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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.

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des sechszehnten Jahrhunderts.
"hintergehen, und um meine nützliche Lehre schel-
"ten wird. Jch habe mehr derselben Narren, de-
"nen die Weisheit nicht wohl gefällt, dies Buch
"ist derselben voll, doch bitte ich einen jeden,
"daß er vielmehr Vernunft und Ehre als mich
"oder mein schwaches Gedichte ansehen wolle.
"Jch habe wahrlich nicht ohne Arbeit so viele Nar-
"ren zusammengebracht. Jch habe manchmahl
"des Nachts gewacht, da die schliefen, derer ich
"gedachte; oder vielleicht beym Spiele und Wein
"sassen, und wenig an mich dachten. Einige
"fuhren in Schlitten im Schnee herum, daß
"sie wohl halb erfroren. Andere giengen sonst
"auf Kalbesfüssen; noch andre rechneten den
"Verlust, den sie den Tag gehabt hatten, oder
"was ihnen vor Gewinn aus etwas kommen
"mögte; oder wie sie Morgens liegen und mit
"Schwätzen verkaufen, und manchen betriegen
"mögten. Denselben allen nachzudenken, wie
"ihre Weise, Worte, Wercke, mir gefallen,
"ist kein Wunder, ob ich schon oft, da es nie-
"mand hoffete, gewachet habe, damit mein Ge-
"dichte nicht gestraffet würde. Jn diesen Spie-
"gel sollen beyde Geschlechter der Menschen, die
"Männer und die Frauen hineinschauen. Jch
"meine je eines bey dem andern. Die Männer
"sind nicht die eintzigen Narren, sondern man
"findet auch viel Närrinnen, denen ich hier
"die Schleyer, die Schürtze und Voiles, mit
"Narrenkappen bedecke; auch Metzen haben Nar-
"ren-Röcke an. Sie wollen ohne dieses ietzo
"tragen, was vormahls den Männern schänd-
"lich
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des ſechszehnten Jahrhunderts.
„hintergehen, und um meine nuͤtzliche Lehre ſchel-
„ten wird. Jch habe mehr derſelben Narren, de-
„nen die Weisheit nicht wohl gefaͤllt, dies Buch
„iſt derſelben voll, doch bitte ich einen jeden,
„daß er vielmehr Vernunft und Ehre als mich
„oder mein ſchwaches Gedichte anſehen wolle.
„Jch habe wahrlich nicht ohne Arbeit ſo viele Nar-
„ren zuſammengebracht. Jch habe manchmahl
„des Nachts gewacht, da die ſchliefen, derer ich
„gedachte; oder vielleicht beym Spiele und Wein
„ſaſſen, und wenig an mich dachten. Einige
„fuhren in Schlitten im Schnee herum, daß
„ſie wohl halb erfroren. Andere giengen ſonſt
„auf Kalbesfuͤſſen; noch andre rechneten den
„Verluſt, den ſie den Tag gehabt hatten, oder
„was ihnen vor Gewinn aus etwas kommen
„moͤgte; oder wie ſie Morgens liegen und mit
„Schwaͤtzen verkaufen, und manchen betriegen
„moͤgten. Denſelben allen nachzudenken, wie
„ihre Weiſe, Worte, Wercke, mir gefallen,
„iſt kein Wunder, ob ich ſchon oft, da es nie-
„mand hoffete, gewachet habe, damit mein Ge-
„dichte nicht geſtraffet wuͤrde. Jn dieſen Spie-
„gel ſollen beyde Geſchlechter der Menſchen, die
„Maͤnner und die Frauen hineinſchauen. Jch
„meine je eines bey dem andern. Die Maͤnner
„ſind nicht die eintzigen Narren, ſondern man
„findet auch viel Naͤrrinnen, denen ich hier
„die Schleyer, die Schuͤrtze und Voiles, mit
„Narrenkappen bedecke; auch Metzen haben Nar-
„ren-Roͤcke an. Sie wollen ohne dieſes ietzo
„tragen, was vormahls den Maͤnnern ſchaͤnd-
„lich
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[7/0007] des ſechszehnten Jahrhunderts. „hintergehen, und um meine nuͤtzliche Lehre ſchel- „ten wird. Jch habe mehr derſelben Narren, de- „nen die Weisheit nicht wohl gefaͤllt, dies Buch „iſt derſelben voll, doch bitte ich einen jeden, „daß er vielmehr Vernunft und Ehre als mich „oder mein ſchwaches Gedichte anſehen wolle. „Jch habe wahrlich nicht ohne Arbeit ſo viele Nar- „ren zuſammengebracht. Jch habe manchmahl „des Nachts gewacht, da die ſchliefen, derer ich „gedachte; oder vielleicht beym Spiele und Wein „ſaſſen, und wenig an mich dachten. Einige „fuhren in Schlitten im Schnee herum, daß „ſie wohl halb erfroren. Andere giengen ſonſt „auf Kalbesfuͤſſen; noch andre rechneten den „Verluſt, den ſie den Tag gehabt hatten, oder „was ihnen vor Gewinn aus etwas kommen „moͤgte; oder wie ſie Morgens liegen und mit „Schwaͤtzen verkaufen, und manchen betriegen „moͤgten. Denſelben allen nachzudenken, wie „ihre Weiſe, Worte, Wercke, mir gefallen, „iſt kein Wunder, ob ich ſchon oft, da es nie- „mand hoffete, gewachet habe, damit mein Ge- „dichte nicht geſtraffet wuͤrde. Jn dieſen Spie- „gel ſollen beyde Geſchlechter der Menſchen, die „Maͤnner und die Frauen hineinſchauen. Jch „meine je eines bey dem andern. Die Maͤnner „ſind nicht die eintzigen Narren, ſondern man „findet auch viel Naͤrrinnen, denen ich hier „die Schleyer, die Schuͤrtze und Voiles, mit „Narrenkappen bedecke; auch Metzen haben Nar- „ren-Roͤcke an. Sie wollen ohne dieſes ietzo „tragen, was vormahls den Maͤnnern ſchaͤnd- „lich A 4

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung08_1743/7>, abgerufen am 25.11.2024.