[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 8. Zürich, 1743.des deutschen Cato. schen Regeln folgende, als die tiefsinnigsten undbrauchbarsten angemercket: Ein Trauerspiel muß fünf Aufzüge haben; die Personen müssen nicht von der Bühne gehen, oder wiederkommen, ohne zu sagen, warum; die Scenen müssen abgetheilt seyn, wann neue Personen auftreten, oder alte abgehen, weil es eine Unordnung in dem äus- serlichen Ansehen verursachere; in den Trauer- spielen muß keine lustige Person seyn; die Gleich- nisse schicken sich vor die tragische Schreibart nicht wohl; man muß sich des edeln Du der Alten be- dienen, weil es manchen Vers viel stärcker und nachdrücklicher machet, als er vorhin hat wer- den wollen. Diese und einige andere noch ver- borgenere Kunst-Regeln hat dieser Kunstlehrer in seinem Cato mit grosser Geschicklichkeit angewen- det, und ihn dadurch zu einer Vollkommenheit gebracht, daß er vor ein deutsches Originalstücke gelten kan. Darum hat er sich auch berechtiget gesehen, denselben endlich aus der Liste der Ueber- setzungen und Nachahmungen heraus zu nehmen, und mit den Horaziern, dem Timoleon und an- dern unter die deutschen Originalstücke zu stellen. (+) Und der Herr Mag. Joachim Schwabe hat lieber zu wenig als zu viel sagen wollen, als er in der ersten Vorrede zu seinen eigenen Belustigun- gen (+) Daß wir nicht bey Uebersetzungen und Nachah- mungen stehen geblieben, das zeigen ja ausser dem Cato, Titus Manlius, der Tod Cäsars, Ulysses, die Horazier, Timoleon, etc. Vorrede zum zweyten Theil der deutschen Schaubühne. [Crit. Samml. VIII. St.] F
des deutſchen Cato. ſchen Regeln folgende, als die tiefſinnigſten undbrauchbarſten angemercket: Ein Trauerſpiel muß fuͤnf Aufzuͤge haben; die Perſonen muͤſſen nicht von der Buͤhne gehen, oder wiederkommen, ohne zu ſagen, warum; die Scenen muͤſſen abgetheilt ſeyn, wann neue Perſonen auftreten, oder alte abgehen, weil es eine Unordnung in dem aͤuſ- ſerlichen Anſehen verurſachere; in den Trauer- ſpielen muß keine luſtige Perſon ſeyn; die Gleich- niſſe ſchicken ſich vor die tragiſche Schreibart nicht wohl; man muß ſich des edeln Du der Alten be- dienen, weil es manchen Vers viel ſtaͤrcker und nachdruͤcklicher machet, als er vorhin hat wer- den wollen. Dieſe und einige andere noch ver- borgenere Kunſt-Regeln hat dieſer Kunſtlehrer in ſeinem Cato mit groſſer Geſchicklichkeit angewen- det, und ihn dadurch zu einer Vollkommenheit gebracht, daß er vor ein deutſches Originalſtuͤcke gelten kan. Darum hat er ſich auch berechtiget geſehen, denſelben endlich aus der Liſte der Ueber- ſetzungen und Nachahmungen heraus zu nehmen, und mit den Horaziern, dem Timoleon und an- dern unter die deutſchen Originalſtuͤcke zu ſtellen. (†) Und der Herr Mag. Joachim Schwabe hat lieber zu wenig als zu viel ſagen wollen, als er in der erſten Vorrede zu ſeinen eigenen Beluſtigun- gen (†) Daß wir nicht bey Ueberſetzungen und Nachah- mungen ſtehen geblieben, das zeigen ja auſſer dem Cato, Titus Manlius, der Tod Caͤſars, Ulyſſes, die Horazier, Timoleon, ꝛc. Vorrede zum zweyten Theil der deutſchen Schaubuͤhne. [Crit. Sam̃l. VIII. St.] F
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="81"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des deutſchen Cato.</hi></fw><lb/> ſchen Regeln folgende, als die tiefſinnigſten und<lb/> brauchbarſten angemercket: Ein Trauerſpiel muß<lb/> fuͤnf Aufzuͤge haben; die Perſonen muͤſſen nicht<lb/> von der Buͤhne gehen, oder wiederkommen, ohne<lb/> zu ſagen, warum; die Scenen muͤſſen abgetheilt<lb/> ſeyn, wann neue Perſonen auftreten, oder alte<lb/> abgehen, <hi rendition="#fr">weil es eine Unordnung in dem aͤuſ-<lb/> ſerlichen Anſehen verurſachere;</hi> in den Trauer-<lb/> ſpielen muß keine luſtige Perſon ſeyn; die Gleich-<lb/> niſſe ſchicken ſich vor die tragiſche Schreibart nicht<lb/> wohl; man muß ſich des edeln <hi rendition="#fr">Du</hi> der Alten be-<lb/> dienen, <hi rendition="#fr">weil es manchen Vers viel ſtaͤrcker und<lb/> nachdruͤcklicher machet, als er vorhin hat wer-<lb/> den wollen.</hi> Dieſe und einige andere noch ver-<lb/> borgenere Kunſt-Regeln hat dieſer Kunſtlehrer in<lb/> ſeinem Cato mit groſſer Geſchicklichkeit angewen-<lb/> det, und ihn dadurch zu einer Vollkommenheit<lb/> gebracht, daß er vor ein deutſches Originalſtuͤcke<lb/> gelten kan. Darum hat er ſich auch berechtiget<lb/> geſehen, denſelben endlich aus der Liſte der Ueber-<lb/> ſetzungen und Nachahmungen heraus zu nehmen,<lb/> und mit den <hi rendition="#fr">Horaziern,</hi> dem <hi rendition="#fr">Timoleon</hi> und an-<lb/> dern unter die deutſchen Originalſtuͤcke zu ſtellen.<lb/><note place="foot" n="(†)">Daß wir nicht bey Ueberſetzungen und Nachah-<lb/> mungen ſtehen geblieben, das zeigen ja auſſer dem Cato,<lb/> Titus Manlius, der Tod Caͤſars, Ulyſſes, die Horazier,<lb/> Timoleon, ꝛc. <hi rendition="#fr">Vorrede zum zweyten Theil der deutſchen<lb/> Schaubuͤhne.</hi></note> Und der Herr Mag. Joachim Schwabe hat<lb/> lieber zu wenig als zu viel ſagen wollen, als er in<lb/> der erſten Vorrede zu ſeinen eigenen <hi rendition="#fr">Beluſtigun-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">[Crit. Sam̃l. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> St.] F</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">gen</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0081]
des deutſchen Cato.
ſchen Regeln folgende, als die tiefſinnigſten und
brauchbarſten angemercket: Ein Trauerſpiel muß
fuͤnf Aufzuͤge haben; die Perſonen muͤſſen nicht
von der Buͤhne gehen, oder wiederkommen, ohne
zu ſagen, warum; die Scenen muͤſſen abgetheilt
ſeyn, wann neue Perſonen auftreten, oder alte
abgehen, weil es eine Unordnung in dem aͤuſ-
ſerlichen Anſehen verurſachere; in den Trauer-
ſpielen muß keine luſtige Perſon ſeyn; die Gleich-
niſſe ſchicken ſich vor die tragiſche Schreibart nicht
wohl; man muß ſich des edeln Du der Alten be-
dienen, weil es manchen Vers viel ſtaͤrcker und
nachdruͤcklicher machet, als er vorhin hat wer-
den wollen. Dieſe und einige andere noch ver-
borgenere Kunſt-Regeln hat dieſer Kunſtlehrer in
ſeinem Cato mit groſſer Geſchicklichkeit angewen-
det, und ihn dadurch zu einer Vollkommenheit
gebracht, daß er vor ein deutſches Originalſtuͤcke
gelten kan. Darum hat er ſich auch berechtiget
geſehen, denſelben endlich aus der Liſte der Ueber-
ſetzungen und Nachahmungen heraus zu nehmen,
und mit den Horaziern, dem Timoleon und an-
dern unter die deutſchen Originalſtuͤcke zu ſtellen.
(†) Und der Herr Mag. Joachim Schwabe hat
lieber zu wenig als zu viel ſagen wollen, als er in
der erſten Vorrede zu ſeinen eigenen Beluſtigun-
gen
(†) Daß wir nicht bey Ueberſetzungen und Nachah-
mungen ſtehen geblieben, das zeigen ja auſſer dem Cato,
Titus Manlius, der Tod Caͤſars, Ulyſſes, die Horazier,
Timoleon, ꝛc. Vorrede zum zweyten Theil der deutſchen
Schaubuͤhne.
[Crit. Sam̃l. VIII. St.] F
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |