[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.Das Complot schränkung mit Dunkelheit umhüllen sollet, daßes niemand versteht. Erinnert euch nur beständig, daß uns in gegenwärtigen treulosen Umständen, da man uns nach unsrer Ehre, Ansehen und Herr- schaft greift, alles erlaubt wird, was uns sonst Sünde wäre, dergestalt daß die grobe Lügen selbst zu einer frommen, unschuldigen Kunst wird: Jn allen übrigen Handlungen seyd aufrichtig und fromm. Präget euch meine Worte tief ins Herze. Ha- bet beständig die Vermehrung meines Reiches und Ruhmes vor Augen. Es ist euer Reich, euer Ruhm. Jch gebe euch meine Hand, wenn ihr meine Lehren beobachtet, daß ihr die Schweizer in ihre alpinischen Gebürge zurück jagen werdet, wo sie die Graubündner und Walliser, zwo geist- reiche Nationen, in ihrer neuen Dichtkunst und Critick unterweisen können. Nach Abtreibung dieser furchtbaren Feinde wird das Schreken vor eurem Nahmen in alle Provinzen Deutschlandes ausgehen; die verirrten werden ihre verkehrten Wege verlassen, und sich wieder zu euch wenden. Alle Barden und Meistersänger des grossen Ger- maniens von Hanken dem Schlesier bis zu Hinüber dem Brämer werden den Thon ihrer Lieder von euch erbitten. Die Critick soll mit niedergeschla- genen Augen zu den barbarischen Franzosen und leichtfertigen Engländern flüchten. Ein unzerstör- barer Friede wird in euern Wohnungen, und eure Dich- Denn er weis nicht, ob ich sein Freund oder Feind, sein
Verehrer, oder Tadler bin: Und ich weis es auch nicht. Denn meine Waage giebt noch auf keine Seite Ausschlag genug. Das Complot ſchraͤnkung mit Dunkelheit umhuͤllen ſollet, daßes niemand verſteht. Erinnert euch nur beſtaͤndig, daß uns in gegenwaͤrtigen treuloſen Umſtaͤnden, da man uns nach unſrer Ehre, Anſehen und Herr- ſchaft greift, alles erlaubt wird, was uns ſonſt Suͤnde waͤre, dergeſtalt daß die grobe Luͤgen ſelbſt zu einer frommen, unſchuldigen Kunſt wird: Jn allen uͤbrigen Handlungen ſeyd aufrichtig und fromm. Praͤget euch meine Worte tief ins Herze. Ha- bet beſtaͤndig die Vermehrung meines Reiches und Ruhmes vor Augen. Es iſt euer Reich, euer Ruhm. Jch gebe euch meine Hand, wenn ihr meine Lehren beobachtet, daß ihr die Schweizer in ihre alpiniſchen Gebuͤrge zuruͤck jagen werdet, wo ſie die Graubuͤndner und Walliſer, zwo geiſt- reiche Nationen, in ihrer neuen Dichtkunſt und Critick unterweiſen koͤnnen. Nach Abtreibung dieſer furchtbaren Feinde wird das Schreken vor eurem Nahmen in alle Provinzen Deutſchlandes ausgehen; die verirrten werden ihre verkehrten Wege verlaſſen, und ſich wieder zu euch wenden. Alle Barden und Meiſterſaͤnger des groſſen Ger- maniens von Hanken dem Schleſier bis zu Hinuͤber dem Braͤmer werden den Thon ihrer Lieder von euch erbitten. Die Critick ſoll mit niedergeſchla- genen Augen zu den barbariſchen Franzoſen und leichtfertigen Englaͤndern fluͤchten. Ein unzerſtoͤr- barer Friede wird in euern Wohnungen, und eure Dich- Denn er weis nicht, ob ich ſein Freund oder Feind, ſein
Verehrer, oder Tadler bin: Und ich weis es auch nicht. Denn meine Waage giebt noch auf keine Seite Ausſchlag genug. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Complot</hi></fw><lb/> ſchraͤnkung mit Dunkelheit umhuͤllen ſollet, daß<lb/> es niemand verſteht. Erinnert euch nur beſtaͤndig,<lb/> daß uns in gegenwaͤrtigen treuloſen Umſtaͤnden,<lb/> da man uns nach unſrer Ehre, Anſehen und Herr-<lb/> ſchaft greift, alles erlaubt wird, was uns ſonſt<lb/> Suͤnde waͤre, dergeſtalt daß die grobe Luͤgen ſelbſt<lb/> zu einer frommen, unſchuldigen Kunſt wird: Jn<lb/> allen uͤbrigen Handlungen ſeyd aufrichtig und fromm.<lb/> Praͤget euch meine Worte tief ins Herze. Ha-<lb/> bet beſtaͤndig die Vermehrung meines Reiches und<lb/> Ruhmes vor Augen. Es iſt euer Reich, euer<lb/> Ruhm. Jch gebe euch meine Hand, wenn ihr<lb/> meine Lehren beobachtet, daß ihr die Schweizer<lb/> in ihre alpiniſchen Gebuͤrge zuruͤck jagen werdet,<lb/> wo ſie die Graubuͤndner und Walliſer, zwo geiſt-<lb/> reiche Nationen, in ihrer neuen Dichtkunſt und<lb/> Critick unterweiſen koͤnnen. Nach Abtreibung<lb/> dieſer furchtbaren Feinde wird das Schreken vor<lb/> eurem Nahmen in alle Provinzen Deutſchlandes<lb/> ausgehen; die verirrten werden ihre verkehrten<lb/> Wege verlaſſen, und ſich wieder zu euch wenden.<lb/> Alle Barden und Meiſterſaͤnger des groſſen Ger-<lb/> maniens von <hi rendition="#fr">Hanken</hi> dem Schleſier bis zu <hi rendition="#fr">Hinuͤber</hi><lb/> dem Braͤmer werden den Thon ihrer Lieder von<lb/> euch erbitten. Die Critick ſoll mit niedergeſchla-<lb/> genen Augen zu den barbariſchen Franzoſen und<lb/> leichtfertigen Englaͤndern fluͤchten. Ein unzerſtoͤr-<lb/> barer Friede wird in euern Wohnungen, und eure<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dich-</fw><lb/><note xml:id="f28" prev="#f27" place="foot" n="(C c c)">Denn er weis nicht, ob ich ſein Freund oder Feind, ſein<lb/> Verehrer, oder Tadler bin: Und ich weis es auch nicht.<lb/> Denn meine Waage giebt noch auf <hi rendition="#fr">keine Seite Ausſchlag<lb/> genug.</hi></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0218]
Das Complot
ſchraͤnkung mit Dunkelheit umhuͤllen ſollet, daß
es niemand verſteht. Erinnert euch nur beſtaͤndig,
daß uns in gegenwaͤrtigen treuloſen Umſtaͤnden,
da man uns nach unſrer Ehre, Anſehen und Herr-
ſchaft greift, alles erlaubt wird, was uns ſonſt
Suͤnde waͤre, dergeſtalt daß die grobe Luͤgen ſelbſt
zu einer frommen, unſchuldigen Kunſt wird: Jn
allen uͤbrigen Handlungen ſeyd aufrichtig und fromm.
Praͤget euch meine Worte tief ins Herze. Ha-
bet beſtaͤndig die Vermehrung meines Reiches und
Ruhmes vor Augen. Es iſt euer Reich, euer
Ruhm. Jch gebe euch meine Hand, wenn ihr
meine Lehren beobachtet, daß ihr die Schweizer
in ihre alpiniſchen Gebuͤrge zuruͤck jagen werdet,
wo ſie die Graubuͤndner und Walliſer, zwo geiſt-
reiche Nationen, in ihrer neuen Dichtkunſt und
Critick unterweiſen koͤnnen. Nach Abtreibung
dieſer furchtbaren Feinde wird das Schreken vor
eurem Nahmen in alle Provinzen Deutſchlandes
ausgehen; die verirrten werden ihre verkehrten
Wege verlaſſen, und ſich wieder zu euch wenden.
Alle Barden und Meiſterſaͤnger des groſſen Ger-
maniens von Hanken dem Schleſier bis zu Hinuͤber
dem Braͤmer werden den Thon ihrer Lieder von
euch erbitten. Die Critick ſoll mit niedergeſchla-
genen Augen zu den barbariſchen Franzoſen und
leichtfertigen Englaͤndern fluͤchten. Ein unzerſtoͤr-
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(C c c) Denn er weis nicht, ob ich ſein Freund oder Feind, ſein
Verehrer, oder Tadler bin: Und ich weis es auch nicht.
Denn meine Waage giebt noch auf keine Seite Ausſchlag
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