[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.der herrschenden Poeten. be, der sein Lob des Hrn. Silkovs sehr verstän-dig verspart hat, bis derselbe uns unzweifelhafte Proben von seiner Freundschaft gegeben hätte. (C c c) Dieses wenige mag genug seyn, euch den Thon zn geben. Eure eigene Scharfsinnig- keit wird euch schon weiter führen. Jch thäte der- selben zu kurtz, wenn ich euch unterrichten wollte, wie ihr die Wörter niemahls in der bekannten Be- deutung brauchen sollet, in welcher sie eure Geg- ner brauchen, wie ihr keinem Wort einen ausge- messenen Verstand geben sollet, und wenn ihr euch anstellet, daß ihr eines erklären wollet, sol- ches durch eine zehnfache Umschreibung und Ein- schrän- daß ein jeder deutscher Leser nicht was fremdes, rauhes und hartes in dem verl. Par. finden und sich daran stossen sollte. Ueber diesen Uebelklang sind hundert und hundert Leser sogar nicht weg, daß sie die Geduld haben könnten, ein gantz Buch hindurch ihren Ohren die Gewalt anzu- thun, und daß sie aus Begierde nach den Sachen, eine neue Art deutsch zu reden lernen sollten. Jm XXIV. Beytr. Art. IV. Jch will doch sagen, in welchem Falle es möglich sey, daß beydes, (nachdrücklich und selt- sam oder wiederlich) zugleich seyn könne; wenn ich näm- lich seze, daß ein Buch in der Grundsprache rauh und wiederlich klinge; wenn ich auch ferner seze, daß der Ue- bersezer seine Arbeit dem Urbilde unter andern auch in An- sehung des Rauhen ähnlich macht, so muß die Ueberse- zung noch eher als sonst, nachdrücklich (denn im Rauhen steckt der Nachdruck) und vollständig genennt werden. Belustig. im Weinm. Bl. 379. Wir lernen hieraus warum gewisse Scribenten sich vor der nachdrücklichen Schreibart so fleissig hüten: Sie wollen nicht rauh schreiben. (C c c) Jn den Belustigungen August. 1741. Bl. 168. Jch will hiemit dem Hrn. Liscow nicht geschmeichelt haben. Denn O 4
der herrſchenden Poeten. be, der ſein Lob des Hrn. Silkovs ſehr verſtaͤn-dig verſpart hat, bis derſelbe uns unzweifelhafte Proben von ſeiner Freundſchaft gegeben haͤtte. (C c c) Dieſes wenige mag genug ſeyn, euch den Thon zn geben. Eure eigene Scharfſinnig- keit wird euch ſchon weiter fuͤhren. Jch thaͤte der- ſelben zu kurtz, wenn ich euch unterrichten wollte, wie ihr die Woͤrter niemahls in der bekannten Be- deutung brauchen ſollet, in welcher ſie eure Geg- ner brauchen, wie ihr keinem Wort einen ausge- meſſenen Verſtand geben ſollet, und wenn ihr euch anſtellet, daß ihr eines erklaͤren wollet, ſol- ches durch eine zehnfache Umſchreibung und Ein- ſchraͤn- daß ein jeder deutſcher Leſer nicht was fremdes, rauhes und hartes in dem verl. Par. finden und ſich daran ſtoſſen ſollte. Ueber dieſen Uebelklang ſind hundert und hundert Leſer ſogar nicht weg, daß ſie die Geduld haben koͤnnten, ein gantz Buch hindurch ihren Ohren die Gewalt anzu- thun, und daß ſie aus Begierde nach den Sachen, eine neue Art deutſch zu reden lernen ſollten. Jm XXIV. Beytr. Art. IV. Jch will doch ſagen, in welchem Falle es moͤglich ſey, daß beydes, (nachdruͤcklich und ſelt- ſam oder wiederlich) zugleich ſeyn koͤnne; wenn ich naͤm- lich ſeze, daß ein Buch in der Grundſprache rauh und wiederlich klinge; wenn ich auch ferner ſeze, daß der Ue- berſezer ſeine Arbeit dem Urbilde unter andern auch in An- ſehung des Rauhen aͤhnlich macht, ſo muß die Ueberſe- zung noch eher als ſonſt, nachdruͤcklich (denn im Rauhen ſteckt der Nachdruck) und vollſtaͤndig genennt werden. Beluſtig. im Weinm. Bl. 379. Wir lernen hieraus warum gewiſſe Scribenten ſich vor der nachdruͤcklichen Schreibart ſo fleiſſig huͤten: Sie wollen nicht rauh ſchreiben. (C c c) Jn den Beluſtigungen Auguſt. 1741. Bl. 168. Jch will hiemit dem Hrn. Liſcow nicht geſchmeichelt haben. Denn O 4
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der herrſchenden Poeten.
be, der ſein Lob des Hrn. Silkovs ſehr verſtaͤn-
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Proben von ſeiner Freundſchaft gegeben haͤtte.
(C c c) Dieſes wenige mag genug ſeyn, euch
den Thon zn geben. Eure eigene Scharfſinnig-
keit wird euch ſchon weiter fuͤhren. Jch thaͤte der-
ſelben zu kurtz, wenn ich euch unterrichten wollte,
wie ihr die Woͤrter niemahls in der bekannten Be-
deutung brauchen ſollet, in welcher ſie eure Geg-
ner brauchen, wie ihr keinem Wort einen ausge-
meſſenen Verſtand geben ſollet, und wenn ihr
euch anſtellet, daß ihr eines erklaͤren wollet, ſol-
ches durch eine zehnfache Umſchreibung und Ein-
ſchraͤn-
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(C c c) Jn den Beluſtigungen Auguſt. 1741. Bl. 168.
Jch will hiemit dem Hrn. Liſcow nicht geſchmeichelt haben.
Denn
(B b b) daß ein jeder deutſcher Leſer nicht was fremdes, rauhes
und hartes in dem verl. Par. finden und ſich daran ſtoſſen
ſollte. Ueber dieſen Uebelklang ſind hundert und hundert
Leſer ſogar nicht weg, daß ſie die Geduld haben koͤnnten,
ein gantz Buch hindurch ihren Ohren die Gewalt anzu-
thun, und daß ſie aus Begierde nach den Sachen, eine
neue Art deutſch zu reden lernen ſollten. Jm XXIV.
Beytr. Art. IV. Jch will doch ſagen, in welchem
Falle es moͤglich ſey, daß beydes, (nachdruͤcklich und ſelt-
ſam oder wiederlich) zugleich ſeyn koͤnne; wenn ich naͤm-
lich ſeze, daß ein Buch in der Grundſprache rauh und
wiederlich klinge; wenn ich auch ferner ſeze, daß der Ue-
berſezer ſeine Arbeit dem Urbilde unter andern auch in An-
ſehung des Rauhen aͤhnlich macht, ſo muß die Ueberſe-
zung noch eher als ſonſt, nachdruͤcklich (denn im Rauhen
ſteckt der Nachdruck) und vollſtaͤndig genennt werden.
Beluſtig. im Weinm. Bl. 379. Wir lernen hieraus
warum gewiſſe Scribenten ſich vor der nachdruͤcklichen
Schreibart ſo fleiſſig huͤten: Sie wollen nicht rauh ſchreiben.
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