Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
Echo
I.
Critische Untersuchung,
wer der Verfasser der neuen Anmerkungen
zu der trillerischen Schutzvorrede sey.

DEr Verfasser dieser Anmerkungen hat vor dien-
licher erachtet, seinen Nahmen zu verhöhlen,
und damit hinter dem Berge zu halten. Er hat
diesfalls nach seiner Freyheit gehandelt; denn so
wenig jemand durch die Obrigkeit kan ge-
zwungen werden, alle Nahmen gantz heraus-
zusagen,
eben so wenig kan man ihn darum vor
dem Richter belangen, daß es ihm nicht gefallen
hat, seinen Nahmen mit grossen Versalbuchstaben
diesen Anmerkungen vordrücken zu lassen. Weil
aber der ungenannte Verfasser in einem Lande
wohnet, wo man nichts ohne einen zureichen-
den Grund zu thun
gewohnt ist, so muß man
sich nicht einbilden, als wenn er bey dieser Ver-
höhlung seines Nahmens bloß nach seiner Frey-
heit, welche die Franzosen Caprice nennen, will-
kürlich gehandelt hätte: Und wer sich nur ein
wenig Mühe geben wollte, der Sache um etwas
reifer nachzudenken, dem sollte es nicht schwer fal-
len, verschiedene dergleichen Gründe zu entdeken und
auszufinden, die einen Verfasser zur Verschwei-
gung seines Nahmens vermögen könnten. Man-
cher führt eine so giftige und anzügliche Feder,
daß er nicht ohne Ursache besorgen muß, man
dürfte ihn, wenn er bekannt wäre, empfindlich

auf
Echo
I.
Critiſche Unterſuchung,
wer der Verfaſſer der neuen Anmerkungen
zu der trilleriſchen Schutzvorrede ſey.

DEr Verfaſſer dieſer Anmerkungen hat vor dien-
licher erachtet, ſeinen Nahmen zu verhoͤhlen,
und damit hinter dem Berge zu halten. Er hat
diesfalls nach ſeiner Freyheit gehandelt; denn ſo
wenig jemand durch die Obrigkeit kan ge-
zwungen werden, alle Nahmen gantz heraus-
zuſagen,
eben ſo wenig kan man ihn darum vor
dem Richter belangen, daß es ihm nicht gefallen
hat, ſeinen Nahmen mit groſſen Verſalbuchſtaben
dieſen Anmerkungen vordruͤcken zu laſſen. Weil
aber der ungenannte Verfaſſer in einem Lande
wohnet, wo man nichts ohne einen zureichen-
den Grund zu thun
gewohnt iſt, ſo muß man
ſich nicht einbilden, als wenn er bey dieſer Ver-
hoͤhlung ſeines Nahmens bloß nach ſeiner Frey-
heit, welche die Franzoſen Caprice nennen, will-
kuͤrlich gehandelt haͤtte: Und wer ſich nur ein
wenig Muͤhe geben wollte, der Sache um etwas
reifer nachzudenken, dem ſollte es nicht ſchwer fal-
len, verſchiedene dergleichen Gruͤnde zu entdeken und
auszufinden, die einen Verfaſſer zur Verſchwei-
gung ſeines Nahmens vermoͤgen koͤnnten. Man-
cher fuͤhrt eine ſo giftige und anzuͤgliche Feder,
daß er nicht ohne Urſache beſorgen muß, man
duͤrfte ihn, wenn er bekannt waͤre, empfindlich

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0038" n="36"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Echo</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">I.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Criti&#x017F;che Unter&#x017F;uchung,<lb/>
wer der Verfa&#x017F;&#x017F;er der neuen Anmerkungen<lb/>
zu der trilleri&#x017F;chen Schutzvorrede &#x017F;ey.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Er Verfa&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;er Anmerkungen hat vor dien-<lb/>
licher erachtet, &#x017F;einen Nahmen zu verho&#x0364;hlen,<lb/>
und damit hinter dem Berge zu halten. Er hat<lb/>
diesfalls nach &#x017F;einer Freyheit gehandelt; denn &#x017F;o<lb/>
wenig jemand <hi rendition="#fr">durch die Obrigkeit kan ge-<lb/>
zwungen werden, alle Nahmen gantz heraus-<lb/>
zu&#x017F;agen,</hi> eben &#x017F;o wenig kan man ihn darum vor<lb/>
dem Richter belangen, daß es ihm nicht gefallen<lb/>
hat, &#x017F;einen Nahmen mit gro&#x017F;&#x017F;en Ver&#x017F;albuch&#x017F;taben<lb/>
die&#x017F;en Anmerkungen vordru&#x0364;cken zu la&#x017F;&#x017F;en. Weil<lb/>
aber der ungenannte Verfa&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#fr">in einem Lande<lb/>
wohnet, wo man nichts ohne einen zureichen-<lb/>
den Grund zu thun</hi> gewohnt i&#x017F;t, &#x017F;o muß man<lb/>
&#x017F;ich nicht einbilden, als wenn er bey die&#x017F;er Ver-<lb/>
ho&#x0364;hlung &#x017F;eines Nahmens bloß nach &#x017F;einer Frey-<lb/>
heit, welche die Franzo&#x017F;en <hi rendition="#aq">Caprice</hi> nennen, will-<lb/>
ku&#x0364;rlich gehandelt ha&#x0364;tte: Und wer &#x017F;ich nur ein<lb/>
wenig Mu&#x0364;he geben wollte, der Sache um etwas<lb/>
reifer nachzudenken, dem &#x017F;ollte es nicht &#x017F;chwer fal-<lb/>
len, ver&#x017F;chiedene dergleichen Gru&#x0364;nde zu entdeken und<lb/>
auszufinden, die einen Verfa&#x017F;&#x017F;er zur Ver&#x017F;chwei-<lb/>
gung &#x017F;eines Nahmens vermo&#x0364;gen ko&#x0364;nnten. Man-<lb/>
cher fu&#x0364;hrt eine &#x017F;o giftige und anzu&#x0364;gliche Feder,<lb/>
daß er nicht ohne Ur&#x017F;ache be&#x017F;orgen muß, man<lb/>
du&#x0364;rfte ihn, wenn er bekannt wa&#x0364;re, empfindlich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0038] Echo I. Critiſche Unterſuchung, wer der Verfaſſer der neuen Anmerkungen zu der trilleriſchen Schutzvorrede ſey. DEr Verfaſſer dieſer Anmerkungen hat vor dien- licher erachtet, ſeinen Nahmen zu verhoͤhlen, und damit hinter dem Berge zu halten. Er hat diesfalls nach ſeiner Freyheit gehandelt; denn ſo wenig jemand durch die Obrigkeit kan ge- zwungen werden, alle Nahmen gantz heraus- zuſagen, eben ſo wenig kan man ihn darum vor dem Richter belangen, daß es ihm nicht gefallen hat, ſeinen Nahmen mit groſſen Verſalbuchſtaben dieſen Anmerkungen vordruͤcken zu laſſen. Weil aber der ungenannte Verfaſſer in einem Lande wohnet, wo man nichts ohne einen zureichen- den Grund zu thun gewohnt iſt, ſo muß man ſich nicht einbilden, als wenn er bey dieſer Ver- hoͤhlung ſeines Nahmens bloß nach ſeiner Frey- heit, welche die Franzoſen Caprice nennen, will- kuͤrlich gehandelt haͤtte: Und wer ſich nur ein wenig Muͤhe geben wollte, der Sache um etwas reifer nachzudenken, dem ſollte es nicht ſchwer fal- len, verſchiedene dergleichen Gruͤnde zu entdeken und auszufinden, die einen Verfaſſer zur Verſchwei- gung ſeines Nahmens vermoͤgen koͤnnten. Man- cher fuͤhrt eine ſo giftige und anzuͤgliche Feder, daß er nicht ohne Urſache beſorgen muß, man duͤrfte ihn, wenn er bekannt waͤre, empfindlich auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/38
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung04_1742/38>, abgerufen am 04.12.2024.