[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.des deutschen Witzes. auf die Haut klopfen, deswegen er sich nicht an-ders als durch Verhöhlung seines Nahmens vor Verdrießlichkeiten schützen kan. Andere, die nicht in dieser Gefahr stehen, können aus allerley klu- gen Vorbetrachtungen bewogen werden, daß sie ihre Nahmen lieber verschweigen und sich hinter die Wand stellen: Entweder weil sie durch Be- kanntmachung ihres Nahmens nicht Anlaß zu allerley Wortspielen geben wollen, wozu selbige in Absicht auf ihren Ursprung, Ton oder Bedeu- tung könnten mißbraucht werden: Oder weil sie durch das Ansehen ihres Nahmens der Freyheit der Critick in gerechter Austheilung des Lobes und Tadels nicht verhinderlich seyn, noch dieselbe ein- schränken wollen: Oder aus einem gerechten Miß- trauen gegen ihre Hirngeburten, weil sie besor- gen, es mögte die schlechte Aufnahme, und das Urtheil der Kunstverständigen ihrem erworbenen An- sehen nachtheilig seyn; laut dem bekannten Sprich- worte: Si tacuisset, Philosophus mansisset: Oder weil sie im Gegentheil fürchten, die Dun- kelheit und das schlechte Ansehen ihres Nahmens dörfte den Werth ihrer Schriften selbst nicht wenig verringern und verdunkeln; zumahlen wenn sie sich vorstellen, daß man es sehr gewohnt ist, von dem Ruhm und Ansehen eines Verfassers auf die innerliche Güte eines Buches zu schliessen, und daß ein grosser Nahme schon manches schlech- tes Buch hat verkauffen müssen, etc. So leicht es nun aber ist, diese und andere dergleichen Be- weggründe, die verschiedene Verfasser zur Ver- höhlung ihres Nahmens bewegen könnten, aus- fündig C 3
des deutſchen Witzes. auf die Haut klopfen, deswegen er ſich nicht an-ders als durch Verhoͤhlung ſeines Nahmens vor Verdrießlichkeiten ſchuͤtzen kan. Andere, die nicht in dieſer Gefahr ſtehen, koͤnnen aus allerley klu- gen Vorbetrachtungen bewogen werden, daß ſie ihre Nahmen lieber verſchweigen und ſich hinter die Wand ſtellen: Entweder weil ſie durch Be- kanntmachung ihres Nahmens nicht Anlaß zu allerley Wortſpielen geben wollen, wozu ſelbige in Abſicht auf ihren Urſprung, Ton oder Bedeu- tung koͤnnten mißbraucht werden: Oder weil ſie durch das Anſehen ihres Nahmens der Freyheit der Critick in gerechter Austheilung des Lobes und Tadels nicht verhinderlich ſeyn, noch dieſelbe ein- ſchraͤnken wollen: Oder aus einem gerechten Miß- trauen gegen ihre Hirngeburten, weil ſie beſor- gen, es moͤgte die ſchlechte Aufnahme, und das Urtheil der Kunſtverſtaͤndigen ihrem erworbenen An- ſehen nachtheilig ſeyn; laut dem bekannten Sprich- worte: Si tacuiſſet, Philoſophus manſiſſet: Oder weil ſie im Gegentheil fuͤrchten, die Dun- kelheit und das ſchlechte Anſehen ihres Nahmens doͤrfte den Werth ihrer Schriften ſelbſt nicht wenig verringern und verdunkeln; zumahlen wenn ſie ſich vorſtellen, daß man es ſehr gewohnt iſt, von dem Ruhm und Anſehen eines Verfaſſers auf die innerliche Guͤte eines Buches zu ſchlieſſen, und daß ein groſſer Nahme ſchon manches ſchlech- tes Buch hat verkauffen muͤſſen, ꝛc. So leicht es nun aber iſt, dieſe und andere dergleichen Be- weggruͤnde, die verſchiedene Verfaſſer zur Ver- hoͤhlung ihres Nahmens bewegen koͤnnten, aus- fuͤndig C 3
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des deutſchen Witzes.
auf die Haut klopfen, deswegen er ſich nicht an-
ders als durch Verhoͤhlung ſeines Nahmens vor
Verdrießlichkeiten ſchuͤtzen kan. Andere, die nicht
in dieſer Gefahr ſtehen, koͤnnen aus allerley klu-
gen Vorbetrachtungen bewogen werden, daß ſie
ihre Nahmen lieber verſchweigen und ſich hinter
die Wand ſtellen: Entweder weil ſie durch Be-
kanntmachung ihres Nahmens nicht Anlaß zu
allerley Wortſpielen geben wollen, wozu ſelbige
in Abſicht auf ihren Urſprung, Ton oder Bedeu-
tung koͤnnten mißbraucht werden: Oder weil ſie
durch das Anſehen ihres Nahmens der Freyheit
der Critick in gerechter Austheilung des Lobes und
Tadels nicht verhinderlich ſeyn, noch dieſelbe ein-
ſchraͤnken wollen: Oder aus einem gerechten Miß-
trauen gegen ihre Hirngeburten, weil ſie beſor-
gen, es moͤgte die ſchlechte Aufnahme, und das
Urtheil der Kunſtverſtaͤndigen ihrem erworbenen An-
ſehen nachtheilig ſeyn; laut dem bekannten Sprich-
worte: Si tacuiſſet, Philoſophus manſiſſet:
Oder weil ſie im Gegentheil fuͤrchten, die Dun-
kelheit und das ſchlechte Anſehen ihres Nahmens
doͤrfte den Werth ihrer Schriften ſelbſt nicht
wenig verringern und verdunkeln; zumahlen wenn
ſie ſich vorſtellen, daß man es ſehr gewohnt iſt,
von dem Ruhm und Anſehen eines Verfaſſers
auf die innerliche Guͤte eines Buches zu ſchlieſſen,
und daß ein groſſer Nahme ſchon manches ſchlech-
tes Buch hat verkauffen muͤſſen, ꝛc. So leicht
es nun aber iſt, dieſe und andere dergleichen Be-
weggruͤnde, die verſchiedene Verfaſſer zur Ver-
hoͤhlung ihres Nahmens bewegen koͤnnten, aus-
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