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[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743.

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von David.
Er saget wieder: Ja. Jhr Wunsch ist sie zu sehen,
Weil sie sie für der Zeit gekannt. Das kan geschehen,
Sprach David, ohne Müh, ich will gleich zu ihr hin.
Wann ich da, wandt sie ein, nur nicht beschwerlich bin,
Will ich den Weg mit thun. Das war zu grosse Ehre,
Spricht David. Nein, sagt sie, wann ich es so degehre,
Die Schwestern schlaffen noch, und eh sie sind erwacht,
Soll diese kurtze Reis schon seyn zu End gebracht.
Erwachen sie dann gleich, will ich ob ihrem Schrecken,1380.
Daß sie mich finden nicht, nur eine Freud erwecken.
Und weil Zeruja ist der Merob sonders werth,
Will ich sie holen selbst. Hiemit der Kutscher fährt.
Der David der bey ihr in ihrem Wagen sitzet,
Wird von so hoher Güt je mehr und mehr erhitzet,
Doch dämpft er diese Flamm, die eh nicht soll entstehn,
Bis daß er weiß von wem er sich geliebt wird sehn.
Das Hauß drinn Suri wohnt, ein Wald umher beschlosse,
Es lag auf einer Klipp, von deren sich ergosse,
Ein ungestümer Bach, der von dem Regen war1390.
So aufgeschwellt daß er bedrohte mit Gefahr
Den der sich wollt zu leicht in seine Wellen wagen.
Drum wollt der Führer nicht durch diesen Bach durchjagen,
Besondern nahm den Weg weit durch den Wald herum,
Und kame an den Ort, allwo des Löwen Grimm
Von David war gestillt. Die Michal sich erschrecket,
Als sie schaut auf der Erd den Löwen ausgestrecket.
Sie meinet daß er leb, drum spricht ihr David zu,
Und stillet ihre Furcht daß sie nimmt wieder Ruh.1400.
Er kan dieß hohe Werck nicht so gering beschreiben,
Daß Michal sollte nicht darob verwundert bleiben,
Die zu ihm sagt: Fürwahr, der David hat verdient
Nach dieser Helden That, daß sein Ruhm ewig grünt.
Ward sie fürhin erröth, als er ihr Lob ausbreit'te,
So gehet es iezt auch an dieses Helden Seite;
Die Wangen feuren an, die Augen bergen sich.
Er wöllt sie wüst es nicht, doch spricht sie emsiglich
Von dieser grossen That bis sie nach Suri kommen.
Allda Zeruja kaum die Freudenpost vernommen,1410.
Daß
von David.
Er ſaget wieder: Ja. Jhr Wunſch iſt ſie zu ſehen,
Weil ſie ſie fuͤr der Zeit gekannt. Das kan geſchehen,
Sprach David, ohne Muͤh, ich will gleich zu ihr hin.
Wann ich da, wandt ſie ein, nur nicht beſchwerlich bin,
Will ich den Weg mit thun. Das war zu groſſe Ehre,
Spricht David. Nein, ſagt ſie, wann ich es ſo degehre,
Die Schweſtern ſchlaffen noch, und eh ſie ſind erwacht,
Soll dieſe kurtze Reis ſchon ſeyn zu End gebracht.
Erwachen ſie dann gleich, will ich ob ihrem Schrecken,1380.
Daß ſie mich finden nicht, nur eine Freud erwecken.
Und weil Zeruja iſt der Merob ſonders werth,
Will ich ſie holen ſelbſt. Hiemit der Kutſcher faͤhrt.
Der David der bey ihr in ihrem Wagen ſitzet,
Wird von ſo hoher Guͤt je mehr und mehr erhitzet,
Doch daͤmpft er dieſe Flamm, die eh nicht ſoll entſtehn,
Bis daß er weiß von wem er ſich geliebt wird ſehn.
Das Hauß drinn Suri wohnt, ein Wald umher beſchloſſe,
Es lag auf einer Klipp, von deren ſich ergoſſe,
Ein ungeſtuͤmer Bach, der von dem Regen war1390.
So aufgeſchwellt daß er bedrohte mit Gefahr
Den der ſich wollt zu leicht in ſeine Wellen wagen.
Drum wollt der Fuͤhrer nicht durch dieſen Bach durchjagen,
Beſondern nahm den Weg weit durch den Wald herum,
Und kame an den Ort, allwo des Loͤwen Grimm
Von David war geſtillt. Die Michal ſich erſchrecket,
Als ſie ſchaut auf der Erd den Loͤwen ausgeſtrecket.
Sie meinet daß er leb, drum ſpricht ihr David zu,
Und ſtillet ihre Furcht daß ſie nimmt wieder Ruh.1400.
Er kan dieß hohe Werck nicht ſo gering beſchreiben,
Daß Michal ſollte nicht darob verwundert bleiben,
Die zu ihm ſagt: Fuͤrwahr, der David hat verdient
Nach dieſer Helden That, daß ſein Ruhm ewig gruͤnt.
Ward ſie fuͤrhin erroͤth, als er ihr Lob ausbreit’te,
So gehet es iezt auch an dieſes Helden Seite;
Die Wangen feuren an, die Augen bergen ſich.
Er woͤllt ſie wuͤſt es nicht, doch ſpricht ſie emſiglich
Von dieſer groſſen That bis ſie nach Suri kommen.
Allda Zeruja kaum die Freudenpoſt vernommen,1410.
Daß
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[61/0061] von David. Er ſaget wieder: Ja. Jhr Wunſch iſt ſie zu ſehen, Weil ſie ſie fuͤr der Zeit gekannt. Das kan geſchehen, Sprach David, ohne Muͤh, ich will gleich zu ihr hin. Wann ich da, wandt ſie ein, nur nicht beſchwerlich bin, Will ich den Weg mit thun. Das war zu groſſe Ehre, Spricht David. Nein, ſagt ſie, wann ich es ſo degehre, Die Schweſtern ſchlaffen noch, und eh ſie ſind erwacht, Soll dieſe kurtze Reis ſchon ſeyn zu End gebracht. Erwachen ſie dann gleich, will ich ob ihrem Schrecken, Daß ſie mich finden nicht, nur eine Freud erwecken. Und weil Zeruja iſt der Merob ſonders werth, Will ich ſie holen ſelbſt. Hiemit der Kutſcher faͤhrt. Der David der bey ihr in ihrem Wagen ſitzet, Wird von ſo hoher Guͤt je mehr und mehr erhitzet, Doch daͤmpft er dieſe Flamm, die eh nicht ſoll entſtehn, Bis daß er weiß von wem er ſich geliebt wird ſehn. Das Hauß drinn Suri wohnt, ein Wald umher beſchloſſe, Es lag auf einer Klipp, von deren ſich ergoſſe, Ein ungeſtuͤmer Bach, der von dem Regen war So aufgeſchwellt daß er bedrohte mit Gefahr Den der ſich wollt zu leicht in ſeine Wellen wagen. Drum wollt der Fuͤhrer nicht durch dieſen Bach durchjagen, Beſondern nahm den Weg weit durch den Wald herum, Und kame an den Ort, allwo des Loͤwen Grimm Von David war geſtillt. Die Michal ſich erſchrecket, Als ſie ſchaut auf der Erd den Loͤwen ausgeſtrecket. Sie meinet daß er leb, drum ſpricht ihr David zu, Und ſtillet ihre Furcht daß ſie nimmt wieder Ruh. Er kan dieß hohe Werck nicht ſo gering beſchreiben, Daß Michal ſollte nicht darob verwundert bleiben, Die zu ihm ſagt: Fuͤrwahr, der David hat verdient Nach dieſer Helden That, daß ſein Ruhm ewig gruͤnt. Ward ſie fuͤrhin erroͤth, als er ihr Lob ausbreit’te, So gehet es iezt auch an dieſes Helden Seite; Die Wangen feuren an, die Augen bergen ſich. Er woͤllt ſie wuͤſt es nicht, doch ſpricht ſie emſiglich Von dieſer groſſen That bis ſie nach Suri kommen. Allda Zeruja kaum die Freudenpoſt vernommen, Daß

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Zitationshilfe: [Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 10. Zürich, 1743, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bodmer_sammlung10_1743/61>, abgerufen am 21.11.2024.