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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741.

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zum Lob der Tr-ll-rischen Fabeln etc.
viele nach Durchblätterung dieses Buchs zu
einer gewissen Selbsterkenntniß gelangen wer-
den, die sie nöthiget, selbiges mit einem ange-
nommenen Lächeln von sich zu legen. Denen
aber der Poet antworten mag: Quid rides?
mutato nomine de te Fabula narratur.
Der
heranwachsenden Jugend können wir dieses
Buch nicht genug anpreisen, und unser müs-
siges Frauenzimmer dürfte auch noch vieles
in selbigem bemercken, worauf bisher wenige
geachtet haben. Es wäre zu wünschen,
daß geschickte Schullehrer selbiges in den
ersten Classen einführen mögten. Es ge-
höret in unsern Tagen mit zum Verfall der
Schulen, daß man die Jugend mit Lateini-
schen Fabeln quälet, da sie doch noch lan-
ge nicht geschickt ist, das Nützende und
Ergetzende derselben einzusehen.

Die Schreibart des Hrn. Trillers ist nach
dem Begriff eines jeden Lesers; und sie ge-
höret eigentlich zur mittlern. Sie ist zwar
nicht erhaben, doch auch nicht kriechend, son-

dern
Daß sie alle Aufmercksamkeit eines vernünftigen
Lesers mit Recht verdienen)
Wer hiemit dieses Fa-
belbuch seiner Aufmercksamkeit nicht würdiget, der kan
sich versehen, daß er in die Classe unvernünftiger Leser
werde eingeschrieben werden. Zwar ist das Wort Auf-
mercksamkeit
vox media, hier aber wird es unstreitig
für Hochachtung genommen: Sonst müßte man auch
den Schweitzerischen Criticus unter die guten Leser
zehlen.

zum Lob der Tr-ll-riſchen Fabeln ꝛc.
viele nach Durchblaͤtterung dieſes Buchs zu
einer gewiſſen Selbſterkenntniß gelangen wer-
den, die ſie noͤthiget, ſelbiges mit einem ange-
nommenen Laͤcheln von ſich zu legen. Denen
aber der Poet antworten mag: Quid rides?
mutato nomine de te Fabula narratur.
Der
heranwachſenden Jugend koͤnnen wir dieſes
Buch nicht genug anpreiſen, und unſer muͤſ-
ſiges Frauenzimmer duͤrfte auch noch vieles
in ſelbigem bemercken, worauf bisher wenige
geachtet haben. Es waͤre zu wuͤnſchen,
daß geſchickte Schullehrer ſelbiges in den
erſten Claſſen einfuͤhren moͤgten. Es ge-
hoͤret in unſern Tagen mit zum Verfall der
Schulen, daß man die Jugend mit Lateini-
ſchen Fabeln quaͤlet, da ſie doch noch lan-
ge nicht geſchickt iſt, das Nuͤtzende und
Ergetzende derſelben einzuſehen.

Die Schreibart des Hrn. Trillers iſt nach
dem Begriff eines jeden Leſers; und ſie ge-
hoͤret eigentlich zur mittlern. Sie iſt zwar
nicht erhaben, doch auch nicht kriechend, ſon-

dern
Daß ſie alle Aufmerckſamkeit eines vernuͤnftigen
Leſers mit Recht verdienen)
Wer hiemit dieſes Fa-
belbuch ſeiner Aufmerckſamkeit nicht wuͤrdiget, der kan
ſich verſehen, daß er in die Claſſe unvernuͤnftiger Leſer
werde eingeſchrieben werden. Zwar iſt das Wort Auf-
merckſamkeit
vox media, hier aber wird es unſtreitig
fuͤr Hochachtung genommen: Sonſt muͤßte man auch
den Schweitzeriſchen Criticus unter die guten Leſer
zehlen.
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[61/0063] zum Lob der Tr-ll-riſchen Fabeln ꝛc. viele nach Durchblaͤtterung dieſes Buchs zu einer gewiſſen Selbſterkenntniß gelangen wer- den, die ſie noͤthiget, ſelbiges mit einem ange- nommenen Laͤcheln von ſich zu legen. Denen aber der Poet antworten mag: Quid rides? mutato nomine de te Fabula narratur. Der heranwachſenden Jugend koͤnnen wir dieſes Buch nicht genug anpreiſen, und unſer muͤſ- ſiges Frauenzimmer duͤrfte auch noch vieles in ſelbigem bemercken, worauf bisher wenige geachtet haben. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß geſchickte Schullehrer ſelbiges in den erſten Claſſen einfuͤhren moͤgten. Es ge- hoͤret in unſern Tagen mit zum Verfall der Schulen, daß man die Jugend mit Lateini- ſchen Fabeln quaͤlet, da ſie doch noch lan- ge nicht geſchickt iſt, das Nuͤtzende und Ergetzende derſelben einzuſehen. Die Schreibart des Hrn. Trillers iſt nach dem Begriff eines jeden Leſers; und ſie ge- hoͤret eigentlich zur mittlern. Sie iſt zwar nicht erhaben, doch auch nicht kriechend, ſon- dern Daß ſie alle Aufmerckſamkeit eines vernuͤnftigen Leſers mit Recht verdienen) Wer hiemit dieſes Fa- belbuch ſeiner Aufmerckſamkeit nicht wuͤrdiget, der kan ſich verſehen, daß er in die Claſſe unvernuͤnftiger Leſer werde eingeſchrieben werden. Zwar iſt das Wort Auf- merckſamkeit vox media, hier aber wird es unſtreitig fuͤr Hochachtung genommen: Sonſt muͤßte man auch den Schweitzeriſchen Criticus unter die guten Leſer zehlen.

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 2. Zürich, 1741, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung02_1741/63>, abgerufen am 27.11.2024.