[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 11. Zürich, 1743.an die d. Ges. von Greifswalde. Poesie Bl. 439. wo ihr euch gäntzlich auf die Par-tey meines Gegners zu schlagen scheinet. Jn der Streitfrage, ob und wieferne Schoch das ihm beygelegte Lob verdiene, wollet ihr euch gar nicht in eine Erörterung einlassen, sondern eine genaue Neutralität beobachten. Am allerdeutlichsten aber verräth sich die Syncretistische Gleichgültigkeit in dem Artickel über die Frage: Ob die Critick glücklicher auf verstorbene, oder auf lebendige ge- richtet werde? Wo ihr bald, wie Bl. 444. Bod- mern fast gänzlich Beyfall gebet; bald aber, wie auf der folgenden Seite, behauptet, es lasse sich nichts gewisses bestimmen; sondern es komme auf die Gemüths-Beschaffenheit eines jeden Kunstrichters an. Heißt dieses nicht auf beyden Seiten hinken? Man vergleiche darmit was ihr oben auf der 417ten Seite aus meiner Vor- rede zu der Dichtkunst von dem Amt eines Cri- tici anführet. XIII. Das Urtheil von Milton und von Hrn. wen- B 3
an die d. Geſ. von Greifswalde. Poeſie Bl. 439. wo ihr euch gaͤntzlich auf die Par-tey meines Gegners zu ſchlagen ſcheinet. Jn der Streitfrage, ob und wieferne Schoch das ihm beygelegte Lob verdiene, wollet ihr euch gar nicht in eine Eroͤrterung einlaſſen, ſondern eine genaue Neutralitaͤt beobachten. Am allerdeutlichſten aber verraͤth ſich die Syncretiſtiſche Gleichguͤltigkeit in dem Artickel uͤber die Frage: Ob die Critick gluͤcklicher auf verſtorbene, oder auf lebendige ge- richtet werde? Wo ihr bald, wie Bl. 444. Bod- mern faſt gaͤnzlich Beyfall gebet; bald aber, wie auf der folgenden Seite, behauptet, es laſſe ſich nichts gewiſſes beſtimmen; ſondern es komme auf die Gemuͤths-Beſchaffenheit eines jeden Kunſtrichters an. Heißt dieſes nicht auf beyden Seiten hinken? Man vergleiche darmit was ihr oben auf der 417ten Seite aus meiner Vor- rede zu der Dichtkunſt von dem Amt eines Cri- tici anfuͤhret. XIII. Das Urtheil von Milton und von Hrn. wen- B 3
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an die d. Geſ. von Greifswalde.
Poeſie Bl. 439. wo ihr euch gaͤntzlich auf die Par-
tey meines Gegners zu ſchlagen ſcheinet. Jn der
Streitfrage, ob und wieferne Schoch das ihm
beygelegte Lob verdiene, wollet ihr euch gar nicht
in eine Eroͤrterung einlaſſen, ſondern eine genaue
Neutralitaͤt beobachten. Am allerdeutlichſten
aber verraͤth ſich die Syncretiſtiſche Gleichguͤltigkeit
in dem Artickel uͤber die Frage: Ob die Critick
gluͤcklicher auf verſtorbene, oder auf lebendige ge-
richtet werde? Wo ihr bald, wie Bl. 444. Bod-
mern faſt gaͤnzlich Beyfall gebet; bald aber,
wie auf der folgenden Seite, behauptet, es laſſe
ſich nichts gewiſſes beſtimmen; ſondern es
komme auf die Gemuͤths-Beſchaffenheit eines
jeden Kunſtrichters an. Heißt dieſes nicht auf
beyden Seiten hinken? Man vergleiche darmit
was ihr oben auf der 417ten Seite aus meiner Vor-
rede zu der Dichtkunſt von dem Amt eines Cri-
tici anfuͤhret.
XIII. Das Urtheil von Milton und von Hrn.
Bodmers Ueberſetzung, welches ich in der dritten
Ausgabe meiner Critiſchen Dichtkunſt auf der 685.
Seite unter dem Scheine einer Erklaͤrung gaͤntzlich
widerruffen habe, begleitet ihr mit einer recht ſpoͤtti-
ſchen Anmerckung, die keine andere Wirckung ha-
ben kan, als daß ſie mich bey jedermann zum Ge-
laͤchter machen muß. Jhr ſaget: Wo die letz-
tern Gedancken allemahl die beſten ſind, ſo
muß dieſes Urtheil, welches den Milton und die
Bodmeriſche Ueberſetzung zugleich, des Ungeheu-
ren, Rauhen und Widrigen beſchuldiget, noth-
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