[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 5. Zürich, 1742.Mauvillons Brief nen Ausländern, die über ihre Sprache urthei-len wollen. Sie werffen euch gleich vor, ihr verstehet sie ja nicht. Würdet ihr sie besser re- den, als Cicero Latein geredet hat, so versteher ihr sie nicht, wenn ihr sie nicht erhebet. Aber nur ein wenig Geduld, so will ich euch Die (Vielleicht bin ich der erste Deutsche, der aus französischen
Briefen etwas in deutsche Verse übersezt.) Wer so viel kan, der ist gewiß im Stande, zu urtheilen, ob der Meiß- ner oder der Bayer das beste Deutsch sprechen, so wie ein Deutscher, der etwa an der Garonne, mit sehr leich- ter Mühe, ein Cadedis gelernet hätte, nachdem fähig seyn würde, über den Vaugelas Noten zu machen. Belu- stigungen des Witzes und Verstandes. Heumonat 1741. Bl. 25. Mauvillons Brief nen Auslaͤndern, die uͤber ihre Sprache urthei-len wollen. Sie werffen euch gleich vor, ihr verſtehet ſie ja nicht. Wuͤrdet ihr ſie beſſer re- den, als Cicero Latein geredet hat, ſo verſteher ihr ſie nicht, wenn ihr ſie nicht erhebet. Aber nur ein wenig Geduld, ſo will ich euch Die (Vielleicht bin ich der erſte Deutſche, der aus franzoͤſiſchen
Briefen etwas in deutſche Verſe uͤberſezt.) Wer ſo viel kan, der iſt gewiß im Stande, zu urtheilen, ob der Meiß- ner oder der Bayer das beſte Deutſch ſprechen, ſo wie ein Deutſcher, der etwa an der Garonne, mit ſehr leich- ter Muͤhe, ein Cadedis gelernet haͤtte, nachdem faͤhig ſeyn wuͤrde, uͤber den Vaugelas Noten zu machen. Belu- ſtigungen des Witzes und Verſtandes. Heumonat 1741. Bl. 25. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0006" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Mauvillons Brief</hi></fw><lb/> nen Auslaͤndern, die uͤber ihre Sprache urthei-<lb/> len wollen. Sie werffen euch gleich vor, <hi rendition="#fr">ihr<lb/> verſtehet ſie ja nicht.</hi> Wuͤrdet ihr ſie beſſer re-<lb/> den, als Cicero Latein geredet hat, <hi rendition="#fr">ſo verſteher<lb/> ihr ſie nicht,</hi> wenn ihr ſie nicht erhebet.</p><lb/> <p>Aber nur ein wenig Geduld, ſo will ich euch<lb/> uͤberzeugen, daß ich dieſen Filtz nicht verdiene.<lb/> Jch bekenne, es ſind viel Auslaͤnder, und vor-<lb/> nehmlich viel Franzoſen, welche kein deutſches<lb/> Wort verſtehen, und doch von dieſer Sprache<lb/> nach ihrem Kopfe reden. Sie ſagen nie was<lb/> gutes von ihr, und wenn man nachſinnet, wo-<lb/> her das komme, ſieht man bald, daß ſie aus<lb/> anderer Leute Munde reden, oder daß ſie dieſe<lb/> Sprache nur aus Verdruſſe verachten, weil ſie<lb/> dieſelbe nicht haben lernen koͤnnen. Da ich mir<lb/> eine Ehre darinnen ſuche, daß ich nichts ohne<lb/> Beweis vorbringe, ſo will ich auch meine Ur-<lb/> theile auf weit feſtere Gruͤnde ſetzen. Jhr ſollet<lb/> mir zum wenigſten zugeſtehen, daß ich keinen<lb/> Schluß auf die ungewiſſen Vorurtheile des Poͤ-<lb/> bels ſetze, ſondern einige Einſicht in die Natur<lb/> der Sache ſelbſt zum Grund lege.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> <note xml:id="a001b" prev="#a001" place="foot">(Vielleicht bin ich der erſte Deutſche, der aus franzoͤſiſchen<lb/> Briefen etwas in deutſche Verſe uͤberſezt.) <hi rendition="#fr">Wer ſo viel<lb/> kan, der iſt gewiß im Stande, zu urtheilen, ob der Meiß-<lb/> ner oder der Bayer das beſte Deutſch ſprechen,</hi> ſo wie<lb/> ein Deutſcher, der etwa an der Garonne, mit ſehr leich-<lb/> ter Muͤhe, ein <hi rendition="#aq">Cadedis</hi> gelernet haͤtte, nachdem faͤhig ſeyn<lb/> wuͤrde, uͤber den Vaugelas Noten zu machen. <hi rendition="#fr">Belu-<lb/> ſtigungen des Witzes und Verſtandes. Heumonat</hi> 1741.<lb/> Bl. 25.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0006]
Mauvillons Brief
nen Auslaͤndern, die uͤber ihre Sprache urthei-
len wollen. Sie werffen euch gleich vor, ihr
verſtehet ſie ja nicht. Wuͤrdet ihr ſie beſſer re-
den, als Cicero Latein geredet hat, ſo verſteher
ihr ſie nicht, wenn ihr ſie nicht erhebet.
Aber nur ein wenig Geduld, ſo will ich euch
uͤberzeugen, daß ich dieſen Filtz nicht verdiene.
Jch bekenne, es ſind viel Auslaͤnder, und vor-
nehmlich viel Franzoſen, welche kein deutſches
Wort verſtehen, und doch von dieſer Sprache
nach ihrem Kopfe reden. Sie ſagen nie was
gutes von ihr, und wenn man nachſinnet, wo-
her das komme, ſieht man bald, daß ſie aus
anderer Leute Munde reden, oder daß ſie dieſe
Sprache nur aus Verdruſſe verachten, weil ſie
dieſelbe nicht haben lernen koͤnnen. Da ich mir
eine Ehre darinnen ſuche, daß ich nichts ohne
Beweis vorbringe, ſo will ich auch meine Ur-
theile auf weit feſtere Gruͤnde ſetzen. Jhr ſollet
mir zum wenigſten zugeſtehen, daß ich keinen
Schluß auf die ungewiſſen Vorurtheile des Poͤ-
bels ſetze, ſondern einige Einſicht in die Natur
der Sache ſelbſt zum Grund lege.
Die
(Vielleicht bin ich der erſte Deutſche, der aus franzoͤſiſchen
Briefen etwas in deutſche Verſe uͤberſezt.) Wer ſo viel
kan, der iſt gewiß im Stande, zu urtheilen, ob der Meiß-
ner oder der Bayer das beſte Deutſch ſprechen, ſo wie
ein Deutſcher, der etwa an der Garonne, mit ſehr leich-
ter Muͤhe, ein Cadedis gelernet haͤtte, nachdem faͤhig ſeyn
wuͤrde, uͤber den Vaugelas Noten zu machen. Belu-
ſtigungen des Witzes und Verſtandes. Heumonat 1741.
Bl. 25.
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