Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Complot
Verstands, eine philosophische Sakuhr, ein
Pekad Enosch, ein himmelblaues Wasser aus
China,
ein japonesisches Kräuterküssen. Er
rühmte, daß sie ihm selbst bey Verfertigung sei-
ner patriotischen Blätter so gute Dienste gethan
hätten, daß er weiter keiner Vernunft oder Ue-
berlegung bedürft hätte; und versicherte, daß man
mittelst derselben ohne Vernunft vernunftmässig
handeln könnte. Jezo zweifelten sie nicht länger
an dem Untergange der Schweizerischen Kunst-
schriften. Sie beglükwünschten einander deß-
wegen mit der aufrichtigsten Schmeicheley, ihr
Muth wuchs, und der Stoltz kehrete in ihr Hertz
zurüke. Henak alleine schien noch unzufrieden.
Es verdroß ihn, daß dieses alles nur durch die
Kunst der Pleisse vollführt werden sollte. Die-
ser hatte vordem seine eigenen Gedichte mit An-
hängung einiger von Kirchneues vortheilhaf-
ter anzuwerden gewußt
(*); hernach den bil-
ligen Unwillen, den Kirchneu deswegen empfan-
gen, zu mildern, ihn über alle gewesenen und
noch lebenden Poeten hinaufgesezt. Er hatte des
Herren Grafens von Spork in einigen Schriften
ruhmwürdig gedacht, wobey er erinnert, daß
er dazu genugsame Ursache hätte/ weil dieser
tugendhafte Herr seines wenigen Lobes nicht
bedürfte.
Jukner ein geschikter Kopf, den die
Critik kannte, und schon in seiner Jugend lie-
bete, hatte die Mühe genommen, seine poetischen
Raritäten-Kammern, Schränke, und Schub-

kasten
(*) Sehet Neukirchs Vorrede zum ersten Theile sei-
ner Uebersetzung des Telemachs.

Das Complot
Verſtands, eine philoſophiſche Sakuhr, ein
Pekad Enoſch, ein himmelblaues Waſſer aus
China,
ein japoneſiſches Kraͤuterkuͤſſen. Er
ruͤhmte, daß ſie ihm ſelbſt bey Verfertigung ſei-
ner patriotiſchen Blaͤtter ſo gute Dienſte gethan
haͤtten, daß er weiter keiner Vernunft oder Ue-
berlegung beduͤrft haͤtte; und verſicherte, daß man
mittelſt derſelben ohne Vernunft vernunftmaͤſſig
handeln koͤnnte. Jezo zweifelten ſie nicht laͤnger
an dem Untergange der Schweizeriſchen Kunſt-
ſchriften. Sie begluͤkwuͤnſchten einander deß-
wegen mit der aufrichtigſten Schmeicheley, ihr
Muth wuchs, und der Stoltz kehrete in ihr Hertz
zuruͤke. Henak alleine ſchien noch unzufrieden.
Es verdroß ihn, daß dieſes alles nur durch die
Kunſt der Pleiſſe vollfuͤhrt werden ſollte. Die-
ſer hatte vordem ſeine eigenen Gedichte mit An-
haͤngung einiger von Kirchneues vortheilhaf-
ter anzuwerden gewußt
(*); hernach den bil-
ligen Unwillen, den Kirchneu deswegen empfan-
gen, zu mildern, ihn uͤber alle geweſenen und
noch lebenden Poeten hinaufgeſezt. Er hatte des
Herren Grafens von Spork in einigen Schriften
ruhmwuͤrdig gedacht, wobey er erinnert, daß
er dazu genugſame Urſache haͤtte/ weil dieſer
tugendhafte Herr ſeines wenigen Lobes nicht
beduͤrfte.
Jukner ein geſchikter Kopf, den die
Critik kannte, und ſchon in ſeiner Jugend lie-
bete, hatte die Muͤhe genommen, ſeine poetiſchen
Raritaͤten-Kammern, Schraͤnke, und Schub-

kaſten
(*) Sehet Neukirchs Vorrede zum erſten Theile ſei-
ner Ueberſetzung des Telemachs.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="200"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Complot</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Ver&#x017F;tands,</hi> eine <hi rendition="#fr">philo&#x017F;ophi&#x017F;che Sakuhr,</hi> ein<lb/><hi rendition="#fr">Pekad Eno&#x017F;ch,</hi> ein <hi rendition="#fr">himmelblaues Wa&#x017F;&#x017F;er aus<lb/>
China,</hi> ein <hi rendition="#fr">japone&#x017F;i&#x017F;ches Kra&#x0364;uterku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</hi> Er<lb/>
ru&#x0364;hmte, daß &#x017F;ie ihm &#x017F;elb&#x017F;t bey Verfertigung &#x017F;ei-<lb/>
ner patrioti&#x017F;chen Bla&#x0364;tter &#x017F;o gute Dien&#x017F;te gethan<lb/>
ha&#x0364;tten, daß er weiter keiner Vernunft oder Ue-<lb/>
berlegung bedu&#x0364;rft ha&#x0364;tte; und ver&#x017F;icherte, daß man<lb/>
mittel&#x017F;t der&#x017F;elben ohne Vernunft vernunftma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
handeln ko&#x0364;nnte. Jezo zweifelten &#x017F;ie nicht la&#x0364;nger<lb/>
an dem Untergange der Schweizeri&#x017F;chen Kun&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;chriften. Sie beglu&#x0364;kwu&#x0364;n&#x017F;chten einander deß-<lb/>
wegen mit der aufrichtig&#x017F;ten Schmeicheley, ihr<lb/>
Muth wuchs, und der Stoltz kehrete in ihr Hertz<lb/>
zuru&#x0364;ke. Henak alleine &#x017F;chien noch unzufrieden.<lb/>
Es verdroß ihn, daß die&#x017F;es alles nur durch die<lb/>
Kun&#x017F;t der Plei&#x017F;&#x017F;e vollfu&#x0364;hrt werden &#x017F;ollte. Die-<lb/>
&#x017F;er hatte vordem <hi rendition="#fr">&#x017F;eine eigenen Gedichte mit An-<lb/>
ha&#x0364;ngung einiger von Kirchneues vortheilhaf-<lb/>
ter anzuwerden gewußt</hi> <note place="foot" n="(*)">Sehet Neukirchs Vorrede zum er&#x017F;ten Theile &#x017F;ei-<lb/>
ner Ueber&#x017F;etzung des Telemachs.</note>; hernach den bil-<lb/>
ligen Unwillen, den Kirchneu deswegen empfan-<lb/>
gen, zu mildern, ihn u&#x0364;ber alle gewe&#x017F;enen und<lb/>
noch lebenden Poeten hinaufge&#x017F;ezt. Er hatte des<lb/>
Herren Grafens von Spork in einigen Schriften<lb/>
ruhmwu&#x0364;rdig gedacht, wobey er erinnert, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
er dazu genug&#x017F;ame Ur&#x017F;ache ha&#x0364;tte/ weil die&#x017F;er<lb/>
tugendhafte Herr &#x017F;eines wenigen Lobes nicht<lb/>
bedu&#x0364;rfte.</hi> Jukner ein ge&#x017F;chikter Kopf, den die<lb/><hi rendition="#fr">Critik</hi> kannte, und &#x017F;chon in &#x017F;einer Jugend lie-<lb/>
bete, hatte die Mu&#x0364;he genommen, &#x017F;eine poeti&#x017F;chen<lb/>
Rarita&#x0364;ten-Kammern, Schra&#x0364;nke, und Schub-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ka&#x017F;ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0202] Das Complot Verſtands, eine philoſophiſche Sakuhr, ein Pekad Enoſch, ein himmelblaues Waſſer aus China, ein japoneſiſches Kraͤuterkuͤſſen. Er ruͤhmte, daß ſie ihm ſelbſt bey Verfertigung ſei- ner patriotiſchen Blaͤtter ſo gute Dienſte gethan haͤtten, daß er weiter keiner Vernunft oder Ue- berlegung beduͤrft haͤtte; und verſicherte, daß man mittelſt derſelben ohne Vernunft vernunftmaͤſſig handeln koͤnnte. Jezo zweifelten ſie nicht laͤnger an dem Untergange der Schweizeriſchen Kunſt- ſchriften. Sie begluͤkwuͤnſchten einander deß- wegen mit der aufrichtigſten Schmeicheley, ihr Muth wuchs, und der Stoltz kehrete in ihr Hertz zuruͤke. Henak alleine ſchien noch unzufrieden. Es verdroß ihn, daß dieſes alles nur durch die Kunſt der Pleiſſe vollfuͤhrt werden ſollte. Die- ſer hatte vordem ſeine eigenen Gedichte mit An- haͤngung einiger von Kirchneues vortheilhaf- ter anzuwerden gewußt (*); hernach den bil- ligen Unwillen, den Kirchneu deswegen empfan- gen, zu mildern, ihn uͤber alle geweſenen und noch lebenden Poeten hinaufgeſezt. Er hatte des Herren Grafens von Spork in einigen Schriften ruhmwuͤrdig gedacht, wobey er erinnert, daß er dazu genugſame Urſache haͤtte/ weil dieſer tugendhafte Herr ſeines wenigen Lobes nicht beduͤrfte. Jukner ein geſchikter Kopf, den die Critik kannte, und ſchon in ſeiner Jugend lie- bete, hatte die Muͤhe genommen, ſeine poetiſchen Raritaͤten-Kammern, Schraͤnke, und Schub- kaſten (*) Sehet Neukirchs Vorrede zum erſten Theile ſei- ner Ueberſetzung des Telemachs.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/202
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/202>, abgerufen am 23.11.2024.