Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
von David.
Drum schiede Adriel, und wolt nach Gesur reisen,
Von wannen er hiernächst mir nicht genung konnt preisen
Die Gnad, die man ihm that in deines Vatern Land,
Und wie der König ihm in allem macht bekannt
Die grosse Gütigkeit, die Königen gebühret.
Jndem er nun hinweg, wird sein Verlust verspüret.
Ein jeder spricht davon, ein jeder fragt darnach,
Ein jeder deutet so und so aus diese Sach.860.
Der Joel freute sich, daß ihm sein Feind gewichen,
Ohn daß er ihn verfolgt, und weil man sich verglichen,
Zu reisen wieder heim, ward Joel dieses inn,
Und spricht den Vater an, wie sein verliebter Sinn
Sey gegen mir entbrannt, und will sein Eydam werden.
Saul sich hierob entsetzt, weil er so viel Beschwerden
Bey dieser Heurath sah. Der Tochtermann zwar war
Der Höchst in Jsrael, doch war auch offenbar,
Wie er sein Leben führt, und daß nicht würd bestehen
Die Ehr, in welcher man ihn damahls konnte sehen.870.
Er darff nicht sagen nein, das Jawort war auch schwer,
Er liebete die Ruh, sein Kind doch noch vielmehr,
Und saget endlich so: Es stünde zu bedencken,
Sein Vater lebte noch, wann der sich liesse lencken
Zu dieser hohen Ehr, sollts ihm gefällig seyn,
Wo nicht, so müst er auch mit deme stimmen ein.
Der Joel, der so klug, als arg und schalckhaft ware,
Will, daß mans gleich beschließ, eh man es offenbare
Dem Kis, der sich nicht lang hierinn bedencken werd;
Was Saul gefällig sey, da würd er ohn Beschwerd880.
Sich willig geben ein, und möchte er wohl spühren,
Daß ihn mein Vater wollt so auf das weite führen.
Der dann voll Sorg und Angst sich weiß zu rathen nicht,
Und darf nicht melden an, woran es recht gebricht.
Jndem er nun so schweigt, will Joel Antwort wissen,
Bald drohet er, und bald ist wieder er beflissen,
Zu suchen in der Güt, was sein Anbringen war.
Mein Vater, der ihm stellt für Augen die Gefahr,
Wann er würd sagen nein, sagt ja, nur mit dem Munde,
Das Nein viel wahrer war in seines Hertzens Grunde.890.
Drauf
von David.
Drum ſchiede Adriel, und wolt nach Geſur reiſen,
Von wannen er hiernaͤchſt mir nicht genung konnt preiſen
Die Gnad, die man ihm that in deines Vatern Land,
Und wie der Koͤnig ihm in allem macht bekannt
Die groſſe Guͤtigkeit, die Koͤnigen gebuͤhret.
Jndem er nun hinweg, wird ſein Verluſt verſpuͤret.
Ein jeder ſpricht davon, ein jeder fragt darnach,
Ein jeder deutet ſo und ſo aus dieſe Sach.860.
Der Joel freute ſich, daß ihm ſein Feind gewichen,
Ohn daß er ihn verfolgt, und weil man ſich verglichen,
Zu reiſen wieder heim, ward Joel dieſes inn,
Und ſpricht den Vater an, wie ſein verliebter Sinn
Sey gegen mir entbrannt, und will ſein Eydam werden.
Saul ſich hierob entſetzt, weil er ſo viel Beſchwerden
Bey dieſer Heurath ſah. Der Tochtermann zwar war
Der Hoͤchſt in Jſrael, doch war auch offenbar,
Wie er ſein Leben fuͤhrt, und daß nicht wuͤrd beſtehen
Die Ehr, in welcher man ihn damahls konnte ſehen.870.
Er darff nicht ſagen nein, das Jawort war auch ſchwer,
Er liebete die Ruh, ſein Kind doch noch vielmehr,
Und ſaget endlich ſo: Es ſtuͤnde zu bedencken,
Sein Vater lebte noch, wann der ſich lieſſe lencken
Zu dieſer hohen Ehr, ſollts ihm gefaͤllig ſeyn,
Wo nicht, ſo muͤſt er auch mit deme ſtimmen ein.
Der Joel, der ſo klug, als arg und ſchalckhaft ware,
Will, daß mans gleich beſchließ, eh man es offenbare
Dem Kis, der ſich nicht lang hierinn bedencken werd;
Was Saul gefaͤllig ſey, da wuͤrd er ohn Beſchwerd880.
Sich willig geben ein, und moͤchte er wohl ſpuͤhren,
Daß ihn mein Vater wollt ſo auf das weite fuͤhren.
Der dann voll Sorg und Angſt ſich weiß zu rathen nicht,
Und darf nicht melden an, woran es recht gebricht.
Jndem er nun ſo ſchweigt, will Joel Antwort wiſſen,
Bald drohet er, und bald iſt wieder er befliſſen,
Zu ſuchen in der Guͤt, was ſein Anbringen war.
Mein Vater, der ihm ſtellt fuͤr Augen die Gefahr,
Wann er wuͤrd ſagen nein, ſagt ja, nur mit dem Munde,
Das Nein viel wahrer war in ſeines Hertzens Grunde.890.
Drauf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0047" n="47"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">von David.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <l>Drum &#x017F;chiede Adriel, und wolt nach Ge&#x017F;ur rei&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Von wannen er hierna&#x0364;ch&#x017F;t mir nicht genung konnt prei&#x017F;en</l><lb/>
          <l>Die Gnad, die man ihm that in deines Vatern Land,</l><lb/>
          <l>Und wie der Ko&#x0364;nig ihm in allem macht bekannt</l><lb/>
          <l>Die gro&#x017F;&#x017F;e Gu&#x0364;tigkeit, die Ko&#x0364;nigen gebu&#x0364;hret.</l><lb/>
          <l>Jndem er nun hinweg, wird &#x017F;ein Verlu&#x017F;t ver&#x017F;pu&#x0364;ret.</l><lb/>
          <l>Ein jeder &#x017F;pricht davon, ein jeder fragt darnach,</l><lb/>
          <l>Ein jeder deutet &#x017F;o und &#x017F;o aus die&#x017F;e Sach.<note place="right">860.</note></l><lb/>
          <l>Der Joel freute &#x017F;ich, daß ihm &#x017F;ein Feind gewichen,</l><lb/>
          <l>Ohn daß er ihn verfolgt, und weil man &#x017F;ich verglichen,</l><lb/>
          <l>Zu rei&#x017F;en wieder heim, ward Joel die&#x017F;es inn,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;pricht den Vater an, wie &#x017F;ein verliebter Sinn</l><lb/>
          <l>Sey gegen mir entbrannt, und will &#x017F;ein Eydam werden.</l><lb/>
          <l>Saul &#x017F;ich hierob ent&#x017F;etzt, weil er &#x017F;o viel Be&#x017F;chwerden</l><lb/>
          <l>Bey die&#x017F;er Heurath &#x017F;ah. Der Tochtermann zwar war</l><lb/>
          <l>Der Ho&#x0364;ch&#x017F;t in J&#x017F;rael, doch war auch offenbar,</l><lb/>
          <l>Wie er &#x017F;ein Leben fu&#x0364;hrt, und daß nicht wu&#x0364;rd be&#x017F;tehen</l><lb/>
          <l>Die Ehr, in welcher man ihn damahls konnte &#x017F;ehen.<note place="right">870.</note></l><lb/>
          <l>Er darff nicht &#x017F;agen nein, das Jawort war auch &#x017F;chwer,</l><lb/>
          <l>Er liebete die Ruh, &#x017F;ein Kind doch noch vielmehr,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;aget endlich &#x017F;o: Es &#x017F;tu&#x0364;nde zu bedencken,</l><lb/>
          <l>Sein Vater lebte noch, wann der &#x017F;ich lie&#x017F;&#x017F;e lencken</l><lb/>
          <l>Zu die&#x017F;er hohen Ehr, &#x017F;ollts ihm gefa&#x0364;llig &#x017F;eyn,</l><lb/>
          <l>Wo nicht, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;t er auch mit deme &#x017F;timmen ein.</l><lb/>
          <l>Der Joel, der &#x017F;o klug, als arg und &#x017F;chalckhaft ware,</l><lb/>
          <l>Will, daß mans gleich be&#x017F;chließ, eh man es offenbare</l><lb/>
          <l>Dem Kis, der &#x017F;ich nicht lang hierinn bedencken werd;</l><lb/>
          <l>Was Saul gefa&#x0364;llig &#x017F;ey, da wu&#x0364;rd er ohn Be&#x017F;chwerd<note place="right">880.</note></l><lb/>
          <l>Sich willig geben ein, und mo&#x0364;chte er wohl &#x017F;pu&#x0364;hren,</l><lb/>
          <l>Daß ihn mein Vater wollt &#x017F;o auf das weite fu&#x0364;hren.</l><lb/>
          <l>Der dann voll Sorg und Ang&#x017F;t &#x017F;ich weiß zu rathen nicht,</l><lb/>
          <l>Und darf nicht melden an, woran es recht gebricht.</l><lb/>
          <l>Jndem er nun &#x017F;o &#x017F;chweigt, will Joel Antwort wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Bald drohet er, und bald i&#x017F;t wieder er befli&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
          <l>Zu &#x017F;uchen in der Gu&#x0364;t, was &#x017F;ein Anbringen war.</l><lb/>
          <l>Mein Vater, der ihm &#x017F;tellt fu&#x0364;r Augen die Gefahr,</l><lb/>
          <l>Wann er wu&#x0364;rd &#x017F;agen nein, &#x017F;agt ja, nur mit dem Munde,</l><lb/>
          <l>Das Nein viel wahrer war in &#x017F;eines Hertzens Grunde.<note place="right">890.</note></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Drauf</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0047] von David. Drum ſchiede Adriel, und wolt nach Geſur reiſen, Von wannen er hiernaͤchſt mir nicht genung konnt preiſen Die Gnad, die man ihm that in deines Vatern Land, Und wie der Koͤnig ihm in allem macht bekannt Die groſſe Guͤtigkeit, die Koͤnigen gebuͤhret. Jndem er nun hinweg, wird ſein Verluſt verſpuͤret. Ein jeder ſpricht davon, ein jeder fragt darnach, Ein jeder deutet ſo und ſo aus dieſe Sach. Der Joel freute ſich, daß ihm ſein Feind gewichen, Ohn daß er ihn verfolgt, und weil man ſich verglichen, Zu reiſen wieder heim, ward Joel dieſes inn, Und ſpricht den Vater an, wie ſein verliebter Sinn Sey gegen mir entbrannt, und will ſein Eydam werden. Saul ſich hierob entſetzt, weil er ſo viel Beſchwerden Bey dieſer Heurath ſah. Der Tochtermann zwar war Der Hoͤchſt in Jſrael, doch war auch offenbar, Wie er ſein Leben fuͤhrt, und daß nicht wuͤrd beſtehen Die Ehr, in welcher man ihn damahls konnte ſehen. Er darff nicht ſagen nein, das Jawort war auch ſchwer, Er liebete die Ruh, ſein Kind doch noch vielmehr, Und ſaget endlich ſo: Es ſtuͤnde zu bedencken, Sein Vater lebte noch, wann der ſich lieſſe lencken Zu dieſer hohen Ehr, ſollts ihm gefaͤllig ſeyn, Wo nicht, ſo muͤſt er auch mit deme ſtimmen ein. Der Joel, der ſo klug, als arg und ſchalckhaft ware, Will, daß mans gleich beſchließ, eh man es offenbare Dem Kis, der ſich nicht lang hierinn bedencken werd; Was Saul gefaͤllig ſey, da wuͤrd er ohn Beſchwerd Sich willig geben ein, und moͤchte er wohl ſpuͤhren, Daß ihn mein Vater wollt ſo auf das weite fuͤhren. Der dann voll Sorg und Angſt ſich weiß zu rathen nicht, Und darf nicht melden an, woran es recht gebricht. Jndem er nun ſo ſchweigt, will Joel Antwort wiſſen, Bald drohet er, und bald iſt wieder er befliſſen, Zu ſuchen in der Guͤt, was ſein Anbringen war. Mein Vater, der ihm ſtellt fuͤr Augen die Gefahr, Wann er wuͤrd ſagen nein, ſagt ja, nur mit dem Munde, Das Nein viel wahrer war in ſeines Hertzens Grunde. Drauf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/47
Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/47>, abgerufen am 21.11.2024.