet, als manches altes lateiniſche oder griechiſche Manuſcript, wel- che oft ſo unverſtaͤndlich an ſich ſelbſt ſind, oder von den Commentatoren gemachet wer- den, daß man ſelbſt nicht weiß, woran man ſich halten ſoll. Mein Manuſcript bedarf kei- ner dergleichen Erklaͤrungen, und ſie wuͤrden eben ſo wenig nuͤtze ſeyn, als wenn man der Sonne an dem hellen Mittag eine Fackel an- zuͤnden wuͤrde. Die Abſicht meiner Anmer- kungen gehet alleine dahin, einige moraliſche und critiſche Grundſaͤtze, die nur beylaͤuftig angefuͤhret werden, und auf welche der Ver- faſſer ſeine Urtheile gruͤndet, um der Ein- faͤltigen willen weiter auszufuͤhren, und die Kunſt, die in dieſer gantzen Schutzſchrift ver- borgen lieget, einigermaſſen aufzudecken. Fra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/26
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/26>, abgerufen am 21.11.2024.