Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
des sechszehnten Jahrhundert.

Eben so gut hat mir folgendes gesallen:

"Da
"gieng es in dem Wasser daher, als ob es in den
"Wellen flöge, die Ruder giengen schnelle auf
"und ab, so daß es ein Ansehen gab, als ob
"ein fremdes, ungewohntes Gevögel die Flügel
"auf dem Wasser rührete."

Den Titel der Character können wir gantz be-
quem mit den Neigungen vereinigen, weil er eben
durch die Neigungen am deutlichsten ausgedrü-
ket ist. Hier finden wir die Dankbarkeit der
Schiffenden:

"Als sie nun daselbst mit des Rheins
"gutem Glücke durch die Brücke fuhren, dan-
"keten sie ihm für die Treue."

Und als sie
durch den Wasserbruch bey Rheinfelden gekom-
men waren:

"Da lobeten sie den reinen Fluß
"daß er so gedultig und ohne Verdruß durch
"seine Standhaftigkeit die Ungestümigkeit der
"Felsen durchdränge."

Jhre Arbeitsamkeit:

"Jedoch die männlichen
"Reisegefehrten achten der Beschwerden nichts.
"Jhre ehrenhitzige Ruhmbegierde stritt ungeirret
"mit der Hitze der Sonne. Die äusserliche
"Brunst am Leib vertrieb die innerliche nicht.
"Jemehr ihr Blut erhitzet ward, desto mehr ward
"ihr Muth entzündet, etc."

Jhre Gottseligkeit
und Andacht, als sie vor Straßburg angelanget:

"Sie liessen auch dem Rhein zu Lobe die Trom-
"meln und Trompeten gehn, daß es ein gros-
"ses Freudengetöne gab. Sie danketen auch
"Gott sonderlich, der ihnen seine Geschöpfe zu
"der Schiffahrt so gnädiglich lassen dienen, das
"Wasser, das Wetter und die Sonne."

Also
des ſechszehnten Jahrhundert.

Eben ſo gut hat mir folgendes geſallen:

„Da
„gieng es in dem Waſſer daher, als ob es in den
„Wellen floͤge, die Ruder giengen ſchnelle auf
„und ab, ſo daß es ein Anſehen gab, als ob
„ein fremdes, ungewohntes Gevoͤgel die Fluͤgel
„auf dem Waſſer ruͤhrete.„

Den Titel der Character koͤnnen wir gantz be-
quem mit den Neigungen vereinigen, weil er eben
durch die Neigungen am deutlichſten ausgedruͤ-
ket iſt. Hier finden wir die Dankbarkeit der
Schiffenden:

„Als ſie nun daſelbſt mit des Rheins
„gutem Gluͤcke durch die Bruͤcke fuhren, dan-
„keten ſie ihm fuͤr die Treue.„

Und als ſie
durch den Waſſerbruch bey Rheinfelden gekom-
men waren:

„Da lobeten ſie den reinen Fluß
„daß er ſo gedultig und ohne Verdruß durch
„ſeine Standhaftigkeit die Ungeſtuͤmigkeit der
„Felſen durchdraͤnge.„

Jhre Arbeitſamkeit:

„Jedoch die maͤnnlichen
„Reiſegefehrten achten der Beſchwerden nichts.
„Jhre ehrenhitzige Ruhmbegierde ſtritt ungeirret
„mit der Hitze der Sonne. Die aͤuſſerliche
„Brunſt am Leib vertrieb die innerliche nicht.
„Jemehr ihr Blut erhitzet ward, deſto mehr ward
„ihr Muth entzuͤndet, ꝛc.„

Jhre Gottſeligkeit
und Andacht, als ſie vor Straßburg angelanget:

„Sie lieſſen auch dem Rhein zu Lobe die Trom-
„meln und Trompeten gehn, daß es ein groſ-
„ſes Freudengetoͤne gab. Sie danketen auch
„Gott ſonderlich, der ihnen ſeine Geſchoͤpfe zu
„der Schiffahrt ſo gnaͤdiglich laſſen dienen, das
„Waſſer, das Wetter und die Sonne.„

Alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0061" n="61"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des &#x017F;echszehnten Jahrhundert.</hi> </fw><lb/>
        <p>Eben &#x017F;o gut hat mir folgendes ge&#x017F;allen:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Da<lb/>
&#x201E;gieng es in dem Wa&#x017F;&#x017F;er daher, als ob es in den<lb/>
&#x201E;Wellen flo&#x0364;ge, die Ruder giengen &#x017F;chnelle auf<lb/>
&#x201E;und ab, &#x017F;o daß es ein An&#x017F;ehen gab, als ob<lb/>
&#x201E;ein fremdes, ungewohntes Gevo&#x0364;gel die Flu&#x0364;gel<lb/>
&#x201E;auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er ru&#x0364;hrete.&#x201E;</quote>
        </cit><lb/>
        <p>Den Titel der <hi rendition="#fr">Character</hi> ko&#x0364;nnen wir gantz be-<lb/>
quem mit den <hi rendition="#fr">Neigungen</hi> vereinigen, weil er eben<lb/>
durch die Neigungen am deutlich&#x017F;ten ausgedru&#x0364;-<lb/>
ket i&#x017F;t. Hier finden wir die Dankbarkeit der<lb/>
Schiffenden:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Als &#x017F;ie nun da&#x017F;elb&#x017F;t mit des Rheins<lb/>
&#x201E;gutem Glu&#x0364;cke durch die Bru&#x0364;cke fuhren, dan-<lb/>
&#x201E;keten &#x017F;ie ihm fu&#x0364;r die Treue.&#x201E;</quote>
        </cit>
        <p>Und als &#x017F;ie<lb/>
durch den Wa&#x017F;&#x017F;erbruch bey Rheinfelden gekom-<lb/>
men waren:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Da lobeten &#x017F;ie den reinen Fluß<lb/>
&#x201E;daß er &#x017F;o gedultig und ohne Verdruß durch<lb/>
&#x201E;&#x017F;eine Standhaftigkeit die Unge&#x017F;tu&#x0364;migkeit der<lb/>
&#x201E;Fel&#x017F;en durchdra&#x0364;nge.&#x201E;</quote>
        </cit><lb/>
        <p>Jhre Arbeit&#x017F;amkeit:</p>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Jedoch die ma&#x0364;nnlichen<lb/>
&#x201E;Rei&#x017F;egefehrten achten der Be&#x017F;chwerden nichts.<lb/>
&#x201E;Jhre ehrenhitzige Ruhmbegierde &#x017F;tritt ungeirret<lb/>
&#x201E;mit der Hitze der Sonne. Die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche<lb/>
&#x201E;Brun&#x017F;t am Leib vertrieb die innerliche nicht.<lb/>
&#x201E;Jemehr ihr Blut erhitzet ward, de&#x017F;to mehr ward<lb/>
&#x201E;ihr Muth entzu&#x0364;ndet, &#xA75B;c.&#x201E;</quote>
        </cit>
        <p>Jhre Gott&#x017F;eligkeit<lb/>
und Andacht, als &#x017F;ie vor Straßburg angelanget:</p><lb/>
        <cit>
          <quote>&#x201E;Sie lie&#x017F;&#x017F;en auch dem Rhein zu Lobe die Trom-<lb/>
&#x201E;meln und Trompeten gehn, daß es ein gro&#x017F;-<lb/>
&#x201E;&#x017F;es Freudengeto&#x0364;ne gab. Sie danketen auch<lb/>
&#x201E;Gott &#x017F;onderlich, der ihnen &#x017F;eine Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe zu<lb/>
&#x201E;der Schiffahrt &#x017F;o gna&#x0364;diglich la&#x017F;&#x017F;en dienen, das<lb/>
&#x201E;Wa&#x017F;&#x017F;er, das Wetter und die Sonne.&#x201E;</quote>
        </cit><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Al&#x017F;o</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0061] des ſechszehnten Jahrhundert. Eben ſo gut hat mir folgendes geſallen: „Da „gieng es in dem Waſſer daher, als ob es in den „Wellen floͤge, die Ruder giengen ſchnelle auf „und ab, ſo daß es ein Anſehen gab, als ob „ein fremdes, ungewohntes Gevoͤgel die Fluͤgel „auf dem Waſſer ruͤhrete.„ Den Titel der Character koͤnnen wir gantz be- quem mit den Neigungen vereinigen, weil er eben durch die Neigungen am deutlichſten ausgedruͤ- ket iſt. Hier finden wir die Dankbarkeit der Schiffenden: „Als ſie nun daſelbſt mit des Rheins „gutem Gluͤcke durch die Bruͤcke fuhren, dan- „keten ſie ihm fuͤr die Treue.„ Und als ſie durch den Waſſerbruch bey Rheinfelden gekom- men waren: „Da lobeten ſie den reinen Fluß „daß er ſo gedultig und ohne Verdruß durch „ſeine Standhaftigkeit die Ungeſtuͤmigkeit der „Felſen durchdraͤnge.„ Jhre Arbeitſamkeit: „Jedoch die maͤnnlichen „Reiſegefehrten achten der Beſchwerden nichts. „Jhre ehrenhitzige Ruhmbegierde ſtritt ungeirret „mit der Hitze der Sonne. Die aͤuſſerliche „Brunſt am Leib vertrieb die innerliche nicht. „Jemehr ihr Blut erhitzet ward, deſto mehr ward „ihr Muth entzuͤndet, ꝛc.„ Jhre Gottſeligkeit und Andacht, als ſie vor Straßburg angelanget: „Sie lieſſen auch dem Rhein zu Lobe die Trom- „meln und Trompeten gehn, daß es ein groſ- „ſes Freudengetoͤne gab. Sie danketen auch „Gott ſonderlich, der ihnen ſeine Geſchoͤpfe zu „der Schiffahrt ſo gnaͤdiglich laſſen dienen, das „Waſſer, das Wetter und die Sonne.„ Alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/61
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/61>, abgerufen am 09.11.2024.