Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
von David.
Nach deinem Willen will ich leben, schlecht und recht.
Hiemit schlieff David ein, in seinem Geist zufrieden,
Bereit und wohl gerüst, wozu ihn Gott beschieden,
Als plötzlich sich der Wind in starckes Brausen kehrt,
Und weckt mit Ungestüm die eingeschlaffne Heerd.
Die vorhin heitre Luft wird dunckel und umzogen,
Die Wolcken stossen sich und blasen Wasserwogen,
Der Mond und Sternen Schein bedeckt ihr braunes Kleid,
Die Elemente selbst sind mit sich in dem Streit.400.
Die Luft die saust und braust, und will dem Wasser wehren,
Daß nicht ein Wolckenbruch die Felder mög verzehren,
Doch bricht das Wasser durch, die Wolcken gehn entzwey,
Und wollen so das Feur verlöschen, wo es sey.
Das Feur, der schnelle Blitz, zischt doch durch diese Lüfte,
Und acht das Wasser nicht. Der Erden tieffe Klüffte
Erschütteren darob, wie sich der Donnerschall
Hiernach auch hören läst, mit schrecklichem Geknall.
Die Felsen dort umher vermehren dieses Rollen,
Und scheinen jeden Schlag mit Schlag zu doppeln wollen,410.
Der Nachtigalen Zunft verkriecht sich in die Stein,
Die Schafe wollen nicht mehr in den Hürden seyn;
Sie lauffen hin und her, in dieser Felsen Ritzen;
Der treue Hund will auch nicht in der Hütte sitzen,
Für solchem starcken Feind ist ihm der Muth nicht da,
Wo alles sich für scheut, ist auch sein Schrecken nah.
Der David der erwacht von diesem starcken Wüten,
Sein Seufzen gieng zu Gott, daß der sich ließ begüten,
Und nicht in Eifer straft. Er dacht, wie groß ist der,
Dem da steht zu Geboth der Himmel und sein Heer.420.
Wann er nur spricht ein Wort, so muß es alles gehen,
Wann er nur was gebeut, so muß es gleich geschehen,
Für ihm ist nichtes was, und etwas nichtes nicht,
Dann seine grosse Kraft das Schwerste leicht verricht.
So ware Davids Sinn, er stellt ihm für daneben,
Wie Gott durch Mosen hätt sein theur Gesetz gegeben:
So wär es auch geschehn mit Donner, Feur und Blitz,
Daß selbst der Sinai gebrannt in seiner Spitz.
Dieß
[Crit. Samml. X. St.] C
von David.
Nach deinem Willen will ich leben, ſchlecht und recht.
Hiemit ſchlieff David ein, in ſeinem Geiſt zufrieden,
Bereit und wohl geruͤſt, wozu ihn Gott beſchieden,
Als ploͤtzlich ſich der Wind in ſtarckes Brauſen kehrt,
Und weckt mit Ungeſtuͤm die eingeſchlaffne Heerd.
Die vorhin heitre Luft wird dunckel und umzogen,
Die Wolcken ſtoſſen ſich und blaſen Waſſerwogen,
Der Mond und Sternen Schein bedeckt ihr braunes Kleid,
Die Elemente ſelbſt ſind mit ſich in dem Streit.400.
Die Luft die ſauſt und brauſt, und will dem Waſſer wehren,
Daß nicht ein Wolckenbruch die Felder moͤg verzehren,
Doch bricht das Waſſer durch, die Wolcken gehn entzwey,
Und wollen ſo das Feur verloͤſchen, wo es ſey.
Das Feur, der ſchnelle Blitz, ziſcht doch durch dieſe Luͤfte,
Und acht das Waſſer nicht. Der Erden tieffe Kluͤffte
Erſchuͤtteren darob, wie ſich der Donnerſchall
Hiernach auch hoͤren laͤſt, mit ſchrecklichem Geknall.
Die Felſen dort umher vermehren dieſes Rollen,
Und ſcheinen jeden Schlag mit Schlag zu doppeln wollẽ,410.
Der Nachtigalen Zunft verkriecht ſich in die Stein,
Die Schafe wollen nicht mehr in den Huͤrden ſeyn;
Sie lauffen hin und her, in dieſer Felſen Ritzen;
Der treue Hund will auch nicht in der Huͤtte ſitzen,
Fuͤr ſolchem ſtarcken Feind iſt ihm der Muth nicht da,
Wo alles ſich fuͤr ſcheut, iſt auch ſein Schrecken nah.
Der David der erwacht von dieſem ſtarcken Wuͤten,
Sein Seufzen gieng zu Gott, daß der ſich ließ beguͤten,
Und nicht in Eifer ſtraft. Er dacht, wie groß iſt der,
Dem da ſteht zu Geboth der Himmel und ſein Heer.420.
Wann er nur ſpricht ein Wort, ſo muß es alles gehen,
Wann er nur was gebeut, ſo muß es gleich geſchehen,
Fuͤr ihm iſt nichtes was, und etwas nichtes nicht,
Dann ſeine groſſe Kraft das Schwerſte leicht verricht.
So ware Davids Sinn, er ſtellt ihm fuͤr daneben,
Wie Gott durch Moſen haͤtt ſein theur Geſetz gegeben:
So waͤr es auch geſchehn mit Donner, Feur und Blitz,
Daß ſelbſt der Sinai gebrannt in ſeiner Spitz.
Dieß
[Crit. Sam̃l. X. St.] C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0033" n="33"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <l>Nach deinem Willen will ich leben, &#x017F;chlecht und recht.</l><lb/>
          <l>Hiemit &#x017F;chlieff David ein, in &#x017F;einem Gei&#x017F;t zufrieden,</l><lb/>
          <l>Bereit und wohl geru&#x0364;&#x017F;t, wozu ihn Gott be&#x017F;chieden,</l><lb/>
          <l>Als plo&#x0364;tzlich &#x017F;ich der Wind in &#x017F;tarckes Brau&#x017F;en kehrt,</l><lb/>
          <l>Und weckt mit Unge&#x017F;tu&#x0364;m die einge&#x017F;chlaffne Heerd.</l><lb/>
          <l>Die vorhin heitre Luft wird dunckel und umzogen,</l><lb/>
          <l>Die Wolcken &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich und bla&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;erwogen,</l><lb/>
          <l>Der Mond und Sternen Schein bedeckt ihr braunes Kleid,</l><lb/>
          <l>Die Elemente &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind mit &#x017F;ich in dem Streit.<note place="right">400.</note></l><lb/>
          <l>Die Luft die &#x017F;au&#x017F;t und brau&#x017F;t, und will dem Wa&#x017F;&#x017F;er wehren,</l><lb/>
          <l>Daß nicht ein Wolckenbruch die Felder mo&#x0364;g verzehren,</l><lb/>
          <l>Doch bricht das Wa&#x017F;&#x017F;er durch, die Wolcken gehn entzwey,</l><lb/>
          <l>Und wollen &#x017F;o das Feur verlo&#x0364;&#x017F;chen, wo es &#x017F;ey.</l><lb/>
          <l>Das Feur, der &#x017F;chnelle Blitz, zi&#x017F;cht doch durch die&#x017F;e Lu&#x0364;fte,</l><lb/>
          <l>Und acht das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht. Der Erden tieffe Klu&#x0364;ffte</l><lb/>
          <l>Er&#x017F;chu&#x0364;tteren darob, wie &#x017F;ich der Donner&#x017F;chall</l><lb/>
          <l>Hiernach auch ho&#x0364;ren la&#x0364;&#x017F;t, mit &#x017F;chrecklichem Geknall.</l><lb/>
          <l>Die Fel&#x017F;en dort umher vermehren die&#x017F;es Rollen,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;cheinen jeden Schlag mit Schlag zu doppeln wolle&#x0303;,<note place="right">410.</note></l><lb/>
          <l>Der Nachtigalen Zunft verkriecht &#x017F;ich in die Stein,</l><lb/>
          <l>Die Schafe wollen nicht mehr in den Hu&#x0364;rden &#x017F;eyn;</l><lb/>
          <l>Sie lauffen hin und her, in die&#x017F;er Fel&#x017F;en Ritzen;</l><lb/>
          <l>Der treue Hund will auch nicht in der Hu&#x0364;tte &#x017F;itzen,</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r &#x017F;olchem &#x017F;tarcken Feind i&#x017F;t ihm der Muth nicht da,</l><lb/>
          <l>Wo alles &#x017F;ich fu&#x0364;r &#x017F;cheut, i&#x017F;t auch &#x017F;ein Schrecken nah.</l><lb/>
          <l>Der David der erwacht von die&#x017F;em &#x017F;tarcken Wu&#x0364;ten,</l><lb/>
          <l>Sein Seufzen gieng zu Gott, daß der &#x017F;ich ließ begu&#x0364;ten,</l><lb/>
          <l>Und nicht in Eifer &#x017F;traft. Er dacht, wie groß i&#x017F;t der,</l><lb/>
          <l>Dem da &#x017F;teht zu Geboth der Himmel und &#x017F;ein Heer.<note place="right">420.</note></l><lb/>
          <l>Wann er nur &#x017F;pricht ein Wort, &#x017F;o muß es alles gehen,</l><lb/>
          <l>Wann er nur was gebeut, &#x017F;o muß es gleich ge&#x017F;chehen,</l><lb/>
          <l>Fu&#x0364;r ihm i&#x017F;t nichtes was, und etwas nichtes nicht,</l><lb/>
          <l>Dann &#x017F;eine gro&#x017F;&#x017F;e Kraft das Schwer&#x017F;te leicht verricht.</l><lb/>
          <l>So ware Davids Sinn, er &#x017F;tellt ihm fu&#x0364;r daneben,</l><lb/>
          <l>Wie Gott durch Mo&#x017F;en ha&#x0364;tt &#x017F;ein theur Ge&#x017F;etz gegeben:</l><lb/>
          <l>So wa&#x0364;r es auch ge&#x017F;chehn mit Donner, Feur und Blitz,</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;elb&#x017F;t der Sinai gebrannt in &#x017F;einer Spitz.</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">[Crit. Sam&#x0303;l. <hi rendition="#aq">X.</hi> St.] C</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Dieß</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0033] von David. Nach deinem Willen will ich leben, ſchlecht und recht. Hiemit ſchlieff David ein, in ſeinem Geiſt zufrieden, Bereit und wohl geruͤſt, wozu ihn Gott beſchieden, Als ploͤtzlich ſich der Wind in ſtarckes Brauſen kehrt, Und weckt mit Ungeſtuͤm die eingeſchlaffne Heerd. Die vorhin heitre Luft wird dunckel und umzogen, Die Wolcken ſtoſſen ſich und blaſen Waſſerwogen, Der Mond und Sternen Schein bedeckt ihr braunes Kleid, Die Elemente ſelbſt ſind mit ſich in dem Streit. Die Luft die ſauſt und brauſt, und will dem Waſſer wehren, Daß nicht ein Wolckenbruch die Felder moͤg verzehren, Doch bricht das Waſſer durch, die Wolcken gehn entzwey, Und wollen ſo das Feur verloͤſchen, wo es ſey. Das Feur, der ſchnelle Blitz, ziſcht doch durch dieſe Luͤfte, Und acht das Waſſer nicht. Der Erden tieffe Kluͤffte Erſchuͤtteren darob, wie ſich der Donnerſchall Hiernach auch hoͤren laͤſt, mit ſchrecklichem Geknall. Die Felſen dort umher vermehren dieſes Rollen, Und ſcheinen jeden Schlag mit Schlag zu doppeln wollẽ, Der Nachtigalen Zunft verkriecht ſich in die Stein, Die Schafe wollen nicht mehr in den Huͤrden ſeyn; Sie lauffen hin und her, in dieſer Felſen Ritzen; Der treue Hund will auch nicht in der Huͤtte ſitzen, Fuͤr ſolchem ſtarcken Feind iſt ihm der Muth nicht da, Wo alles ſich fuͤr ſcheut, iſt auch ſein Schrecken nah. Der David der erwacht von dieſem ſtarcken Wuͤten, Sein Seufzen gieng zu Gott, daß der ſich ließ beguͤten, Und nicht in Eifer ſtraft. Er dacht, wie groß iſt der, Dem da ſteht zu Geboth der Himmel und ſein Heer. Wann er nur ſpricht ein Wort, ſo muß es alles gehen, Wann er nur was gebeut, ſo muß es gleich geſchehen, Fuͤr ihm iſt nichtes was, und etwas nichtes nicht, Dann ſeine groſſe Kraft das Schwerſte leicht verricht. So ware Davids Sinn, er ſtellt ihm fuͤr daneben, Wie Gott durch Moſen haͤtt ſein theur Geſetz gegeben: So waͤr es auch geſchehn mit Donner, Feur und Blitz, Daß ſelbſt der Sinai gebrannt in ſeiner Spitz. Dieß [Crit. Sam̃l. X. St.] C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/33
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/33>, abgerufen am 03.12.2024.