Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

zur III. Gottsch. Dichtk.
Habe ich aber, was den miltonischen Geschmack
betrifft, den man uns, nach Verbannung des
marinischen, mit Gewalt aufdringen y will,

mich
IX. Cap. 17. §. So daß der Nahme Hrn. Prof. Bodmers
in der neuen Auflage nirgends mehr zu lesen vorkömmt,
als in dem Register, welches unverändert geblieben.
y Man will uns den Miltonischen Geschmack mit
Gewalt aufdringen)
Hr. Prof. Gottsched will durch diese
Klage seinen Eifer, den er wider das besorgliche Uebel
des Miltonischen Geschmacks in denen wichtigen Zusätzen
des neuen Versuches einer crit. Dichtkunst mit einer ihm
sonst nicht gewohnten Ernsthaftigkeit ausgestossen hat, um
etwas entschuldigen: Es scheint, daß er die förmliche
Ablehnung des Verdachts daß die Schweitzerische Na-
tion sich habe überreden lassen, an Miltons verlohrnem
Paradiese einen Geschmack zu finden,
nur für einen blos-
sen Schertz aufgenommen habe; sonst würde er wohl er-
kennt haben, daß die Gefahr diesfalls von Seite der
schweizerischen Nation keineswegs so groß sey, als er in
seinem fantasierenden Kopfe zu träumen Lust hat. Und
ich wollte mich viel eher unterstehen, einen Raben zu blei-
chen, oder einen Mohren weiß zu waschen, als den steif-
fen Sinn dieses eigenmächtigen Richters in andere Falten
zu biegen, oder ihm etwas aufzudringen, daran er sich
verredet hat, keinen Geschmack zu finden. Jch will diese
wichtigen Zusätze, die ihm sein Eifer wieder den einreis-
senden miltonischen Geschmack in die Feder geflösset hat,
und wodurch er sein Mißfallen an Miltons Gedichte mit
einem richterlichen Ansehen, und mit solchen Ausdrückun-
gen, die er sonst ungerne braucht,
entdecket, hier bey-
fügen, damit jedermann die nachdrückliche und immer
sieghafte Schreibart dieses philosophischen Kunstrichters be-
wundern könne.
Hrn.

zur III. Gottſch. Dichtk.
Habe ich aber, was den miltoniſchen Geſchmack
betrifft, den man uns, nach Verbannung des
mariniſchen, mit Gewalt aufdringen y will,

mich
IX. Cap. 17. §. So daß der Nahme Hrn. Prof. Bodmers
in der neuen Auflage nirgends mehr zu leſen vorkoͤmmt,
als in dem Regiſter, welches unveraͤndert geblieben.
y Man will uns den Miltoniſchen Geſchmack mit
Gewalt aufdringen)
Hr. Prof. Gottſched will durch dieſe
Klage ſeinen Eifer, den er wider das beſorgliche Uebel
des Miltoniſchen Geſchmacks in denen wichtigen Zuſaͤtzen
des neuen Verſuches einer crit. Dichtkunſt mit einer ihm
ſonſt nicht gewohnten Ernſthaftigkeit ausgeſtoſſen hat, um
etwas entſchuldigen: Es ſcheint, daß er die foͤrmliche
Ablehnung des Verdachts daß die Schweitzeriſche Na-
tion ſich habe uͤberreden laſſen, an Miltons verlohrnem
Paradieſe einen Geſchmack zu finden,
nur fuͤr einen bloſ-
ſen Schertz aufgenommen habe; ſonſt wuͤrde er wohl er-
kennt haben, daß die Gefahr diesfalls von Seite der
ſchweizeriſchen Nation keineswegs ſo groß ſey, als er in
ſeinem fantaſierenden Kopfe zu traͤumen Luſt hat. Und
ich wollte mich viel eher unterſtehen, einen Raben zu blei-
chen, oder einen Mohren weiß zu waſchen, als den ſteif-
fen Sinn dieſes eigenmaͤchtigen Richters in andere Falten
zu biegen, oder ihm etwas aufzudringen, daran er ſich
verredet hat, keinen Geſchmack zu finden. Jch will dieſe
wichtigen Zuſaͤtze, die ihm ſein Eifer wieder den einreiſ-
ſenden miltoniſchen Geſchmack in die Feder gefloͤſſet hat,
und wodurch er ſein Mißfallen an Miltons Gedichte mit
einem richterlichen Anſehen, und mit ſolchen Ausdruͤckun-
gen, die er ſonſt ungerne braucht,
entdecket, hier bey-
fuͤgen, damit jedermann die nachdruͤckliche und immer
ſieghafte Schreibart dieſes philoſophiſchen Kunſtrichters be-
wundern koͤnne.
Hrn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0127" n="127"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zur <hi rendition="#aq">III.</hi> Gott&#x017F;ch. Dichtk.</hi></fw><lb/>
Habe ich aber, was den miltoni&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack<lb/>
betrifft, den man uns, nach Verbannung des<lb/>
marini&#x017F;chen, mit Gewalt aufdringen <note xml:id="f06" next="#f07" place="foot" n="y"><hi rendition="#fr">Man will uns den Miltoni&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack mit<lb/>
Gewalt aufdringen)</hi> Hr. Prof. Gott&#x017F;ched will durch die&#x017F;e<lb/>
Klage &#x017F;einen Eifer, den er wider das be&#x017F;orgliche Uebel<lb/>
des Miltoni&#x017F;chen Ge&#x017F;chmacks in denen wichtigen Zu&#x017F;a&#x0364;tzen<lb/>
des neuen Ver&#x017F;uches einer crit. Dichtkun&#x017F;t mit einer ihm<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t nicht gewohnten Ern&#x017F;thaftigkeit ausge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en hat, um<lb/>
etwas ent&#x017F;chuldigen: Es &#x017F;cheint, daß er die fo&#x0364;rmliche<lb/><hi rendition="#fr">Ablehnung des Verdachts daß die Schweitzeri&#x017F;che Na-<lb/>
tion &#x017F;ich habe u&#x0364;berreden la&#x017F;&#x017F;en, an Miltons verlohrnem<lb/>
Paradie&#x017F;e einen Ge&#x017F;chmack zu finden,</hi> nur fu&#x0364;r einen blo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Schertz aufgenommen habe; &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rde er wohl er-<lb/>
kennt haben, daß die Gefahr diesfalls von Seite der<lb/>
&#x017F;chweizeri&#x017F;chen Nation keineswegs &#x017F;o groß &#x017F;ey, als er in<lb/>
&#x017F;einem fanta&#x017F;ierenden Kopfe zu tra&#x0364;umen Lu&#x017F;t hat. Und<lb/>
ich wollte mich viel eher unter&#x017F;tehen, einen Raben zu blei-<lb/>
chen, oder einen Mohren weiß zu wa&#x017F;chen, als den &#x017F;teif-<lb/>
fen Sinn die&#x017F;es eigenma&#x0364;chtigen Richters in andere Falten<lb/>
zu biegen, oder ihm etwas aufzudringen, daran er &#x017F;ich<lb/>
verredet hat, keinen Ge&#x017F;chmack zu finden. Jch will die&#x017F;e<lb/>
wichtigen Zu&#x017F;a&#x0364;tze, die ihm &#x017F;ein Eifer wieder den einrei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enden miltoni&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack in die Feder geflo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et hat,<lb/>
und wodurch er &#x017F;ein Mißfallen an Miltons Gedichte mit<lb/>
einem richterlichen An&#x017F;ehen, und mit <hi rendition="#fr">&#x017F;olchen Ausdru&#x0364;ckun-<lb/>
gen, die er &#x017F;on&#x017F;t ungerne braucht,</hi> entdecket, hier bey-<lb/>
fu&#x0364;gen, damit jedermann die nachdru&#x0364;ckliche und immer<lb/>
&#x017F;ieghafte Schreibart die&#x017F;es philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Kun&#x017F;trichters be-<lb/>
wundern ko&#x0364;nne.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hrn.</fw></note> will,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mich</fw><lb/><note xml:id="f57" prev="#f56" place="foot" n="x"><hi rendition="#aq">IX.</hi> Cap. 17. §. So daß der Nahme Hrn. Prof. Bodmers<lb/>
in der neuen Auflage nirgends mehr zu le&#x017F;en vorko&#x0364;mmt,<lb/>
als in dem Regi&#x017F;ter, welches unvera&#x0364;ndert geblieben.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0127] zur III. Gottſch. Dichtk. Habe ich aber, was den miltoniſchen Geſchmack betrifft, den man uns, nach Verbannung des mariniſchen, mit Gewalt aufdringen y will, mich x y Man will uns den Miltoniſchen Geſchmack mit Gewalt aufdringen) Hr. Prof. Gottſched will durch dieſe Klage ſeinen Eifer, den er wider das beſorgliche Uebel des Miltoniſchen Geſchmacks in denen wichtigen Zuſaͤtzen des neuen Verſuches einer crit. Dichtkunſt mit einer ihm ſonſt nicht gewohnten Ernſthaftigkeit ausgeſtoſſen hat, um etwas entſchuldigen: Es ſcheint, daß er die foͤrmliche Ablehnung des Verdachts daß die Schweitzeriſche Na- tion ſich habe uͤberreden laſſen, an Miltons verlohrnem Paradieſe einen Geſchmack zu finden, nur fuͤr einen bloſ- ſen Schertz aufgenommen habe; ſonſt wuͤrde er wohl er- kennt haben, daß die Gefahr diesfalls von Seite der ſchweizeriſchen Nation keineswegs ſo groß ſey, als er in ſeinem fantaſierenden Kopfe zu traͤumen Luſt hat. Und ich wollte mich viel eher unterſtehen, einen Raben zu blei- chen, oder einen Mohren weiß zu waſchen, als den ſteif- fen Sinn dieſes eigenmaͤchtigen Richters in andere Falten zu biegen, oder ihm etwas aufzudringen, daran er ſich verredet hat, keinen Geſchmack zu finden. Jch will dieſe wichtigen Zuſaͤtze, die ihm ſein Eifer wieder den einreiſ- ſenden miltoniſchen Geſchmack in die Feder gefloͤſſet hat, und wodurch er ſein Mißfallen an Miltons Gedichte mit einem richterlichen Anſehen, und mit ſolchen Ausdruͤckun- gen, die er ſonſt ungerne braucht, entdecket, hier bey- fuͤgen, damit jedermann die nachdruͤckliche und immer ſieghafte Schreibart dieſes philoſophiſchen Kunſtrichters be- wundern koͤnne. Hrn. x IX. Cap. 17. §. So daß der Nahme Hrn. Prof. Bodmers in der neuen Auflage nirgends mehr zu leſen vorkoͤmmt, als in dem Regiſter, welches unveraͤndert geblieben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/127
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 6. Zürich, 1742, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung06_1742/127>, abgerufen am 14.05.2024.