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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742.

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Von der possenhaften Schreibart.
für eine grosse Figur machet. N. 4. auf der er-
sten Seite: Tausend Dinge kommen vor/ wor-
durch die Gesundheit/ der Wohlstand/ und
das Vermögen Anstoß leidet. Auch diese brau-
chen ihrer eigenen Cur/ und ist ihnen oft durch
ein blosses auslachen abgeholffen worden. Die
Hechel ist mancherley/ wodurch ein solches
Flachs rein wird; wiewohl auch die allerge-
lindeste ihre Spitzen haben muß.
Die Ursa-
che, die mich bewogen, diese Stelle unter die
possenhaften zu zehlen, ist, weil die Metaphoren
zu weit getrieben und die Aehnlichkeiten allzu ent-
fernet sind. Es geht noch wohl hin, daß die sa-
tyrische Manier die Laster zu bestraffen einer He-
chel verglichen wird; so sagt man, etwas durch die
Hechel ziehen: Aber entdecke er mir die Aehnlich-
keit zwischen dem Flachs und den Lastern; wie
werden die Laster rein? N. 9. Es erhob sich so
manche nachdrückliche Stimme der Herren
Pferde-Regenten, daß es schien/ als ob sie
die Häuser weiter von einander schreyen woll-
ten/ um Raum zu gewinnen. Wir hatten
Gelegenheit/ uns über die handfeste Beredt-
samkeit zu verwundern/ die von den Bier-
Karren mit so vieler Veränderung der Schelt-
worte durchspicket, in unsre Ohren fielen.

Dergleichen Ausdrücke würden trefflich in Hans
Wurstens Locos communes dienen. Die
Hrn. Pferde-Regenten, ist eine possierliche Ver-
gleichung kleiner Dinge mit grossen; was darauf
folget, ist so ausschweiffend, daß es auch die Grän-
zen des Möglichen überschreitet, und das es schien
reimt sich trefflich damit. N. 24. Jn Ausrich-

tung

Von der poſſenhaften Schreibart.
fuͤr eine groſſe Figur machet. N. 4. auf der er-
ſten Seite: Tauſend Dinge kommen vor/ wor-
durch die Geſundheit/ der Wohlſtand/ und
das Vermoͤgen Anſtoß leidet. Auch dieſe brau-
chen ihrer eigenen Cur/ und iſt ihnen oft durch
ein bloſſes auslachen abgeholffen worden. Die
Hechel iſt mancherley/ wodurch ein ſolches
Flachs rein wird; wiewohl auch die allerge-
lindeſte ihre Spitzen haben muß.
Die Urſa-
che, die mich bewogen, dieſe Stelle unter die
poſſenhaften zu zehlen, iſt, weil die Metaphoren
zu weit getrieben und die Aehnlichkeiten allzu ent-
fernet ſind. Es geht noch wohl hin, daß die ſa-
tyriſche Manier die Laſter zu beſtraffen einer He-
chel verglichen wird; ſo ſagt man, etwas durch die
Hechel ziehen: Aber entdecke er mir die Aehnlich-
keit zwiſchen dem Flachs und den Laſtern; wie
werden die Laſter rein? N. 9. Es erhob ſich ſo
manche nachdruͤckliche Stimme der Herren
Pferde-Regenten, daß es ſchien/ als ob ſie
die Haͤuſer weiter von einander ſchreyen woll-
ten/ um Raum zu gewinnen. Wir hatten
Gelegenheit/ uns uͤber die handfeſte Beredt-
ſamkeit zu verwundern/ die von den Bier-
Karren mit ſo vieler Veraͤnderung der Schelt-
worte durchſpicket, in unſre Ohren fielen.

Dergleichen Ausdruͤcke wuͤrden trefflich in Hans
Wurſtens Locos communes dienen. Die
Hrn. Pferde-Regenten, iſt eine poſſierliche Ver-
gleichung kleiner Dinge mit groſſen; was darauf
folget, iſt ſo ausſchweiffend, daß es auch die Graͤn-
zen des Moͤglichen uͤberſchreitet, und das es ſchien
reimt ſich trefflich damit. N. 24. Jn Ausrich-

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[30/0032] Von der poſſenhaften Schreibart. fuͤr eine groſſe Figur machet. N. 4. auf der er- ſten Seite: Tauſend Dinge kommen vor/ wor- durch die Geſundheit/ der Wohlſtand/ und das Vermoͤgen Anſtoß leidet. Auch dieſe brau- chen ihrer eigenen Cur/ und iſt ihnen oft durch ein bloſſes auslachen abgeholffen worden. Die Hechel iſt mancherley/ wodurch ein ſolches Flachs rein wird; wiewohl auch die allerge- lindeſte ihre Spitzen haben muß. Die Urſa- che, die mich bewogen, dieſe Stelle unter die poſſenhaften zu zehlen, iſt, weil die Metaphoren zu weit getrieben und die Aehnlichkeiten allzu ent- fernet ſind. Es geht noch wohl hin, daß die ſa- tyriſche Manier die Laſter zu beſtraffen einer He- chel verglichen wird; ſo ſagt man, etwas durch die Hechel ziehen: Aber entdecke er mir die Aehnlich- keit zwiſchen dem Flachs und den Laſtern; wie werden die Laſter rein? N. 9. Es erhob ſich ſo manche nachdruͤckliche Stimme der Herren Pferde-Regenten, daß es ſchien/ als ob ſie die Haͤuſer weiter von einander ſchreyen woll- ten/ um Raum zu gewinnen. Wir hatten Gelegenheit/ uns uͤber die handfeſte Beredt- ſamkeit zu verwundern/ die von den Bier- Karren mit ſo vieler Veraͤnderung der Schelt- worte durchſpicket, in unſre Ohren fielen. Dergleichen Ausdruͤcke wuͤrden trefflich in Hans Wurſtens Locos communes dienen. Die Hrn. Pferde-Regenten, iſt eine poſſierliche Ver- gleichung kleiner Dinge mit groſſen; was darauf folget, iſt ſo ausſchweiffend, daß es auch die Graͤn- zen des Moͤglichen uͤberſchreitet, und das es ſchien reimt ſich trefflich damit. N. 24. Jn Ausrich- tung

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 3. Zürich, 1742, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung03_1742/32>, abgerufen am 21.11.2024.