[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 4. Zürich, 1742.Echo sondern ein Archaismus; weilen Hrn. Gott-sched und den übrigen Puristen unsrer Zeiten ge- fallen hat, dieselbe in die Reichsacht zu erklären, angesehen sie in ihrem Ursprunge ebenmässig auf ei- ne Metapher gegründet ist. Hr. Prof. Breitin- ger hat in dem zweyten Theile seiner critischen Dichtkunst in dem zweyten Abschnitte auf der 81sten Seite den Grund und Ursprung dieser Re- densart weitläuftig erkläret, und gezeiget daß sich vermessen eigentlich so viel sey, als in Reden und Thaten das Maaß der Kräfte gleichsam überstei- gen, und sich dadurch in augenscheinliche Gefahr werffen; daneben hat er behaupten wollen, daß es durch sich unterstehen als eine gleichgültige Redensart keineswegs übersetzt werden könne. Al- lein in dergleichen Glaubensartikeln müssen wir unsere Vernunft unter den Gehorsam des tyran- nischen Gebrauches gefangen nehmen, dessen Au- tonomie dieser Zeit Hr. Gottsched und seine ge- heimsten Freunde mit unbeschränkter Gewalt ver- walten. Die Wunde, welche durch Ablösung der der
Echo ſondern ein Archaiſmus; weilen Hrn. Gott-ſched und den uͤbrigen Puriſten unſrer Zeiten ge- fallen hat, dieſelbe in die Reichsacht zu erklaͤren, angeſehen ſie in ihrem Urſprunge ebenmaͤſſig auf ei- ne Metapher gegruͤndet iſt. Hr. Prof. Breitin- ger hat in dem zweyten Theile ſeiner critiſchen Dichtkunſt in dem zweyten Abſchnitte auf der 81ſten Seite den Grund und Urſprung dieſer Re- densart weitlaͤuftig erklaͤret, und gezeiget daß ſich vermeſſen eigentlich ſo viel ſey, als in Reden und Thaten das Maaß der Kraͤfte gleichſam uͤberſtei- gen, und ſich dadurch in augenſcheinliche Gefahr werffen; daneben hat er behaupten wollen, daß es durch ſich unterſtehen als eine gleichguͤltige Redensart keineswegs uͤberſetzt werden koͤnne. Al- lein in dergleichen Glaubensartikeln muͤſſen wir unſere Vernunft unter den Gehorſam des tyran- niſchen Gebrauches gefangen nehmen, deſſen Au- tonomie dieſer Zeit Hr. Gottſched und ſeine ge- heimſten Freunde mit unbeſchraͤnkter Gewalt ver- walten. Die Wunde, welche durch Abloͤſung der der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Echo</hi></fw><lb/> ſondern ein <hi rendition="#aq">Archaiſmus;</hi> weilen Hrn. <hi rendition="#fr">Gott-<lb/> ſched</hi> und den uͤbrigen Puriſten unſrer Zeiten ge-<lb/> fallen hat, dieſelbe in die Reichsacht zu erklaͤren,<lb/> angeſehen ſie in ihrem Urſprunge ebenmaͤſſig auf ei-<lb/> ne Metapher gegruͤndet iſt. Hr. Prof. <hi rendition="#fr">Breitin-<lb/> ger</hi> hat in dem zweyten Theile ſeiner <hi rendition="#fr">critiſchen<lb/> Dichtkunſt</hi> in dem zweyten Abſchnitte auf der<lb/> 81ſten Seite den Grund und Urſprung dieſer Re-<lb/> densart weitlaͤuftig erklaͤret, und gezeiget daß <hi rendition="#fr">ſich<lb/> vermeſſen</hi> eigentlich ſo viel ſey, als in Reden und<lb/> Thaten das Maaß der Kraͤfte gleichſam uͤberſtei-<lb/> gen, und ſich dadurch in augenſcheinliche Gefahr<lb/> werffen; daneben hat er behaupten wollen, daß<lb/> es durch <hi rendition="#fr">ſich unterſtehen</hi> als eine gleichguͤltige<lb/> Redensart keineswegs uͤberſetzt werden koͤnne. Al-<lb/> lein in dergleichen Glaubensartikeln muͤſſen wir<lb/> unſere Vernunft unter den Gehorſam des tyran-<lb/> niſchen Gebrauches gefangen nehmen, deſſen Au-<lb/> tonomie dieſer Zeit Hr. <hi rendition="#fr">Gottſched</hi> und ſeine ge-<lb/> heimſten Freunde mit unbeſchraͤnkter Gewalt ver-<lb/> walten.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Die Wunde, welche durch Abloͤſung der<lb/> Ribbe geſchlagen worden</hi>) Es giebt gewiſſe ver-<lb/> bluͤhmte Redensarten, die ſich auf eine landuͤbli-<lb/> che Mode oder Gewohnheit gruͤnden. Da nun<lb/> dieſe Moden und Gewohnheiten an verſchiedenen<lb/> Orten gantz verſchieden ſind; ſo muß zwar ein<lb/> Sprachverſtaͤndiger Mann <hi rendition="#fr">in allen Theilen der<lb/> Gelehrſamkeit ſich wol umgeſehen haben,</hi> wenn<lb/> er in ſeinem Ausdrucke keine Schnitzer begehen,<lb/> und andern nicht laͤcherlich werden will: Doch<lb/> koͤnnen die Leſer eben wegen dieſer Verſchiedenheit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0080]
Echo
ſondern ein Archaiſmus; weilen Hrn. Gott-
ſched und den uͤbrigen Puriſten unſrer Zeiten ge-
fallen hat, dieſelbe in die Reichsacht zu erklaͤren,
angeſehen ſie in ihrem Urſprunge ebenmaͤſſig auf ei-
ne Metapher gegruͤndet iſt. Hr. Prof. Breitin-
ger hat in dem zweyten Theile ſeiner critiſchen
Dichtkunſt in dem zweyten Abſchnitte auf der
81ſten Seite den Grund und Urſprung dieſer Re-
densart weitlaͤuftig erklaͤret, und gezeiget daß ſich
vermeſſen eigentlich ſo viel ſey, als in Reden und
Thaten das Maaß der Kraͤfte gleichſam uͤberſtei-
gen, und ſich dadurch in augenſcheinliche Gefahr
werffen; daneben hat er behaupten wollen, daß
es durch ſich unterſtehen als eine gleichguͤltige
Redensart keineswegs uͤberſetzt werden koͤnne. Al-
lein in dergleichen Glaubensartikeln muͤſſen wir
unſere Vernunft unter den Gehorſam des tyran-
niſchen Gebrauches gefangen nehmen, deſſen Au-
tonomie dieſer Zeit Hr. Gottſched und ſeine ge-
heimſten Freunde mit unbeſchraͤnkter Gewalt ver-
walten.
Die Wunde, welche durch Abloͤſung der
Ribbe geſchlagen worden) Es giebt gewiſſe ver-
bluͤhmte Redensarten, die ſich auf eine landuͤbli-
che Mode oder Gewohnheit gruͤnden. Da nun
dieſe Moden und Gewohnheiten an verſchiedenen
Orten gantz verſchieden ſind; ſo muß zwar ein
Sprachverſtaͤndiger Mann in allen Theilen der
Gelehrſamkeit ſich wol umgeſehen haben, wenn
er in ſeinem Ausdrucke keine Schnitzer begehen,
und andern nicht laͤcherlich werden will: Doch
koͤnnen die Leſer eben wegen dieſer Verſchiedenheit
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |