Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
Echo
"vernünftigen Weltmanne schon so oft gesagt
"worden ist, daß ein kluger Spötter, der mit
"seinen lustigen Einfällen würcklich hochgeschäzt
"zu werden suche, sich allezeit, wenn er auch
"die gantze Welt antaste, doch von dem, was
"mit der Religion einen Zusammenhang hat,
"in einer gewissen Weite entfernt halten müsse:

"Sonst müsse er sich gefallen lassen, daß ihn
"hitzige Eiferer einen Religionsspötter nennten:
"Leute von kälterer Natur aber sagten, daß,
"wenn er gleich die Religion vielleicht nicht eben
"lächerlich zu machen suche, er sich doch wenig-
"stens auch nicht viel aus der Religion mache.
"Jch setze nur dieses hinzu: Die Schrift ist uns
"einmahl zu dem allerernsthaftesten Zwecke, und
"nicht zum Lustigthun und Lächerlichmachen, ge-
"geben worden." etc. etc.

Diese Strafpredigt ist in der That höchstbe-
gründt, und in unsren Tagen, da ein unver-
schämter Spottgeist in die Welt ausgegangen,
wohl zu gebrauchen: Aber sie bleibt dabey in
ihrer besondern Anwendung auf dem angeführ-
ten Blatte höchstungerecht, und eine Art der
Verleumdung, so lange nicht erwiesen ist, oder
erwiesen werden kan, daß Pontius Pila-
tus, Herodes,
und die Königinn von Saba,
darum weil sie in der Heil. Bibel angeführt wer-
den, mit der Religion einen nothwendigen Zu-
sammenhang haben. Was das Exempel Hero-
des insbesondere angehet, so hat der Heil. Ge-
schichtschreiber Matthäus die erschreckliche Ge-
schichte von dem betlehemitischen Kindermorde

aus
Echo
„vernuͤnftigen Weltmanne ſchon ſo oft geſagt
„worden iſt, daß ein kluger Spoͤtter, der mit
„ſeinen luſtigen Einfaͤllen wuͤrcklich hochgeſchaͤzt
„zu werden ſuche, ſich allezeit, wenn er auch
„die gantze Welt antaſte, doch von dem, was
„mit der Religion einen Zuſammenhang hat,
„in einer gewiſſen Weite entfernt halten muͤſſe:

„Sonſt muͤſſe er ſich gefallen laſſen, daß ihn
„hitzige Eiferer einen Religionsſpoͤtter nennten:
„Leute von kaͤlterer Natur aber ſagten, daß,
„wenn er gleich die Religion vielleicht nicht eben
„laͤcherlich zu machen ſuche, er ſich doch wenig-
„ſtens auch nicht viel aus der Religion mache.
„Jch ſetze nur dieſes hinzu: Die Schrift iſt uns
„einmahl zu dem allerernſthafteſten Zwecke, und
„nicht zum Luſtigthun und Laͤcherlichmachen, ge-
„geben worden.„ ꝛc. ꝛc.

Dieſe Strafpredigt iſt in der That hoͤchſtbe-
gruͤndt, und in unſren Tagen, da ein unver-
ſchaͤmter Spottgeiſt in die Welt ausgegangen,
wohl zu gebrauchen: Aber ſie bleibt dabey in
ihrer beſondern Anwendung auf dem angefuͤhr-
ten Blatte hoͤchſtungerecht, und eine Art der
Verleumdung, ſo lange nicht erwieſen iſt, oder
erwieſen werden kan, daß Pontius Pila-
tus, Herodes,
und die Koͤniginn von Saba,
darum weil ſie in der Heil. Bibel angefuͤhrt wer-
den, mit der Religion einen nothwendigen Zu-
ſammenhang haben. Was das Exempel Hero-
des insbeſondere angehet, ſo hat der Heil. Ge-
ſchichtſchreiber Matthaͤus die erſchreckliche Ge-
ſchichte von dem betlehemitiſchen Kindermorde

aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <cit>
            <quote><pb facs="#f0010" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Echo</hi></hi></fw><lb/>
&#x201E;vernu&#x0364;nftigen Weltmanne &#x017F;chon &#x017F;o oft ge&#x017F;agt<lb/>
&#x201E;worden i&#x017F;t, daß ein kluger Spo&#x0364;tter, der mit<lb/>
&#x201E;&#x017F;einen lu&#x017F;tigen Einfa&#x0364;llen wu&#x0364;rcklich hochge&#x017F;cha&#x0364;zt<lb/>
&#x201E;zu werden &#x017F;uche, &#x017F;ich allezeit, wenn er auch<lb/>
&#x201E;die gantze Welt anta&#x017F;te, doch von dem, <hi rendition="#fr">was<lb/>
&#x201E;mit der Religion einen Zu&#x017F;ammenhang hat,<lb/>
&#x201E;in einer gewi&#x017F;&#x017F;en Weite entfernt halten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e:</hi><lb/>
&#x201E;Son&#x017F;t mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e er &#x017F;ich gefallen la&#x017F;&#x017F;en, daß ihn<lb/>
&#x201E;hitzige Eiferer einen Religions&#x017F;po&#x0364;tter nennten:<lb/>
&#x201E;Leute von ka&#x0364;lterer Natur aber &#x017F;agten, daß,<lb/>
&#x201E;wenn er gleich die Religion vielleicht nicht <hi rendition="#g">eben</hi><lb/>
&#x201E;la&#x0364;cherlich zu machen &#x017F;uche, er &#x017F;ich doch wenig-<lb/>
&#x201E;&#x017F;tens auch nicht viel aus der Religion mache.<lb/>
&#x201E;Jch &#x017F;etze nur die&#x017F;es hinzu: Die Schrift i&#x017F;t uns<lb/>
&#x201E;einmahl zu dem allerern&#x017F;thafte&#x017F;ten Zwecke, und<lb/>
&#x201E;nicht zum Lu&#x017F;tigthun und La&#x0364;cherlichmachen, ge-<lb/>
&#x201E;geben worden.&#x201E; &#xA75B;c. &#xA75B;c.</quote>
          </cit><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Strafpredigt i&#x017F;t in der That ho&#x0364;ch&#x017F;tbe-<lb/>
gru&#x0364;ndt, und in un&#x017F;ren Tagen, da ein unver-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mter Spottgei&#x017F;t in die Welt ausgegangen,<lb/>
wohl zu gebrauchen: Aber &#x017F;ie bleibt dabey in<lb/>
ihrer be&#x017F;ondern Anwendung auf dem angefu&#x0364;hr-<lb/>
ten Blatte ho&#x0364;ch&#x017F;tungerecht, und eine Art der<lb/>
Verleumdung, &#x017F;o lange nicht erwie&#x017F;en i&#x017F;t, oder<lb/>
erwie&#x017F;en werden kan, daß <hi rendition="#fr">Pontius Pila-<lb/>
tus, Herodes,</hi> und <hi rendition="#fr">die Ko&#x0364;niginn von Saba,</hi><lb/>
darum weil &#x017F;ie in der Heil. Bibel angefu&#x0364;hrt wer-<lb/>
den, mit der Religion einen nothwendigen Zu-<lb/>
&#x017F;ammenhang haben. Was das Exempel Hero-<lb/>
des insbe&#x017F;ondere angehet, &#x017F;o hat der Heil. Ge-<lb/>
&#x017F;chicht&#x017F;chreiber Mattha&#x0364;us die er&#x017F;chreckliche Ge-<lb/>
&#x017F;chichte von dem betlehemiti&#x017F;chen Kindermorde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0010] Echo „vernuͤnftigen Weltmanne ſchon ſo oft geſagt „worden iſt, daß ein kluger Spoͤtter, der mit „ſeinen luſtigen Einfaͤllen wuͤrcklich hochgeſchaͤzt „zu werden ſuche, ſich allezeit, wenn er auch „die gantze Welt antaſte, doch von dem, was „mit der Religion einen Zuſammenhang hat, „in einer gewiſſen Weite entfernt halten muͤſſe: „Sonſt muͤſſe er ſich gefallen laſſen, daß ihn „hitzige Eiferer einen Religionsſpoͤtter nennten: „Leute von kaͤlterer Natur aber ſagten, daß, „wenn er gleich die Religion vielleicht nicht eben „laͤcherlich zu machen ſuche, er ſich doch wenig- „ſtens auch nicht viel aus der Religion mache. „Jch ſetze nur dieſes hinzu: Die Schrift iſt uns „einmahl zu dem allerernſthafteſten Zwecke, und „nicht zum Luſtigthun und Laͤcherlichmachen, ge- „geben worden.„ ꝛc. ꝛc. Dieſe Strafpredigt iſt in der That hoͤchſtbe- gruͤndt, und in unſren Tagen, da ein unver- ſchaͤmter Spottgeiſt in die Welt ausgegangen, wohl zu gebrauchen: Aber ſie bleibt dabey in ihrer beſondern Anwendung auf dem angefuͤhr- ten Blatte hoͤchſtungerecht, und eine Art der Verleumdung, ſo lange nicht erwieſen iſt, oder erwieſen werden kan, daß Pontius Pila- tus, Herodes, und die Koͤniginn von Saba, darum weil ſie in der Heil. Bibel angefuͤhrt wer- den, mit der Religion einen nothwendigen Zu- ſammenhang haben. Was das Exempel Hero- des insbeſondere angehet, ſo hat der Heil. Ge- ſchichtſchreiber Matthaͤus die erſchreckliche Ge- ſchichte von dem betlehemitiſchen Kindermorde aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/10
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/10>, abgerufen am 21.11.2024.