Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite

Stücke der Schutzvorrede
re anthun, und ihn so großmüthig schimpfen
wollen. Denn dieses wollen die Leute würck-
lich haben, daß man ihnen noch dazu grossen
Danck abstatten soll, daß sie einen gewürdiget,
muthwillig durchzuhecheln. Welches lächer-
liche Begehren! Welches unverschämte An-
sinnen! Doch es sey also! Man dancket
billig, daß es der bescheidene Herr Urtheils-
fasser nicht noch ärger und anzüglicher ge-
macht habe, und bittet ferner um ein gnä-
diges Verschohnen.

Man giebt ihm auch endlich gerne die
Erlaubniß, etliche Quartanten oder Folian-
ten, wie es beliebig ist, gegen die Tr-ll--
rischen Schriften zu schreiben, und sie da-
durch gantz und gar von der Erden zu ver-

tilgen.
noch im Leibe hat, dem Doctor für die Artzney dan-
ken sollte; es giebt gemeiniglich viel ungedultige Worte.
Und die Moralischen Patienten machen es gerne, wie
der in seiner Einbildung glückselige Aberwitzige, von
welchem Horatz erzehlet:
Hic ubi cognatorum opibus curisque refectus,
Expulit elleboro morbum, bilemque meraco,
Et redit ad sese: Pol me occidistis amici,
Non servastis, ait, cui sic extorta voluptas,
Et demtus per vim mentis gratissimus error.

Lib. II. Epist. II.

Eine gleiche Sprache führet hier unser Hr. Doctor,
wenn man die Jronie seiner Worte auflöset: Denn nie-
mand wird diese Dancksagung vor Ernst aufnehmen.

Stuͤcke der Schutzvorrede
re anthun, und ihn ſo großmuͤthig ſchimpfen
wollen. Denn dieſes wollen die Leute wuͤrck-
lich haben, daß man ihnen noch dazu groſſen
Danck abſtatten ſoll, daß ſie einen gewuͤrdiget,
muthwillig durchzuhecheln. Welches laͤcher-
liche Begehren! Welches unverſchaͤmte An-
ſinnen! Doch es ſey alſo! Man dancket
billig, daß es der beſcheidene Herr Urtheils-
faſſer nicht noch aͤrger und anzuͤglicher ge-
macht habe, und bittet ferner um ein gnaͤ-
diges Verſchohnen.

Man giebt ihm auch endlich gerne die
Erlaubniß, etliche Quartanten oder Folian-
ten, wie es beliebig iſt, gegen die Tr-ll--
riſchen Schriften zu ſchreiben, und ſie da-
durch gantz und gar von der Erden zu ver-

tilgen.
noch im Leibe hat, dem Doctor fuͤr die Artzney dan-
ken ſollte; es giebt gemeiniglich viel ungedultige Worte.
Und die Moraliſchen Patienten machen es gerne, wie
der in ſeiner Einbildung gluͤckſelige Aberwitzige, von
welchem Horatz erzehlet:
Hic ubi cognatorum opibus curisque refectus,
Expulit elleboro morbum, bilemque meraco,
Et redit ad ſeſe: Pol me occidiſtis amici,
Non ſervaſtis, ait, cui ſic extorta voluptas,
Et demtus per vim mentis gratiſſimus error.

Lib. II. Epiſt. II.

Eine gleiche Sprache fuͤhret hier unſer Hr. Doctor,
wenn man die Jronie ſeiner Worte aufloͤſet: Denn nie-
mand wird dieſe Danckſagung vor Ernſt aufnehmen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Stu&#x0364;cke der Schutzvorrede</hi></fw><lb/>
re anthun, und ihn &#x017F;o großmu&#x0364;thig &#x017F;chimpfen<lb/>
wollen. Denn die&#x017F;es wollen die Leute wu&#x0364;rck-<lb/>
lich haben, daß man ihnen noch dazu gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Danck ab&#x017F;tatten &#x017F;oll, daß &#x017F;ie einen gewu&#x0364;rdiget,<lb/>
muthwillig durchzuhecheln. Welches la&#x0364;cher-<lb/>
liche Begehren! Welches unver&#x017F;cha&#x0364;mte An-<lb/>
&#x017F;innen! Doch es &#x017F;ey al&#x017F;o! Man dancket<lb/>
billig, daß es der be&#x017F;cheidene Herr Urtheils-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;er nicht noch a&#x0364;rger und anzu&#x0364;glicher ge-<lb/>
macht habe, und bittet ferner um ein gna&#x0364;-<lb/>
diges Ver&#x017F;chohnen.</p><lb/>
        <p>Man giebt ihm auch endlich gerne die<lb/>
Erlaubniß, etliche Quartanten oder Folian-<lb/>
ten, wie es beliebig i&#x017F;t, gegen die Tr-ll--<lb/>
ri&#x017F;chen Schriften zu &#x017F;chreiben, und &#x017F;ie da-<lb/>
durch gantz und gar von der Erden zu ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tilgen.</fw><lb/><note xml:id="f33" prev="#f32" place="foot" n="0">noch im Leibe hat, dem Doctor fu&#x0364;r die Artzney dan-<lb/>
ken &#x017F;ollte; es giebt gemeiniglich viel ungedultige Worte.<lb/>
Und die Morali&#x017F;chen Patienten machen es gerne, wie<lb/>
der in &#x017F;einer Einbildung glu&#x0364;ck&#x017F;elige Aberwitzige, von<lb/>
welchem Horatz erzehlet:<lb/><cit><quote><lg type="poem"><l><hi rendition="#aq">Hic ubi cognatorum opibus curisque refectus,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Expulit elleboro morbum, bilemque meraco,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Et redit ad &#x017F;e&#x017F;e: Pol me occidi&#x017F;tis amici,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Non &#x017F;erva&#x017F;tis, ait, cui &#x017F;ic extorta voluptas,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#aq">Et demtus per vim mentis grati&#x017F;&#x017F;imus error.</hi></l></lg></quote><lb/><bibl><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">Lib. II. Epi&#x017F;t. II.</hi></hi></bibl></cit><lb/>
Eine gleiche Sprache fu&#x0364;hret hier un&#x017F;er Hr. Doctor,<lb/>
wenn man die Jronie &#x017F;einer Worte auflo&#x0364;&#x017F;et: Denn nie-<lb/>
mand wird die&#x017F;e Danck&#x017F;agung vor Ern&#x017F;t aufnehmen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0054] Stuͤcke der Schutzvorrede re anthun, und ihn ſo großmuͤthig ſchimpfen wollen. Denn dieſes wollen die Leute wuͤrck- lich haben, daß man ihnen noch dazu groſſen Danck abſtatten ſoll, daß ſie einen gewuͤrdiget, muthwillig durchzuhecheln. Welches laͤcher- liche Begehren! Welches unverſchaͤmte An- ſinnen! Doch es ſey alſo! Man dancket billig, daß es der beſcheidene Herr Urtheils- faſſer nicht noch aͤrger und anzuͤglicher ge- macht habe, und bittet ferner um ein gnaͤ- diges Verſchohnen. Man giebt ihm auch endlich gerne die Erlaubniß, etliche Quartanten oder Folian- ten, wie es beliebig iſt, gegen die Tr-ll-- riſchen Schriften zu ſchreiben, und ſie da- durch gantz und gar von der Erden zu ver- tilgen. 0 0 noch im Leibe hat, dem Doctor fuͤr die Artzney dan- ken ſollte; es giebt gemeiniglich viel ungedultige Worte. Und die Moraliſchen Patienten machen es gerne, wie der in ſeiner Einbildung gluͤckſelige Aberwitzige, von welchem Horatz erzehlet: Hic ubi cognatorum opibus curisque refectus, Expulit elleboro morbum, bilemque meraco, Et redit ad ſeſe: Pol me occidiſtis amici, Non ſervaſtis, ait, cui ſic extorta voluptas, Et demtus per vim mentis gratiſſimus error. Lib. II. Epiſt. II. Eine gleiche Sprache fuͤhret hier unſer Hr. Doctor, wenn man die Jronie ſeiner Worte aufloͤſet: Denn nie- mand wird dieſe Danckſagung vor Ernſt aufnehmen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/54
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/54>, abgerufen am 23.11.2024.