Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.7. Das Beinzeug. leicht nicht ohne Mitbeteiligung Maximilians I. und des MarkgrafenAlbrecht Achilles von Brandenburg; es führte in der Schuhform unmittelbar zu enormen Übertreibungen. Statt der schmalen gotischen Schnabelschuhe erscheinen die ungeheuerlichen Bärenfüsse oder Kuhmäuler (pieds d'ours) von erschrecklicher Plumpheit. Erst um 1530 mässigt sich allgemach deren Dimension und die Formen der Schuhe nähern sich allmählich der Fussform, zunächst sehen wir sie abgezackt mit scharfen Ecken, später um 1550 rundet sich der Vorderteil und es entstehen die sogenannten Entenschnäbel, erst um 1560 nimmt der Schuh die natürliche Form des Vorfusses an, wie es die Zehenlage erfordert; nur ist eine leichte Hinneigung er- kennbar, den Vorfuss spitzig und damit schmal zu gestalten. Siehe das nebenstehende Schema. (Fig. 130.) Von der Mitte des 16. Jahr- hunderts an ist ein reges Streben der Plattner ersichtlich, den Fuss [Abbildung]
Fig. 130. im Eisenschuh beweglicher zu gestalten und damit das Reiten aufEisenschuhformen. beweglicheren Pferden zu erleichtern. Zunächst ersehen wir das Ristgeschübe, etwas weiter vor das Ballengeschübe, endlich wird noch an der Beinröhre selbst ein Geschübe zunächst oberhalb der Knöchel, das Knöchelgeschübe, angeordnet. (Fig. 127 und 129.) Dass man um 1570 hier und da wieder begann, Eisenschuhe zu Vorkehrungen zum Anlegen der Sporen an die Fersen sind der 7. Das Beinzeug. leicht nicht ohne Mitbeteiligung Maximilians I. und des MarkgrafenAlbrecht Achilles von Brandenburg; es führte in der Schuhform unmittelbar zu enormen Übertreibungen. Statt der schmalen gotischen Schnabelschuhe erscheinen die ungeheuerlichen Bärenfüſse oder Kuhmäuler (pieds d’ours) von erschrecklicher Plumpheit. Erst um 1530 mäſsigt sich allgemach deren Dimension und die Formen der Schuhe nähern sich allmählich der Fuſsform, zunächst sehen wir sie abgezackt mit scharfen Ecken, später um 1550 rundet sich der Vorderteil und es entstehen die sogenannten Entenschnäbel, erst um 1560 nimmt der Schuh die natürliche Form des Vorfuſses an, wie es die Zehenlage erfordert; nur ist eine leichte Hinneigung er- kennbar, den Vorfuſs spitzig und damit schmal zu gestalten. Siehe das nebenstehende Schema. (Fig. 130.) Von der Mitte des 16. Jahr- hunderts an ist ein reges Streben der Plattner ersichtlich, den Fuſs [Abbildung]
Fig. 130. im Eisenschuh beweglicher zu gestalten und damit das Reiten aufEisenschuhformen. beweglicheren Pferden zu erleichtern. Zunächst ersehen wir das Ristgeschübe, etwas weiter vor das Ballengeschübe, endlich wird noch an der Beinröhre selbst ein Geschübe zunächst oberhalb der Knöchel, das Knöchelgeschübe, angeordnet. (Fig. 127 und 129.) Daſs man um 1570 hier und da wieder begann, Eisenschuhe zu Vorkehrungen zum Anlegen der Sporen an die Fersen sind der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0137" n="119"/><fw place="top" type="header">7. Das Beinzeug.</fw><lb/> leicht nicht ohne Mitbeteiligung <hi rendition="#g">Maximilians</hi> I. und des Markgrafen<lb/><hi rendition="#g">Albrecht Achilles von Brandenburg</hi>; es führte in der Schuhform<lb/> unmittelbar zu enormen Übertreibungen. Statt der schmalen gotischen<lb/> Schnabelschuhe erscheinen die ungeheuerlichen <hi rendition="#g">Bärenfüſse</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Kuhmäuler</hi> (pieds d’ours) von erschrecklicher Plumpheit. Erst um<lb/> 1530 mäſsigt sich allgemach deren Dimension und die Formen<lb/> der Schuhe nähern sich allmählich der Fuſsform, zunächst sehen wir<lb/> sie abgezackt mit scharfen Ecken, später um 1550 rundet sich der<lb/> Vorderteil und es entstehen die sogenannten <hi rendition="#g">Entenschnäbel</hi>, erst<lb/> um 1560 nimmt der Schuh die natürliche Form des Vorfuſses an,<lb/> wie es die Zehenlage erfordert; nur ist eine leichte Hinneigung er-<lb/> kennbar, den Vorfuſs spitzig und damit schmal zu gestalten. Siehe<lb/> das nebenstehende Schema. (Fig. 130.) Von der Mitte des 16. Jahr-<lb/> hunderts an ist ein reges Streben der Plattner ersichtlich, den Fuſs<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 130.</head><p><hi rendition="#g">Eisenschuhformen</hi>.<lb/> a. 1290—1390. b. 1300—1490. c. 1500—<lb/> 1530. d. 1530—1540. e. 1540—1550.<lb/> f. 1550—1560. g. 1560—1590.</p></figure><lb/> im Eisenschuh beweglicher zu gestalten und damit das Reiten auf<lb/> beweglicheren Pferden zu erleichtern. Zunächst ersehen wir das<lb/><hi rendition="#g">Ristgeschübe</hi>, etwas weiter vor das <hi rendition="#g">Ballengeschübe</hi>, endlich wird<lb/> noch an der Beinröhre selbst ein Geschübe zunächst oberhalb der<lb/> Knöchel, das <hi rendition="#g">Knöchelgeschübe</hi>, angeordnet. (Fig. 127 und 129.)</p><lb/> <p>Daſs man um 1570 hier und da wieder begann, Eisenschuhe zu<lb/> tragen, welche nicht in Verbindung mit den Beinröhren standen, zeigt<lb/> ein derlei Paar italienischer Provenienz in der kais. Waffensammlung<lb/> zu Wien. Sie gehörten aber sicher keinem Vornehmen an.</p><lb/> <p>Vorkehrungen zum Anlegen der Sporen an die Fersen sind der<lb/> verschiedensten Art. Ist das Beinzeug an der Ferse hoch aus-<lb/> geschnitten, dann war der Sporn unterhalb des Eisenschuhes befestigt.<lb/> Um 1560 wird nicht selten der Spornhals an die Fersenplatte ge-<lb/> nietet, wie zahlreiche Beispiele erweisen. In den meisten Fällen aber<lb/> wurde der Sporn über den Eisenschuh mittelst Riemen geschnallt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [119/0137]
7. Das Beinzeug.
leicht nicht ohne Mitbeteiligung Maximilians I. und des Markgrafen
Albrecht Achilles von Brandenburg; es führte in der Schuhform
unmittelbar zu enormen Übertreibungen. Statt der schmalen gotischen
Schnabelschuhe erscheinen die ungeheuerlichen Bärenfüſse oder
Kuhmäuler (pieds d’ours) von erschrecklicher Plumpheit. Erst um
1530 mäſsigt sich allgemach deren Dimension und die Formen
der Schuhe nähern sich allmählich der Fuſsform, zunächst sehen wir
sie abgezackt mit scharfen Ecken, später um 1550 rundet sich der
Vorderteil und es entstehen die sogenannten Entenschnäbel, erst
um 1560 nimmt der Schuh die natürliche Form des Vorfuſses an,
wie es die Zehenlage erfordert; nur ist eine leichte Hinneigung er-
kennbar, den Vorfuſs spitzig und damit schmal zu gestalten. Siehe
das nebenstehende Schema. (Fig. 130.) Von der Mitte des 16. Jahr-
hunderts an ist ein reges Streben der Plattner ersichtlich, den Fuſs
[Abbildung Fig. 130. Eisenschuhformen.
a. 1290—1390. b. 1300—1490. c. 1500—
1530. d. 1530—1540. e. 1540—1550.
f. 1550—1560. g. 1560—1590.]
im Eisenschuh beweglicher zu gestalten und damit das Reiten auf
beweglicheren Pferden zu erleichtern. Zunächst ersehen wir das
Ristgeschübe, etwas weiter vor das Ballengeschübe, endlich wird
noch an der Beinröhre selbst ein Geschübe zunächst oberhalb der
Knöchel, das Knöchelgeschübe, angeordnet. (Fig. 127 und 129.)
Daſs man um 1570 hier und da wieder begann, Eisenschuhe zu
tragen, welche nicht in Verbindung mit den Beinröhren standen, zeigt
ein derlei Paar italienischer Provenienz in der kais. Waffensammlung
zu Wien. Sie gehörten aber sicher keinem Vornehmen an.
Vorkehrungen zum Anlegen der Sporen an die Fersen sind der
verschiedensten Art. Ist das Beinzeug an der Ferse hoch aus-
geschnitten, dann war der Sporn unterhalb des Eisenschuhes befestigt.
Um 1560 wird nicht selten der Spornhals an die Fersenplatte ge-
nietet, wie zahlreiche Beispiele erweisen. In den meisten Fällen aber
wurde der Sporn über den Eisenschuh mittelst Riemen geschnallt.
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