[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 9. Zürich, 1749.Verworffene Gedichte. ihn verachtet, geschrieben haben; und für den Le-ser eine angenehme und nützliche Bemühung, die er- sten Grade seines Zunehmens in der poetischen Kunst zu beobachten, und den absonderlichen Fehlern nachzudencken, welche ihn in jeglichem Stücke be- wogen haben mögen, dasselbe zu verwerffen. Martin Opitzens Elegie Jhr aber wisset nichts als nur auf Gut zu sinnen,aus Dan. Heinsii Monobiblo. Und zieht bald über Feld, bald durch das wilde Meer, Ja wohin auch die Sonn hat niemals reichen können, Da bringet ihr das Gold, den schönen Koth, anher. Und ich bedarff diß nicht, was ihr an allen Enden Zu Land und Wasser sucht, das hab ich schon bey mir; Mein Gut ist, daß ich sterb in meiner Liebsten Händen, Die Strasse wandel ich gar sicher für und für. Dann jetzund wird mein Geist von ihrem Geist empfangen, Wann er das schöne Thor des Mundes kommt hinein, Jetzund ergeh ich mich bey den liebreichen Wangen, Da Venus und ihr Sohn persönlich wohnhaft seyn. Bald hat sie mir, ich ihr, den zarten Hals umgeben, Und schau, wie die Natur so trefflich sie geziert, Bald in den Aeugelein enthalt ich mir das Leben, Dahin werd ich zugleich mit Sinn und Muth geführt. Wie
Verworffene Gedichte. ihn verachtet, geſchrieben haben; und fuͤr den Le-ſer eine angenehme und nuͤtzliche Bemuͤhung, die er- ſten Grade ſeines Zunehmens in der poetiſchen Kunſt zu beobachten, und den abſonderlichen Fehlern nachzudencken, welche ihn in jeglichem Stuͤcke be- wogen haben moͤgen, daſſelbe zu verwerffen. Martin Opitzens Elegie Jhr aber wiſſet nichts als nur auf Gut zu ſinnen,aus Dan. Heinſii Monobiblo. Und zieht bald uͤber Feld, bald durch das wilde Meer, Ja wohin auch die Sonn hat niemals reichen koͤnnen, Da bringet ihr das Gold, den ſchoͤnen Koth, anher. Und ich bedarff diß nicht, was ihr an allen Enden Zu Land und Waſſer ſucht, das hab ich ſchon bey mir; Mein Gut iſt, daß ich ſterb in meiner Liebſten Haͤnden, Die Straſſe wandel ich gar ſicher fuͤr und fuͤr. Dann jetzund wird mein Geiſt von ihrem Geiſt empfangen, Wann er das ſchoͤne Thor des Mundes kommt hinein, Jetzund ergeh ich mich bey den liebreichen Wangen, Da Venus und ihr Sohn perſoͤnlich wohnhaft ſeyn. Bald hat ſie mir, ich ihr, den zarten Hals umgeben, Und ſchau, wie die Natur ſo trefflich ſie geziert, Bald in den Aeugelein enthalt ich mir das Leben, Dahin werd ich zugleich mit Sinn und Muth gefuͤhrt. Wie
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Verworffene Gedichte.
ihn verachtet, geſchrieben haben; und fuͤr den Le-
ſer eine angenehme und nuͤtzliche Bemuͤhung, die er-
ſten Grade ſeines Zunehmens in der poetiſchen Kunſt
zu beobachten, und den abſonderlichen Fehlern
nachzudencken, welche ihn in jeglichem Stuͤcke be-
wogen haben moͤgen, daſſelbe zu verwerffen.
Martin Opitzens Elegie
aus Dan. Heinſii Monobiblo.
Jhr aber wiſſet nichts als nur auf Gut zu ſinnen,
Und zieht bald uͤber Feld, bald durch das wilde Meer,
Ja wohin auch die Sonn hat niemals reichen koͤnnen,
Da bringet ihr das Gold, den ſchoͤnen Koth, anher.
Und ich bedarff diß nicht, was ihr an allen Enden
Zu Land und Waſſer ſucht, das hab ich ſchon bey mir;
Mein Gut iſt, daß ich ſterb in meiner Liebſten Haͤnden,
Die Straſſe wandel ich gar ſicher fuͤr und fuͤr.
Dann jetzund wird mein Geiſt von ihrem Geiſt empfangen,
Wann er das ſchoͤne Thor des Mundes kommt hinein,
Jetzund ergeh ich mich bey den liebreichen Wangen,
Da Venus und ihr Sohn perſoͤnlich wohnhaft ſeyn.
Bald hat ſie mir, ich ihr, den zarten Hals umgeben,
Und ſchau, wie die Natur ſo trefflich ſie geziert,
Bald in den Aeugelein enthalt ich mir das Leben,
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