[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.Versuch eines Gedichtes Die ehmals ich bey Hof zu Gibea erlangt,Von der ohn Unterlaß mein stoltzer Muth noch prangt. Es wissen es die Büsch, die Wiesen, Berg und Wälder, Die Bäche hie umher, die Thäler und die Felder, Was ich von Michals Schön sing ihnen täglich für. Ja wann es möglich wär, daß diese meine Thier1340. Vermöchten mit der Sprach zu zeugen, was sie hören, Sie würden itzt mein Wort mit ihrem Ja bewähren, Und weil nun, wie gesagt, ich so glückselig bin, Erwart ich den Befehl, was ich soll, und worinn Jch dienen kan allhie; was kan der Landmann geben, Bieth ich gehorsamst an. Das schlechte Hirtenleben Vermag nicht gar zu viel. Die Michal wird erröth, Und schweiget hiezu still, das schier den David tödt, Weil er denckt, seine Wort die haben sie betrübet, Und daß es diese sey, die Adrielen liebet,1350. Dahero seine Wort nicht wohl genommen an; Er liebt sie allbereits, ohn daß er hoffen kan. Jndem sagt sie zu ihm: Jch bin hieher gekommen Wohl recht von ungefehr, dann wir uns fürgenommen, Noch gestern wiederum in Gibea zu seyn; Doch ward es uns zu spät, und fiel ein Wetter ein, Das also heftig war, daß uns hier zu verbleiben Die höchste Noth befahl. Jch werd den Tag anschreiben, Sprach David, der mir bringt so unverdiente Gnad, Daß ich nun sagen kan, wie da geruhet hat1360. Jn meiner Höl die Zierd von Benjamins Geschlechte, Ja von gantz Jsrael; Jch preiß mit allem Rechte Hochseelig diesen Tag, für andern ist er hoch. Der Michal Wangen Zier ein neue Röth umzog, Als sie hört dieses Lob, das sie nicht wollte hören, Drum bricht sie ab die Red, und thut von ihm begehren, Daß er ihr sagen soll, was das sey für ein Hauß, Das da an jenem Berg für andern schien heraus? Der Suri wohnet da, spricht David, dem gegeben Zeruja ist zum Weib. Wie? fraget sie daneben,1370. Jst Davids Schwester nicht Zeruja, als ich meyn? Ja, sprach der Hirt. Sie fragt, ob sie beerbet seyn? Er
Verſuch eines Gedichtes Die ehmals ich bey Hof zu Gibea erlangt,Von der ohn Unterlaß mein ſtoltzer Muth noch prangt. Es wiſſen es die Buͤſch, die Wieſen, Berg und Waͤlder, Die Baͤche hie umher, die Thaͤler und die Felder, Was ich von Michals Schoͤn ſing ihnen taͤglich fuͤr. Ja wann es moͤglich waͤr, daß dieſe meine Thier1340. Vermoͤchten mit der Sprach zu zeugen, was ſie hoͤren, Sie wuͤrden itzt mein Wort mit ihrem Ja bewaͤhren, Und weil nun, wie geſagt, ich ſo gluͤckſelig bin, Erwart ich den Befehl, was ich ſoll, und worinn Jch dienen kan allhie; was kan der Landmann geben, Bieth ich gehorſamſt an. Das ſchlechte Hirtenleben Vermag nicht gar zu viel. Die Michal wird erroͤth, Und ſchweiget hiezu ſtill, das ſchier den David toͤdt, Weil er denckt, ſeine Wort die haben ſie betruͤbet, Und daß es dieſe ſey, die Adrielen liebet,1350. Dahero ſeine Wort nicht wohl genommen an; Er liebt ſie allbereits, ohn daß er hoffen kan. Jndem ſagt ſie zu ihm: Jch bin hieher gekommen Wohl recht von ungefehr, dann wir uns fuͤrgenommen, Noch geſtern wiederum in Gibea zu ſeyn; Doch ward es uns zu ſpaͤt, und fiel ein Wetter ein, Das alſo heftig war, daß uns hier zu verbleiben Die hoͤchſte Noth befahl. Jch werd den Tag anſchreiben, Sprach David, der mir bringt ſo unverdiente Gnad, Daß ich nun ſagen kan, wie da geruhet hat1360. Jn meiner Hoͤl die Zierd von Benjamins Geſchlechte, Ja von gantz Jſrael; Jch preiß mit allem Rechte Hochſeelig dieſen Tag, fuͤr andern iſt er hoch. Der Michal Wangen Zier ein neue Roͤth umzog, Als ſie hoͤrt dieſes Lob, das ſie nicht wollte hoͤren, Drum bricht ſie ab die Red, und thut von ihm begehren, Daß er ihr ſagen ſoll, was das ſey fuͤr ein Hauß, Das da an jenem Berg fuͤr andern ſchien heraus? Der Suri wohnet da, ſpricht David, dem gegeben Zeruja iſt zum Weib. Wie? fraget ſie daneben,1370. Jſt Davids Schweſter nicht Zeruja, als ich meyn? Ja, ſprach der Hirt. Sie fragt, ob ſie beerbet ſeyn? Er
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Verſuch eines Gedichtes
Die ehmals ich bey Hof zu Gibea erlangt,
Von der ohn Unterlaß mein ſtoltzer Muth noch prangt.
Es wiſſen es die Buͤſch, die Wieſen, Berg und Waͤlder,
Die Baͤche hie umher, die Thaͤler und die Felder,
Was ich von Michals Schoͤn ſing ihnen taͤglich fuͤr.
Ja wann es moͤglich waͤr, daß dieſe meine Thier
Vermoͤchten mit der Sprach zu zeugen, was ſie hoͤren,
Sie wuͤrden itzt mein Wort mit ihrem Ja bewaͤhren,
Und weil nun, wie geſagt, ich ſo gluͤckſelig bin,
Erwart ich den Befehl, was ich ſoll, und worinn
Jch dienen kan allhie; was kan der Landmann geben,
Bieth ich gehorſamſt an. Das ſchlechte Hirtenleben
Vermag nicht gar zu viel. Die Michal wird erroͤth,
Und ſchweiget hiezu ſtill, das ſchier den David toͤdt,
Weil er denckt, ſeine Wort die haben ſie betruͤbet,
Und daß es dieſe ſey, die Adrielen liebet,
Dahero ſeine Wort nicht wohl genommen an;
Er liebt ſie allbereits, ohn daß er hoffen kan.
Jndem ſagt ſie zu ihm: Jch bin hieher gekommen
Wohl recht von ungefehr, dann wir uns fuͤrgenommen,
Noch geſtern wiederum in Gibea zu ſeyn;
Doch ward es uns zu ſpaͤt, und fiel ein Wetter ein,
Das alſo heftig war, daß uns hier zu verbleiben
Die hoͤchſte Noth befahl. Jch werd den Tag anſchreiben,
Sprach David, der mir bringt ſo unverdiente Gnad,
Daß ich nun ſagen kan, wie da geruhet hat
Jn meiner Hoͤl die Zierd von Benjamins Geſchlechte,
Ja von gantz Jſrael; Jch preiß mit allem Rechte
Hochſeelig dieſen Tag, fuͤr andern iſt er hoch.
Der Michal Wangen Zier ein neue Roͤth umzog,
Als ſie hoͤrt dieſes Lob, das ſie nicht wollte hoͤren,
Drum bricht ſie ab die Red, und thut von ihm begehren,
Daß er ihr ſagen ſoll, was das ſey fuͤr ein Hauß,
Das da an jenem Berg fuͤr andern ſchien heraus?
Der Suri wohnet da, ſpricht David, dem gegeben
Zeruja iſt zum Weib. Wie? fraget ſie daneben,
Jſt Davids Schweſter nicht Zeruja, als ich meyn?
Ja, ſprach der Hirt. Sie fragt, ob ſie beerbet ſeyn?
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