[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.
Dieses Gedichte ist durchgehends ernsthaf- Wenn
Dieſes Gedichte iſt durchgehends ernſthaf- Wenn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <cit> <quote><pb facs="#f0072" n="72"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Poeſie</hi></fw><lb/> „herrſcher des Aufganges und der edlen Per-<lb/> „ſer, welcher neun hundert tauſend Mann<lb/> „wider die Griechen angefuͤhrt, als er ſehr<lb/> „groſſen Verluſt zur See gelitten, ſey er ſo<lb/> „ſehr ergrimmet, daß er das Meer habe geiſ-<lb/> „ſein laſſen, und Ketten darein geworffen,<lb/> „es zu ſtillen, und es nach ſeinem Willen zu<lb/> „feſſeln. Aber dieſer Hohn half ihm nichts,<lb/> „er floh davon. Desgleichen hoͤret man von<lb/> „Venedig, daß ſie das Meer ihnen gnaͤdig<lb/> „zu machen, jaͤhrlich einen Ring hineinwerf-<lb/> „fen, damit es ſie wie eine Braut umfienge.<lb/> „Aber wie oft hat es ſich mit Ueberguͤſſen feind-<lb/> „lich gegen ihnen erwieſen? Wenn ſie auch<lb/> „ihrer Gemahlin wohl traueten, was doͤrfften<lb/> „ſie viel Daͤmme um daſſelbe bauen? Des-<lb/> „halben hat man eine gewiſſere Weiſe die<lb/> „Waſſer und Fluͤſſe zu zaͤhmen, daß ſie ge-<lb/> „ſchlacht und gefolgig werden, und die Leute<lb/> „ohne Beſchwerden fertigen, handfeſte Ar-<lb/> „beitſamkeit, und ſtandhafte Unverdroſſenheit,<lb/> „durch rudern, ſtoſſen, ſchalten, ꝛc.</quote> </cit><lb/> <p>Dieſes Gedichte iſt durchgehends ernſthaf-<lb/> tig, und man trifft nicht eine ſchmutzige Zeile<lb/> darinnen an, die einem ſittſamen Leſer an-<lb/> ſtoͤſſig ſeyn moͤchte. Man weis ſonſt wie hoch<lb/> es Fiſchart in der cyniſchen Sprache gebracht<lb/> hat. Jn ſeiner freyen Ueberſetzung des Gar-<lb/> gantua hat er den Rabelais ſelbſt, den Va-<lb/> ter der Lotterbuͤbiſchen Schreibart, beynahe<lb/> uͤbertroffen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [72/0072]
Von der Poeſie
„herrſcher des Aufganges und der edlen Per-
„ſer, welcher neun hundert tauſend Mann
„wider die Griechen angefuͤhrt, als er ſehr
„groſſen Verluſt zur See gelitten, ſey er ſo
„ſehr ergrimmet, daß er das Meer habe geiſ-
„ſein laſſen, und Ketten darein geworffen,
„es zu ſtillen, und es nach ſeinem Willen zu
„feſſeln. Aber dieſer Hohn half ihm nichts,
„er floh davon. Desgleichen hoͤret man von
„Venedig, daß ſie das Meer ihnen gnaͤdig
„zu machen, jaͤhrlich einen Ring hineinwerf-
„fen, damit es ſie wie eine Braut umfienge.
„Aber wie oft hat es ſich mit Ueberguͤſſen feind-
„lich gegen ihnen erwieſen? Wenn ſie auch
„ihrer Gemahlin wohl traueten, was doͤrfften
„ſie viel Daͤmme um daſſelbe bauen? Des-
„halben hat man eine gewiſſere Weiſe die
„Waſſer und Fluͤſſe zu zaͤhmen, daß ſie ge-
„ſchlacht und gefolgig werden, und die Leute
„ohne Beſchwerden fertigen, handfeſte Ar-
„beitſamkeit, und ſtandhafte Unverdroſſenheit,
„durch rudern, ſtoſſen, ſchalten, ꝛc.
Dieſes Gedichte iſt durchgehends ernſthaf-
tig, und man trifft nicht eine ſchmutzige Zeile
darinnen an, die einem ſittſamen Leſer an-
ſtoͤſſig ſeyn moͤchte. Man weis ſonſt wie hoch
es Fiſchart in der cyniſchen Sprache gebracht
hat. Jn ſeiner freyen Ueberſetzung des Gar-
gantua hat er den Rabelais ſelbſt, den Va-
ter der Lotterbuͤbiſchen Schreibart, beynahe
uͤbertroffen.
Wenn
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