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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743.

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Abentheuer von der Aeneis
Et campos, ubi Troja fuit, feror exul in altum
Cum sociis, natoque, penatibus, & magnis Diis.

hatte mein Schüler dergestalt gegeben:

Da ich mein Vaterland und Trojens Port verließ,
Da weint ich; und mein Sohn, und die so bey uns waren
Sind mit der Götter Schutz ins Elend abgefahren.

Bey dieser Stelle hieß ich ihn anmercken, daß er
durch seine Uebersetzung den Nebenumstand lacri-
mans
in die Haupthandlung verkehret, und da-
durch den Zusammenhang der Erzehlung und den
Character des Helden übel verderbet; ferner daß
er die nachdrückliche Ausdrükung: Et campos ubi
Troja fuit,
welche daneben die Thränen des Hel-
den rechtfertiget, gäntzlich aus der Acht gelassen;
drittens, daß er den in Thränen zerfliessenden
Helden durch seinen zweydeutigen Ausdruck an
dem Ufer seines Vaterlandes stehen lassen, und
bloß allein gesagt hätte, der Sohn des Aeneas
wäre mit einigen andern Gefährten ins Elend ab-
gefahren. Endlich, daß er Virgils Absicht bey den
letzten Worten gar nicht gemercket, wenn es im
Deutschen heißt, sie seyn mit der Götter Schutz
ins Elend abgefahren,
an statt daß Aeneas
beym Virgil durch die Nahmhaftmachung der
gantzen Reisegesellschaft vielmehr anzeigen wollen,
daß die Götter selbst kein besseres Loos betrof-
fen hätte, sondern daß sie selbst, nachdem ihr
voriger Aufenthalt im Grunde zerstört worden,
mit in das Elend hätten fortwandern müssen.

Gleich anfänglich, als ich den Vers gelesen
hatte:

Mach
Abentheuer von der Aeneis
Et campos, ubi Troja fuit, feror exul in altum
Cum ſociis, natoque, penatibus, & magnis Diis.

hatte mein Schuͤler dergeſtalt gegeben:

Da ich mein Vaterland und Trojens Port verließ,
Da weint ich; und mein Sohn, und die ſo bey uns waren
Sind mit der Goͤtter Schutz ins Elend abgefahren.

Bey dieſer Stelle hieß ich ihn anmercken, daß er
durch ſeine Ueberſetzung den Nebenumſtand lacri-
mans
in die Haupthandlung verkehret, und da-
durch den Zuſammenhang der Erzehlung und den
Character des Helden uͤbel verderbet; ferner daß
er die nachdruͤckliche Ausdruͤkung: Et campos ubi
Troja fuit,
welche daneben die Thraͤnen des Hel-
den rechtfertiget, gaͤntzlich aus der Acht gelaſſen;
drittens, daß er den in Thraͤnen zerflieſſenden
Helden durch ſeinen zweydeutigen Ausdruck an
dem Ufer ſeines Vaterlandes ſtehen laſſen, und
bloß allein geſagt haͤtte, der Sohn des Aeneas
waͤre mit einigen andern Gefaͤhrten ins Elend ab-
gefahren. Endlich, daß er Virgils Abſicht bey den
letzten Worten gar nicht gemercket, wenn es im
Deutſchen heißt, ſie ſeyn mit der Goͤtter Schutz
ins Elend abgefahren,
an ſtatt daß Aeneas
beym Virgil durch die Nahmhaftmachung der
gantzen Reiſegeſellſchaft vielmehr anzeigen wollen,
daß die Goͤtter ſelbſt kein beſſeres Loos betrof-
fen haͤtte, ſondern daß ſie ſelbſt, nachdem ihr
voriger Aufenthalt im Grunde zerſtoͤrt worden,
mit in das Elend haͤtten fortwandern muͤſſen.

Gleich anfaͤnglich, als ich den Vers geleſen
hatte:

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[86/0086] Abentheuer von der Aeneis Et campos, ubi Troja fuit, feror exul in altum Cum ſociis, natoque, penatibus, & magnis Diis. hatte mein Schuͤler dergeſtalt gegeben: Da ich mein Vaterland und Trojens Port verließ, Da weint ich; und mein Sohn, und die ſo bey uns waren Sind mit der Goͤtter Schutz ins Elend abgefahren. Bey dieſer Stelle hieß ich ihn anmercken, daß er durch ſeine Ueberſetzung den Nebenumſtand lacri- mans in die Haupthandlung verkehret, und da- durch den Zuſammenhang der Erzehlung und den Character des Helden uͤbel verderbet; ferner daß er die nachdruͤckliche Ausdruͤkung: Et campos ubi Troja fuit, welche daneben die Thraͤnen des Hel- den rechtfertiget, gaͤntzlich aus der Acht gelaſſen; drittens, daß er den in Thraͤnen zerflieſſenden Helden durch ſeinen zweydeutigen Ausdruck an dem Ufer ſeines Vaterlandes ſtehen laſſen, und bloß allein geſagt haͤtte, der Sohn des Aeneas waͤre mit einigen andern Gefaͤhrten ins Elend ab- gefahren. Endlich, daß er Virgils Abſicht bey den letzten Worten gar nicht gemercket, wenn es im Deutſchen heißt, ſie ſeyn mit der Goͤtter Schutz ins Elend abgefahren, an ſtatt daß Aeneas beym Virgil durch die Nahmhaftmachung der gantzen Reiſegeſellſchaft vielmehr anzeigen wollen, daß die Goͤtter ſelbſt kein beſſeres Loos betrof- fen haͤtte, ſondern daß ſie ſelbſt, nachdem ihr voriger Aufenthalt im Grunde zerſtoͤrt worden, mit in das Elend haͤtten fortwandern muͤſſen. Gleich anfaͤnglich, als ich den Vers geleſen hatte: Mach

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 7. Zürich, 1743, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung07_1743/86>, abgerufen am 21.11.2024.