Schuhkappen, erhielten. (Fig. 125.) In die Gattung der Trab- harnische reihen sich die in Italien viel getragenen leichten Harnische, deren Platten durchaus in Dessins durchbrochen gearbeitet waren. Wir bringen hier ein derartig gearbeitetes Beinzeug nach einem Mo- dell aus der Sammlung Poldi-Pezzoli in Mailand. (Fig. 126.)
Wir sehen in den Sammlungen zahlreiche ganze Harnische, welche je nach Gefallen auch als halbe getragen werden konnten. Sie kenn- zeichnen sich durch den aufgeworfenen Rand am unteren Kniebuckel- geschübe.
Von etwa 1570 an finden sich häufig Beinröhren, welche an den inneren Seiten nicht mittelst Häspen (boutons a ressort) ge- schlossen, sondern geschnürt werden. (Fig. 127.)
Der Eisenschuh (soleret) tritt von der 2. Hälfte des 14. Jahr- hunderts an stets in organischer Verbindung mit der Beinröhre auf, ja diese selbst bildet schon einen Teil des Schuhes dadurch, dass sie meist bis an die Ferse reicht und an den entsprechenden Punkten die Knöchelauftriebe besitzt. An den vorderen Ristbogen setzt sich ein nach abwärts gerichtetes Geschübe bis an die Spitze fort.
Der Eisenschuh bildet sich allmählich erst am Ende des 13. Jahr- hunderts, indem eine steife Platte über den mit Panzerzeug bedeckten Vorderfuss gelegt wird, die man an der Ferse mittelst eines Riemens befestigte. Um 1290 ist diese Bedeckung durch ein Geschübe er- setzt. Noch um 1390 besteht der Schuh des gemeinen Söldners aus Leder, das mit kleinen Platten mosaikartig benäht ist. Eisenschuhe vom Anfange des 14. Jahrhunderts enden im Geschübe in eine stumpfe Spitze (Fig. 128), oder sie setzen sich in langen Schnäbeln (fr. a la poulaines, ital. scarpe a punta) fort (Fig. 121), welche etwas nach abwärts gebogen sind. Diese langen Schnäbel, welche man mit Recht als eine Verirrung der Mode betrachtete, hatte gleichwohl, wenigstens anfäng- lich, einen praktischen Zweck. Je unvollkommener das Beinzeug war und je weniger der Reiter im stande war, den Vorfuss auf- und ab- wärts zu bewegen, desto näher lag die Gefahr, den Bügel zu ver- lieren. Der lange Schnabel verhinderte dies und gestattete dem Reiter, den verlorenen Bügel rasch wieder zu erfassen.
Erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts erscheinen die Schuhe vollständig in Verbindung mit dem Beinzeuge. Um 1400 ersehen wir die ersten Beispiele von absteckbaren Schnäbeln; dadurch ver- mochte der Reiter, zu Fuss befindlich, ohne Schwierigkeit zu schreiten. Zu Ross gestiegen, wurden die Schnäbel mittelst Drehbolzen am Rist befestigt. Um 1430 erscheinen in Italien Schuhe mit bis zu 36 cm. langen Schnäbeln aus Holz, mit Leder überzogen und mit Eisen- schuppen belegt, welche erst zu Ross an den Vorfuss gesteckt wurden. Der Schuhschnabel erhält sich bis ca. 1490 im Gebrauch.
In den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts tritt die Reform- bewegung ein, das Prinzip der Bequemlichkeit wird aufgestellt, viel-
I. Die Schutzwaffen.
Schuhkappen, erhielten. (Fig. 125.) In die Gattung der Trab- harnische reihen sich die in Italien viel getragenen leichten Harnische, deren Platten durchaus in Dessins durchbrochen gearbeitet waren. Wir bringen hier ein derartig gearbeitetes Beinzeug nach einem Mo- dell aus der Sammlung Poldi-Pezzoli in Mailand. (Fig. 126.)
Wir sehen in den Sammlungen zahlreiche ganze Harnische, welche je nach Gefallen auch als halbe getragen werden konnten. Sie kenn- zeichnen sich durch den aufgeworfenen Rand am unteren Kniebuckel- geschübe.
Von etwa 1570 an finden sich häufig Beinröhren, welche an den inneren Seiten nicht mittelst Häspen (boutons à ressort) ge- schlossen, sondern geschnürt werden. (Fig. 127.)
Der Eisenschuh (soleret) tritt von der 2. Hälfte des 14. Jahr- hunderts an stets in organischer Verbindung mit der Beinröhre auf, ja diese selbst bildet schon einen Teil des Schuhes dadurch, daſs sie meist bis an die Ferse reicht und an den entsprechenden Punkten die Knöchelauftriebe besitzt. An den vorderen Ristbogen setzt sich ein nach abwärts gerichtetes Geschübe bis an die Spitze fort.
Der Eisenschuh bildet sich allmählich erst am Ende des 13. Jahr- hunderts, indem eine steife Platte über den mit Panzerzeug bedeckten Vorderfuſs gelegt wird, die man an der Ferse mittelst eines Riemens befestigte. Um 1290 ist diese Bedeckung durch ein Geschübe er- setzt. Noch um 1390 besteht der Schuh des gemeinen Söldners aus Leder, das mit kleinen Platten mosaikartig benäht ist. Eisenschuhe vom Anfange des 14. Jahrhunderts enden im Geschübe in eine stumpfe Spitze (Fig. 128), oder sie setzen sich in langen Schnäbeln (fr. à la poulaines, ital. scarpe a punta) fort (Fig. 121), welche etwas nach abwärts gebogen sind. Diese langen Schnäbel, welche man mit Recht als eine Verirrung der Mode betrachtete, hatte gleichwohl, wenigstens anfäng- lich, einen praktischen Zweck. Je unvollkommener das Beinzeug war und je weniger der Reiter im stande war, den Vorfuſs auf- und ab- wärts zu bewegen, desto näher lag die Gefahr, den Bügel zu ver- lieren. Der lange Schnabel verhinderte dies und gestattete dem Reiter, den verlorenen Bügel rasch wieder zu erfassen.
Erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts erscheinen die Schuhe vollständig in Verbindung mit dem Beinzeuge. Um 1400 ersehen wir die ersten Beispiele von absteckbaren Schnäbeln; dadurch ver- mochte der Reiter, zu Fuſs befindlich, ohne Schwierigkeit zu schreiten. Zu Roſs gestiegen, wurden die Schnäbel mittelst Drehbolzen am Rist befestigt. Um 1430 erscheinen in Italien Schuhe mit bis zu 36 cm. langen Schnäbeln aus Holz, mit Leder überzogen und mit Eisen- schuppen belegt, welche erst zu Roſs an den Vorfuſs gesteckt wurden. Der Schuhschnabel erhält sich bis ca. 1490 im Gebrauch.
In den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts tritt die Reform- bewegung ein, das Prinzip der Bequemlichkeit wird aufgestellt, viel-
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[118/0136]
I. Die Schutzwaffen.
Schuhkappen, erhielten. (Fig. 125.) In die Gattung der Trab-
harnische reihen sich die in Italien viel getragenen leichten Harnische,
deren Platten durchaus in Dessins durchbrochen gearbeitet waren.
Wir bringen hier ein derartig gearbeitetes Beinzeug nach einem Mo-
dell aus der Sammlung Poldi-Pezzoli in Mailand. (Fig. 126.)
Wir sehen in den Sammlungen zahlreiche ganze Harnische, welche
je nach Gefallen auch als halbe getragen werden konnten. Sie kenn-
zeichnen sich durch den aufgeworfenen Rand am unteren Kniebuckel-
geschübe.
Von etwa 1570 an finden sich häufig Beinröhren, welche an
den inneren Seiten nicht mittelst Häspen (boutons à ressort) ge-
schlossen, sondern geschnürt werden. (Fig. 127.)
Der Eisenschuh (soleret) tritt von der 2. Hälfte des 14. Jahr-
hunderts an stets in organischer Verbindung mit der Beinröhre auf,
ja diese selbst bildet schon einen Teil des Schuhes dadurch, daſs sie
meist bis an die Ferse reicht und an den entsprechenden Punkten
die Knöchelauftriebe besitzt. An den vorderen Ristbogen setzt
sich ein nach abwärts gerichtetes Geschübe bis an die Spitze fort.
Der Eisenschuh bildet sich allmählich erst am Ende des 13. Jahr-
hunderts, indem eine steife Platte über den mit Panzerzeug bedeckten
Vorderfuſs gelegt wird, die man an der Ferse mittelst eines Riemens
befestigte. Um 1290 ist diese Bedeckung durch ein Geschübe er-
setzt. Noch um 1390 besteht der Schuh des gemeinen Söldners aus
Leder, das mit kleinen Platten mosaikartig benäht ist. Eisenschuhe
vom Anfange des 14. Jahrhunderts enden im Geschübe in eine stumpfe
Spitze (Fig. 128), oder sie setzen sich in langen Schnäbeln (fr. à la
poulaines, ital. scarpe a punta) fort (Fig. 121), welche etwas nach abwärts
gebogen sind. Diese langen Schnäbel, welche man mit Recht als eine
Verirrung der Mode betrachtete, hatte gleichwohl, wenigstens anfäng-
lich, einen praktischen Zweck. Je unvollkommener das Beinzeug war
und je weniger der Reiter im stande war, den Vorfuſs auf- und ab-
wärts zu bewegen, desto näher lag die Gefahr, den Bügel zu ver-
lieren. Der lange Schnabel verhinderte dies und gestattete dem Reiter,
den verlorenen Bügel rasch wieder zu erfassen.
Erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts erscheinen die Schuhe
vollständig in Verbindung mit dem Beinzeuge. Um 1400 ersehen
wir die ersten Beispiele von absteckbaren Schnäbeln; dadurch ver-
mochte der Reiter, zu Fuſs befindlich, ohne Schwierigkeit zu schreiten.
Zu Roſs gestiegen, wurden die Schnäbel mittelst Drehbolzen am Rist
befestigt. Um 1430 erscheinen in Italien Schuhe mit bis zu 36 cm.
langen Schnäbeln aus Holz, mit Leder überzogen und mit Eisen-
schuppen belegt, welche erst zu Roſs an den Vorfuſs gesteckt wurden.
Der Schuhschnabel erhält sich bis ca. 1490 im Gebrauch.
In den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts tritt die Reform-
bewegung ein, das Prinzip der Bequemlichkeit wird aufgestellt, viel-
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/136>, abgerufen am 23.11.2024.
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