[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.von David. Sie wußt wie Jonathan sich pflegte nie zu scheuen,Und hört aus seinem Wort, aus seinem dapfern Dräuen, Wie es solt Ecron gehn, drum war ihr Hertz und Sinn Voll Liebes-Traurigkeit, doch weil sie sich darinn Für ihme bergen must, weil er nicht wol kont leiden, Daß das ihr Klagen war, was er vollführt mit Freuden; Daher verschwieg sie nur, was ihr ein Trauren bracht, Und was ihr Hertz beweint, dasselb ihr Mund belacht. Die Merob und Michal die wollen bey ihr bleiben, Mit ihr die lange Weil indessen zu vertreiben,210. Und weil nun Jonathan den Abschied nehmen will, Umfäht sie ihn und spricht: Wag dich auch nicht zu viel! Er schaut sie lieblich an, und ohn ein Wort zu sprechen Setzt er sich auf sein Pferd, den Unmuth ihr zu brechen, So ritt er was er kan, gantz Jsrael war da, Ein jeder rüstet sich, weil schon der Feind so nah. Der alte Jsai wie er diß kaum vernommen, Wollt nicht, daß David sollt mit in das Treffen kommen, Weil seine Jugend ihn noch schützte, daß er nicht Dem König dienen dorfft, nach der Soldaten Pflicht;220. Drum seine ältste Söhn er nach dem Heere sandte, Dafür er David nun bey ihm zu seyn ernannte, Bis dieser Krieg fürbey, und ließ es Saul geschehn, Daß David wiederum nach Bethlehem möcht gehn; Der dann in allem sich so willig wust zu geben, Daß was man von ihm wollt, auch war sein Will und Leben. Sein hoher Heldenmuth sehnt sich zwar mit ins Heer, Doch galt des Vaters Will bey ihme noch vielmehr, Daß, als nur Saul hinweg, er gleich den Hof verliesse, Und wiederum der Art des Feldes sich beflisse,230. Aus einem Hofmann ward hinwiederum ein Hirt, Der beydes Stadt und Feld mit seinem Wesen ziert. Er hütete nunmehr, in seinem Sinn zufrieden, Die schöne Wollenheerd, wozu er war beschieden, Nichts V. 211. Und weil nun Jonathan den Abschied nehmen will)
[Spaltenumbruch] Dieser Abschied hat seine Schönheiten, indem er die Liebe der Thalmais und den Helden- muth Jonathans in sehr kleinen, aber wohl-erfundenen Umständen [Spaltenumbruch] geschickt ausdrückt. Solche sind: Daher verschwieg sie nur etc. Und was ihr Herz beweint etc. Er schaut sie lieblich an, etc. von David. Sie wußt wie Jonathan ſich pflegte nie zu ſcheuen,Und hoͤrt aus ſeinem Wort, aus ſeinem dapfern Draͤuen, Wie es ſolt Ecron gehn, drum war ihr Hertz und Sinn Voll Liebes-Traurigkeit, doch weil ſie ſich darinn Fuͤr ihme bergen muſt, weil er nicht wol kont leiden, Daß das ihr Klagen war, was er vollfuͤhrt mit Freuden; Daher verſchwieg ſie nur, was ihr ein Trauren bracht, Und was ihr Hertz beweint, daſſelb ihr Mund belacht. Die Merob und Michal die wollen bey ihr bleiben, Mit ihr die lange Weil indeſſen zu vertreiben,210. Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will, Umfaͤht ſie ihn und ſpricht: Wag dich auch nicht zu viel! Er ſchaut ſie lieblich an, und ohn ein Wort zu ſprechen Setzt er ſich auf ſein Pferd, den Unmuth ihr zu brechen, So ritt er was er kan, gantz Jſrael war da, Ein jeder ruͤſtet ſich, weil ſchon der Feind ſo nah. Der alte Jſai wie er diß kaum vernommen, Wollt nicht, daß David ſollt mit in das Treffen kommen, Weil ſeine Jugend ihn noch ſchuͤtzte, daß er nicht Dem Koͤnig dienen dorfft, nach der Soldaten Pflicht;220. Drum ſeine aͤltſte Soͤhn er nach dem Heere ſandte, Dafuͤr er David nun bey ihm zu ſeyn ernannte, Bis dieſer Krieg fuͤrbey, und ließ es Saul geſchehn, Daß David wiederum nach Bethlehem moͤcht gehn; Der dann in allem ſich ſo willig wuſt zu geben, Daß was man von ihm wollt, auch war ſein Will und Leben. Sein hoher Heldenmuth ſehnt ſich zwar mit ins Heer, Doch galt des Vaters Will bey ihme noch vielmehr, Daß, als nur Saul hinweg, er gleich den Hof verlieſſe, Und wiederum der Art des Feldes ſich befliſſe,230. Aus einem Hofmann ward hinwiederum ein Hirt, Der beydes Stadt und Feld mit ſeinem Weſen ziert. Er huͤtete nunmehr, in ſeinem Sinn zufrieden, Die ſchoͤne Wollenheerd, wozu er war beſchieden, Nichts V. 211. Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will)
[Spaltenumbruch] Dieſer Abſchied hat ſeine Schoͤnheiten, indem er die Liebe der Thalmais und den Helden- muth Jonathans in ſehr kleinen, aber wohl-erfundenen Umſtaͤnden [Spaltenumbruch] geſchickt ausdruͤckt. Solche ſind: Daher verſchwieg ſie nur ꝛc. Und was ihr Herz beweint ꝛc. Er ſchaut ſie lieblich an, ꝛc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0027" n="27"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/> <l>Sie wußt wie Jonathan ſich pflegte nie zu ſcheuen,</l><lb/> <l>Und hoͤrt aus ſeinem Wort, aus ſeinem dapfern Draͤuen,</l><lb/> <l>Wie es ſolt Ecron gehn, drum war ihr Hertz und Sinn</l><lb/> <l>Voll Liebes-Traurigkeit, doch weil ſie ſich darinn</l><lb/> <l>Fuͤr ihme bergen muſt, weil er nicht wol kont leiden,</l><lb/> <l>Daß das ihr Klagen war, was er vollfuͤhrt mit Freuden;</l><lb/> <l>Daher verſchwieg ſie nur, was ihr ein Trauren bracht,</l><lb/> <l>Und was ihr Hertz beweint, daſſelb ihr Mund belacht.</l><lb/> <l>Die Merob und Michal die wollen bey ihr bleiben,</l><lb/> <l>Mit ihr die lange Weil indeſſen zu vertreiben,<note place="right">210.</note></l><lb/> <l>Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will,<note place="foot">V. 211. Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will)<lb/><cb/> Dieſer Abſchied hat ſeine<lb/> Schoͤnheiten, indem er die Liebe<lb/> der Thalmais und den Helden-<lb/> muth Jonathans in ſehr kleinen,<lb/> aber wohl-erfundenen Umſtaͤnden<lb/><cb/> geſchickt ausdruͤckt. Solche ſind:<lb/><hi rendition="#fr">Daher verſchwieg ſie nur ꝛc.<lb/> Und was ihr Herz beweint ꝛc.<lb/> Er ſchaut ſie lieblich an, ꝛc.</hi></note></l><lb/> <l>Umfaͤht ſie ihn und ſpricht: Wag dich auch nicht zu viel!</l><lb/> <l>Er ſchaut ſie lieblich an, und ohn ein Wort zu ſprechen</l><lb/> <l>Setzt er ſich auf ſein Pferd, den Unmuth ihr zu brechen,</l><lb/> <l>So ritt er was er kan, gantz Jſrael war da,</l><lb/> <l>Ein jeder ruͤſtet ſich, weil ſchon der Feind ſo nah.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Der alte Jſai wie er diß kaum vernommen,</l><lb/> <l>Wollt nicht, daß David ſollt mit in das Treffen kommen,</l><lb/> <l>Weil ſeine Jugend ihn noch ſchuͤtzte, daß er nicht</l><lb/> <l>Dem Koͤnig dienen dorfft, nach der Soldaten Pflicht;<note place="right">220.</note></l><lb/> <l>Drum ſeine aͤltſte Soͤhn er nach dem Heere ſandte,</l><lb/> <l>Dafuͤr er David nun bey ihm zu ſeyn ernannte,</l><lb/> <l>Bis dieſer Krieg fuͤrbey, und ließ es Saul geſchehn,</l><lb/> <l>Daß David wiederum nach Bethlehem moͤcht gehn;</l><lb/> <l>Der dann in allem ſich ſo willig wuſt zu geben,</l><lb/> <l>Daß was man von ihm wollt, auch war ſein Will und Leben.</l><lb/> <l>Sein hoher Heldenmuth ſehnt ſich zwar mit ins Heer,</l><lb/> <l>Doch galt des Vaters Will bey ihme noch vielmehr,</l><lb/> <l>Daß, als nur Saul hinweg, er gleich den Hof verlieſſe,</l><lb/> <l>Und wiederum der Art des Feldes ſich befliſſe,<note place="right">230.</note></l><lb/> <l>Aus einem Hofmann ward hinwiederum ein Hirt,</l><lb/> <l>Der beydes Stadt und Feld mit ſeinem Weſen ziert.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Er huͤtete nunmehr, in ſeinem Sinn zufrieden,</l><lb/> <l>Die ſchoͤne Wollenheerd, wozu er war beſchieden,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Nichts</fw><lb/><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
von David.
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Wie es ſolt Ecron gehn, drum war ihr Hertz und Sinn
Voll Liebes-Traurigkeit, doch weil ſie ſich darinn
Fuͤr ihme bergen muſt, weil er nicht wol kont leiden,
Daß das ihr Klagen war, was er vollfuͤhrt mit Freuden;
Daher verſchwieg ſie nur, was ihr ein Trauren bracht,
Und was ihr Hertz beweint, daſſelb ihr Mund belacht.
Die Merob und Michal die wollen bey ihr bleiben,
Mit ihr die lange Weil indeſſen zu vertreiben,
Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will,
Umfaͤht ſie ihn und ſpricht: Wag dich auch nicht zu viel!
Er ſchaut ſie lieblich an, und ohn ein Wort zu ſprechen
Setzt er ſich auf ſein Pferd, den Unmuth ihr zu brechen,
So ritt er was er kan, gantz Jſrael war da,
Ein jeder ruͤſtet ſich, weil ſchon der Feind ſo nah.
Der alte Jſai wie er diß kaum vernommen,
Wollt nicht, daß David ſollt mit in das Treffen kommen,
Weil ſeine Jugend ihn noch ſchuͤtzte, daß er nicht
Dem Koͤnig dienen dorfft, nach der Soldaten Pflicht;
Drum ſeine aͤltſte Soͤhn er nach dem Heere ſandte,
Dafuͤr er David nun bey ihm zu ſeyn ernannte,
Bis dieſer Krieg fuͤrbey, und ließ es Saul geſchehn,
Daß David wiederum nach Bethlehem moͤcht gehn;
Der dann in allem ſich ſo willig wuſt zu geben,
Daß was man von ihm wollt, auch war ſein Will und Leben.
Sein hoher Heldenmuth ſehnt ſich zwar mit ins Heer,
Doch galt des Vaters Will bey ihme noch vielmehr,
Daß, als nur Saul hinweg, er gleich den Hof verlieſſe,
Und wiederum der Art des Feldes ſich befliſſe,
Aus einem Hofmann ward hinwiederum ein Hirt,
Der beydes Stadt und Feld mit ſeinem Weſen ziert.
Er huͤtete nunmehr, in ſeinem Sinn zufrieden,
Die ſchoͤne Wollenheerd, wozu er war beſchieden,
Nichts
V. 211. Und weil nun Jonathan den Abſchied nehmen will)
Dieſer Abſchied hat ſeine
Schoͤnheiten, indem er die Liebe
der Thalmais und den Helden-
muth Jonathans in ſehr kleinen,
aber wohl-erfundenen Umſtaͤnden
geſchickt ausdruͤckt. Solche ſind:
Daher verſchwieg ſie nur ꝛc.
Und was ihr Herz beweint ꝛc.
Er ſchaut ſie lieblich an, ꝛc.
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