[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.bey Ankunft Martin Opitzens. Folgendes von Balth. Venator kan sich durch LAß Bündniß Bündniß seyn, die grossen Herrn behagen, Da Land und Land wird eins, sich friedlich zu betragen, Und da man Gut und Blut zusammen setzen will, Wo etwann einer käm, dem Fehd und Krieg gefiel. Es ist ein zweifflich Ding, auf Bündniß sich verlassen, Dieselbe brechen offt, gantz unverhoffter massen, Wen findst du der da hält, was er dir hat geschworn? Du suchst ihn dann bey den, die vor uns warn geborn. Bißweilen trennt die Furcht, was einmal ist verglichen, Bißweilen macht das Geld durch Bündniß einen Strichen, Bißweilen Unglück auch dieselbe schneidt entzwey; So bald Gefahr sich regt, sind Bündniß wie ein Ey. Das ist ein fester Bund, da sich die Lieb gesellet, Da sich die Liebe selbst für einen Zeugen stellet, Da Lieb ist selbst der Eid, das Pittschafft und die Hand, Der Unterhändler selbst, der Both und Abgesandt. Jn diesem Fall hat nichts das böse Glück zu hoffen, Hie hat das Glück gar offt die Hörner abgeloffen, Je mehr dasselbig wüth, je stärcker wird die Treu, Durch ungerade Tag wird nur die Liebe neu: Gleich wie die rauhe Kält, so durch und durch thut schneiden, Mag zwey in einem Bett durch sein Gewalt nicht scheiden; Je mehr die Winters-Zeit die zarte Leiber druckt, Je mehr und mehr alsdann die Lieb zur Liebe ruckt. Ein Jungfrau saß allein, und sang von Liebs-Gedancken, Sie sprach: Von dir, mein Hertz, begehr ich nicht zu wancken, Und muß ich mit dir gehn, durch Feuer, Schnee und Kält, Und durch das wilde Meer, wie zornig es sich stellt. Jch dacht in meinem Sinn, ob es solt möglich scheinen: Jch fragt die Braut darum, sie that es nicht verneinen, Sie sprach, die Kält ist warm, sie sprach, die Hitz ist kühl, Wann ich die Liebe nur in meinem Hertzen fühl. Jch fragt den Bräutigam, er solt sein Meynung sagen, Er antwort mir geschwind, ich solt mich selber fragen? Jch C 2
bey Ankunft Martin Opitzens. Folgendes von Balth. Venator kan ſich durch LAß Buͤndniß Buͤndniß ſeyn, die groſſen Herrn behagen, Da Land und Land wird eins, ſich friedlich zu betragen, Und da man Gut und Blut zuſammen ſetzen will, Wo etwann einer kaͤm, dem Fehd und Krieg gefiel. Es iſt ein zweifflich Ding, auf Buͤndniß ſich verlaſſen, Dieſelbe brechen offt, gantz unverhoffter maſſen, Wen findſt du der da haͤlt, was er dir hat geſchworn? Du ſuchſt ihn dann bey den, die vor uns warn geborn. Bißweilen trennt die Furcht, was einmal iſt verglichen, Bißweilen macht das Geld durch Buͤndniß einen Strichen, Bißweilen Ungluͤck auch dieſelbe ſchneidt entzwey; So bald Gefahr ſich regt, ſind Buͤndniß wie ein Ey. Das iſt ein feſter Bund, da ſich die Lieb geſellet, Da ſich die Liebe ſelbſt fuͤr einen Zeugen ſtellet, Da Lieb iſt ſelbſt der Eid, das Pittſchafft und die Hand, Der Unterhaͤndler ſelbſt, der Both und Abgeſandt. Jn dieſem Fall hat nichts das boͤſe Gluͤck zu hoffen, Hie hat das Gluͤck gar offt die Hoͤrner abgeloffen, Je mehr daſſelbig wuͤth, je ſtaͤrcker wird die Treu, Durch ungerade Tag wird nur die Liebe neu: Gleich wie die rauhe Kaͤlt, ſo durch und durch thut ſchneiden, Mag zwey in einem Bett durch ſein Gewalt nicht ſcheiden; Je mehr die Winters-Zeit die zarte Leiber druckt, Je mehr und mehr alsdann die Lieb zur Liebe ruckt. Ein Jungfrau ſaß allein, und ſang von Liebs-Gedancken, Sie ſprach: Von dir, mein Hertz, begehr ich nicht zu wancken, Und muß ich mit dir gehn, durch Feuer, Schnee und Kaͤlt, Und durch das wilde Meer, wie zornig es ſich ſtellt. Jch dacht in meinem Sinn, ob es ſolt moͤglich ſcheinen: Jch fragt die Braut darum, ſie that es nicht verneinen, Sie ſprach, die Kaͤlt iſt warm, ſie ſprach, die Hitz iſt kuͤhl, Wann ich die Liebe nur in meinem Hertzen fuͤhl. Jch fragt den Braͤutigam, er ſolt ſein Meynung ſagen, Er antwort mir geſchwind, ich ſolt mich ſelber fragen? Jch C 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0035" n="35"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">bey Ankunft Martin Opitzens.</hi> </fw><lb/> <p>Folgendes von Balth. Venator kan ſich durch<lb/> ſeinen ſcharffſinnigen Jnnhalt fuͤr ſich ſelbſt em-<lb/> pfehlen, ohne daß wir es durch des Verfaſſers<lb/> Freundſchaft mit Opitzen ſchuͤtzen doͤrffen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">L</hi>Aß Buͤndniß Buͤndniß ſeyn, die groſſen Herrn behagen,</l><lb/> <l>Da Land und Land wird eins, ſich friedlich zu betragen,</l><lb/> <l>Und da man Gut und Blut zuſammen ſetzen will,</l><lb/> <l>Wo etwann einer kaͤm, dem Fehd und Krieg gefiel.</l><lb/> <l>Es iſt ein zweifflich Ding, auf Buͤndniß ſich verlaſſen,</l><lb/> <l>Dieſelbe brechen offt, gantz unverhoffter maſſen,</l><lb/> <l>Wen findſt du der da haͤlt, was er dir hat geſchworn?</l><lb/> <l>Du ſuchſt ihn dann bey den, die vor uns warn geborn.</l><lb/> <l>Bißweilen trennt die Furcht, was einmal iſt verglichen,</l><lb/> <l>Bißweilen macht das Geld durch Buͤndniß einen Strichen,</l><lb/> <l>Bißweilen Ungluͤck auch dieſelbe ſchneidt entzwey;</l><lb/> <l>So bald Gefahr ſich regt, ſind Buͤndniß wie ein Ey.</l><lb/> <l>Das iſt ein feſter Bund, da ſich die Lieb geſellet,</l><lb/> <l>Da ſich die Liebe ſelbſt fuͤr einen Zeugen ſtellet,</l><lb/> <l>Da Lieb iſt ſelbſt der Eid, das Pittſchafft und die Hand,</l><lb/> <l>Der Unterhaͤndler ſelbſt, der Both und Abgeſandt.</l><lb/> <l>Jn dieſem Fall hat nichts das boͤſe Gluͤck zu hoffen,</l><lb/> <l>Hie hat das Gluͤck gar offt die Hoͤrner abgeloffen,</l><lb/> <l>Je mehr daſſelbig wuͤth, je ſtaͤrcker wird die Treu,</l><lb/> <l>Durch ungerade Tag wird nur die Liebe neu:</l><lb/> <l>Gleich wie die rauhe Kaͤlt, ſo durch und durch thut ſchneiden,</l><lb/> <l>Mag zwey in einem Bett durch ſein Gewalt nicht ſcheiden;</l><lb/> <l>Je mehr die Winters-Zeit die zarte Leiber druckt,</l><lb/> <l>Je mehr und mehr alsdann die Lieb zur Liebe ruckt.</l><lb/> <l>Ein Jungfrau ſaß allein, und ſang von Liebs-Gedancken,</l><lb/> <l>Sie ſprach: Von dir, mein Hertz, begehr ich nicht zu wancken,</l><lb/> <l>Und muß ich mit dir gehn, durch Feuer, Schnee und Kaͤlt,</l><lb/> <l>Und durch das wilde Meer, wie zornig es ſich ſtellt.</l><lb/> <l>Jch dacht in meinem Sinn, ob es ſolt moͤglich ſcheinen:</l><lb/> <l>Jch fragt die Braut darum, ſie that es nicht verneinen,</l><lb/> <l>Sie ſprach, die Kaͤlt iſt warm, ſie ſprach, die Hitz iſt kuͤhl,</l><lb/> <l>Wann ich die Liebe nur in meinem Hertzen fuͤhl.</l><lb/> <l>Jch fragt den Braͤutigam, er ſolt ſein Meynung ſagen,</l><lb/> <l>Er antwort mir geſchwind, ich ſolt mich ſelber fragen?</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [35/0035]
bey Ankunft Martin Opitzens.
Folgendes von Balth. Venator kan ſich durch
ſeinen ſcharffſinnigen Jnnhalt fuͤr ſich ſelbſt em-
pfehlen, ohne daß wir es durch des Verfaſſers
Freundſchaft mit Opitzen ſchuͤtzen doͤrffen:
LAß Buͤndniß Buͤndniß ſeyn, die groſſen Herrn behagen,
Da Land und Land wird eins, ſich friedlich zu betragen,
Und da man Gut und Blut zuſammen ſetzen will,
Wo etwann einer kaͤm, dem Fehd und Krieg gefiel.
Es iſt ein zweifflich Ding, auf Buͤndniß ſich verlaſſen,
Dieſelbe brechen offt, gantz unverhoffter maſſen,
Wen findſt du der da haͤlt, was er dir hat geſchworn?
Du ſuchſt ihn dann bey den, die vor uns warn geborn.
Bißweilen trennt die Furcht, was einmal iſt verglichen,
Bißweilen macht das Geld durch Buͤndniß einen Strichen,
Bißweilen Ungluͤck auch dieſelbe ſchneidt entzwey;
So bald Gefahr ſich regt, ſind Buͤndniß wie ein Ey.
Das iſt ein feſter Bund, da ſich die Lieb geſellet,
Da ſich die Liebe ſelbſt fuͤr einen Zeugen ſtellet,
Da Lieb iſt ſelbſt der Eid, das Pittſchafft und die Hand,
Der Unterhaͤndler ſelbſt, der Both und Abgeſandt.
Jn dieſem Fall hat nichts das boͤſe Gluͤck zu hoffen,
Hie hat das Gluͤck gar offt die Hoͤrner abgeloffen,
Je mehr daſſelbig wuͤth, je ſtaͤrcker wird die Treu,
Durch ungerade Tag wird nur die Liebe neu:
Gleich wie die rauhe Kaͤlt, ſo durch und durch thut ſchneiden,
Mag zwey in einem Bett durch ſein Gewalt nicht ſcheiden;
Je mehr die Winters-Zeit die zarte Leiber druckt,
Je mehr und mehr alsdann die Lieb zur Liebe ruckt.
Ein Jungfrau ſaß allein, und ſang von Liebs-Gedancken,
Sie ſprach: Von dir, mein Hertz, begehr ich nicht zu wancken,
Und muß ich mit dir gehn, durch Feuer, Schnee und Kaͤlt,
Und durch das wilde Meer, wie zornig es ſich ſtellt.
Jch dacht in meinem Sinn, ob es ſolt moͤglich ſcheinen:
Jch fragt die Braut darum, ſie that es nicht verneinen,
Sie ſprach, die Kaͤlt iſt warm, ſie ſprach, die Hitz iſt kuͤhl,
Wann ich die Liebe nur in meinem Hertzen fuͤhl.
Jch fragt den Braͤutigam, er ſolt ſein Meynung ſagen,
Er antwort mir geſchwind, ich ſolt mich ſelber fragen?
Jch
C 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |