[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und anderer geistvollen Schriften. Bd. 12. Zürich, 1744.des Wahnes bedienen könne. thums zulänglich bewaffnet? Brauchen wirdiese Waffen nicht, sondern lassen sie durch Nach- lässigkeit verrosten, so ist die Schuld unser. Da- rum hätte J. A. K. die Critick über den Aeolus beym Virgil wohl zu Hause lassen können; es wäre auch geschehen, wenn er sie nicht zu allem Unglücke beym Clerc angetroffen hätte. Jm übrigen wird J. A. K. wohl thun, wenn er die Gesetze des Wahrscheinlichen in Hrn. Breitin- gers Dichtkunst auf der 138. Seite (denn in der Gottschedischen würde er sie vergeblich suchen) sich wohl bekannt machet und erwiegt, damit er nicht fernerhin in währender Zeit, daß er vermeynet die Rechte der Poesie über den Wahn zu beschützen, die Poesie selbst bestreite und ver- urtheile. Endlich kömmt J. A. K. auf der 274. Seite "Wenn ein Wahn die Wie nimmt ein Wahn die was
des Wahnes bedienen koͤnne. thums zulaͤnglich bewaffnet? Brauchen wirdieſe Waffen nicht, ſondern laſſen ſie durch Nach- laͤſſigkeit verroſten, ſo iſt die Schuld unſer. Da- rum haͤtte J. A. K. die Critick uͤber den Aeolus beym Virgil wohl zu Hauſe laſſen koͤnnen; es waͤre auch geſchehen, wenn er ſie nicht zu allem Ungluͤcke beym Clerc angetroffen haͤtte. Jm uͤbrigen wird J. A. K. wohl thun, wenn er die Geſetze des Wahrſcheinlichen in Hrn. Breitin- gers Dichtkunſt auf der 138. Seite (denn in der Gottſchediſchen wuͤrde er ſie vergeblich ſuchen) ſich wohl bekannt machet und erwiegt, damit er nicht fernerhin in waͤhrender Zeit, daß er vermeynet die Rechte der Poeſie uͤber den Wahn zu beſchuͤtzen, die Poeſie ſelbſt beſtreite und ver- urtheile. Endlich koͤmmt J. A. K. auf der 274. Seite „Wenn ein Wahn die Wie nimmt ein Wahn die was
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des Wahnes bedienen koͤnne.
thums zulaͤnglich bewaffnet? Brauchen wir
dieſe Waffen nicht, ſondern laſſen ſie durch Nach-
laͤſſigkeit verroſten, ſo iſt die Schuld unſer. Da-
rum haͤtte J. A. K. die Critick uͤber den Aeolus
beym Virgil wohl zu Hauſe laſſen koͤnnen; es
waͤre auch geſchehen, wenn er ſie nicht zu allem
Ungluͤcke beym Clerc angetroffen haͤtte. Jm
uͤbrigen wird J. A. K. wohl thun, wenn er die
Geſetze des Wahrſcheinlichen in Hrn. Breitin-
gers Dichtkunſt auf der 138. Seite (denn in der
Gottſchediſchen wuͤrde er ſie vergeblich ſuchen)
ſich wohl bekannt machet und erwiegt, damit
er nicht fernerhin in waͤhrender Zeit, daß er
vermeynet die Rechte der Poeſie uͤber den Wahn
zu beſchuͤtzen, die Poeſie ſelbſt beſtreite und ver-
urtheile.
Endlich koͤmmt J. A. K. auf der 274. Seite
auf den Artickel von der Sage. Er giebt davon
folgende Erklaͤrung:
„Wenn ein Wahn die
„Geſtalt einer Geſchichte annimmt, und als
„eine Begebenheit unter den Menſchen fortge-
„pflantzet wird, er mag nun entſprungen ſeyn
„woher er wolle, ſo bekoͤmmt er den Nahmen
„einer Sage.„
Wie nimmt ein Wahn die
Geſtalt einer Geſchichte an? Kan denn aller
Wahn ohne Unterſcheid zu einer Sage werden?
Oder entſpringt jede Sage nothwendig aus ei-
nem vorgaͤngigen Wahn? Wie oft war die
Zeit her bey uns die Sage, die Franzoſen haben
geſieget: Aus was fuͤr einem Wahne mag wohl
dieſe Sage entſtanden ſeyn? Wenn die Glaub-
wuͤrdigkeit einer Erzehlung nicht genugſam be-
zeuget, wenn ſie mit Grund noch zweifelhaft iſt,
was
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