8. Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
ernsten Denker bildet sie ein kulturhistorisches Beispiel von hohem Interesse, dem Kunstfreund bietet sie in ihren tausendfachen herr- lichen Ausgestaltungen einen Gegenstand der Bewunderung und des anregendsten Studiums.
In ihren kleinen Einzelheiten, den Detailformen gewisser Partieen, den Verbindungen u. dergl. zeigen die Plattenharnische viele Ver- schiedenheiten. So zeigen italienische, besonders mailändische Harnische Eigentümlichkeiten in der Zusammensetzung, die von den in Deutsch- land üblichen sehr verschieden sind. Ebenso zeigt die Beobachtung, dass fast jeder einzelne der deutschen Plattner in den Formen und Verbindungen seinen eigenen Gedanken und Erfahrungen folgte. Um diese zahlreichen Varianten sich ins Gedächtnis einzuprägen, ist zu- nächst die Betrachtung von möglichst vielen Harnischen erforderlich. Zu diesem Studium kann das vorliegende Buch begreiflicherweise nur Anhaltspunkte liefern, die durch Vergleiche auch in den gegebenen Abbildungen sich finden werden.
Je weniger Materialien uns zum Studium der orientalischen Harnischformen zu Gebote stehen, um so wertvoller muss uns jeder und selbst der einfachste Beleg sein, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir die wichtigsten Lehren der Kriegskunst und Technik aus dem Oriente erhalten haben. Was uns zum Studium der orientali- schen Kriegstracht zur Verfügung steht, ist äusserst wenig. Originale Reste reichen kaum ins Mittelalter zurück, gleichzeitige Abbildungen besitzen wir nur von den Indern, Griechen, Japanesen und den Persern, nicht aber von den Arabern und Türken; nur die in mancher Richtung emanzipierten Sarazenen und Mauren des Mittelalters wagten über die Darstellung von Tierfiguren hinaus, in seltenen Fällen Ab- bildungen von Menschen, und dann nur in phantastischer Gestalt zu fertigen. Die Schilderungen gleichzeitiger europäischer Chronisten sind unzuverlässig und nicht selten geradezu erfunden. Nur ein Um- stand kommt uns dabei sehr zu Hilfe, dass die Formen im Oriente mit ungemeiner Zähigkeit in Jahrhunderten sich unverändert erhalten, wodurch es uns ermöglicht wird, in vielen Fällen von der jüngeren Form auf die ältere zu schliessen.
In den arabischen-persischen Ländern ist seit Jahrhunderten das allgemeine Kriegskleid der Kaftan, der in der Mitte des Leibes durch einen metallenen Gürtel gehalten wird. Brust, Rücken und Achseln, seltener die Oberarme, erhalten metallene Beschläge von verschiedener Grösse, die aufgenäht oder aufgenietet, in den meisten Fällen auch durch Gravierungen oder in gestanzter Arbeit verziert sind. (Fig. 173.) Besonders war es die Brust, welcher besondere Aufmerksamkeit bezüglich des Schutzes gewidmet wurde. Die Be- schläge daselbst sind immer reicher ausgestattet, und selbst bei dem Ärmsten wenigstens mit dem Zeichen der "taughra" versehen. Der tief ins politische und Bürgerleben eingreifende religiöse Glaube ver-
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8. Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
ernsten Denker bildet sie ein kulturhistorisches Beispiel von hohem Interesse, dem Kunstfreund bietet sie in ihren tausendfachen herr- lichen Ausgestaltungen einen Gegenstand der Bewunderung und des anregendsten Studiums.
In ihren kleinen Einzelheiten, den Detailformen gewisser Partieen, den Verbindungen u. dergl. zeigen die Plattenharnische viele Ver- schiedenheiten. So zeigen italienische, besonders mailändische Harnische Eigentümlichkeiten in der Zusammensetzung, die von den in Deutsch- land üblichen sehr verschieden sind. Ebenso zeigt die Beobachtung, daſs fast jeder einzelne der deutschen Plattner in den Formen und Verbindungen seinen eigenen Gedanken und Erfahrungen folgte. Um diese zahlreichen Varianten sich ins Gedächtnis einzuprägen, ist zu- nächst die Betrachtung von möglichst vielen Harnischen erforderlich. Zu diesem Studium kann das vorliegende Buch begreiflicherweise nur Anhaltspunkte liefern, die durch Vergleiche auch in den gegebenen Abbildungen sich finden werden.
Je weniger Materialien uns zum Studium der orientalischen Harnischformen zu Gebote stehen, um so wertvoller muſs uns jeder und selbst der einfachste Beleg sein, wenn wir uns vor Augen halten, daſs wir die wichtigsten Lehren der Kriegskunst und Technik aus dem Oriente erhalten haben. Was uns zum Studium der orientali- schen Kriegstracht zur Verfügung steht, ist äuſserst wenig. Originale Reste reichen kaum ins Mittelalter zurück, gleichzeitige Abbildungen besitzen wir nur von den Indern, Griechen, Japanesen und den Persern, nicht aber von den Arabern und Türken; nur die in mancher Richtung emanzipierten Sarazenen und Mauren des Mittelalters wagten über die Darstellung von Tierfiguren hinaus, in seltenen Fällen Ab- bildungen von Menschen, und dann nur in phantastischer Gestalt zu fertigen. Die Schilderungen gleichzeitiger europäischer Chronisten sind unzuverlässig und nicht selten geradezu erfunden. Nur ein Um- stand kommt uns dabei sehr zu Hilfe, daſs die Formen im Oriente mit ungemeiner Zähigkeit in Jahrhunderten sich unverändert erhalten, wodurch es uns ermöglicht wird, in vielen Fällen von der jüngeren Form auf die ältere zu schlieſsen.
In den arabischen-persischen Ländern ist seit Jahrhunderten das allgemeine Kriegskleid der Kaftan, der in der Mitte des Leibes durch einen metallenen Gürtel gehalten wird. Brust, Rücken und Achseln, seltener die Oberarme, erhalten metallene Beschläge von verschiedener Gröſse, die aufgenäht oder aufgenietet, in den meisten Fällen auch durch Gravierungen oder in gestanzter Arbeit verziert sind. (Fig. 173.) Besonders war es die Brust, welcher besondere Aufmerksamkeit bezüglich des Schutzes gewidmet wurde. Die Be- schläge daselbst sind immer reicher ausgestattet, und selbst bei dem Ärmsten wenigstens mit dem Zeichen der „tûghra“ versehen. Der tief ins politische und Bürgerleben eingreifende religiöse Glaube ver-
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8. Der Harnisch für den Mann in seiner Gesamtheit.
ernsten Denker bildet sie ein kulturhistorisches Beispiel von hohem
Interesse, dem Kunstfreund bietet sie in ihren tausendfachen herr-
lichen Ausgestaltungen einen Gegenstand der Bewunderung und des
anregendsten Studiums.
In ihren kleinen Einzelheiten, den Detailformen gewisser Partieen,
den Verbindungen u. dergl. zeigen die Plattenharnische viele Ver-
schiedenheiten. So zeigen italienische, besonders mailändische Harnische
Eigentümlichkeiten in der Zusammensetzung, die von den in Deutsch-
land üblichen sehr verschieden sind. Ebenso zeigt die Beobachtung,
daſs fast jeder einzelne der deutschen Plattner in den Formen und
Verbindungen seinen eigenen Gedanken und Erfahrungen folgte. Um
diese zahlreichen Varianten sich ins Gedächtnis einzuprägen, ist zu-
nächst die Betrachtung von möglichst vielen Harnischen erforderlich.
Zu diesem Studium kann das vorliegende Buch begreiflicherweise
nur Anhaltspunkte liefern, die durch Vergleiche auch in den gegebenen
Abbildungen sich finden werden.
Je weniger Materialien uns zum Studium der orientalischen
Harnischformen zu Gebote stehen, um so wertvoller muſs uns jeder
und selbst der einfachste Beleg sein, wenn wir uns vor Augen halten,
daſs wir die wichtigsten Lehren der Kriegskunst und Technik aus
dem Oriente erhalten haben. Was uns zum Studium der orientali-
schen Kriegstracht zur Verfügung steht, ist äuſserst wenig. Originale
Reste reichen kaum ins Mittelalter zurück, gleichzeitige Abbildungen
besitzen wir nur von den Indern, Griechen, Japanesen und den
Persern, nicht aber von den Arabern und Türken; nur die in mancher
Richtung emanzipierten Sarazenen und Mauren des Mittelalters wagten
über die Darstellung von Tierfiguren hinaus, in seltenen Fällen Ab-
bildungen von Menschen, und dann nur in phantastischer Gestalt zu
fertigen. Die Schilderungen gleichzeitiger europäischer Chronisten
sind unzuverlässig und nicht selten geradezu erfunden. Nur ein Um-
stand kommt uns dabei sehr zu Hilfe, daſs die Formen im Oriente
mit ungemeiner Zähigkeit in Jahrhunderten sich unverändert erhalten,
wodurch es uns ermöglicht wird, in vielen Fällen von der jüngeren
Form auf die ältere zu schlieſsen.
In den arabischen-persischen Ländern ist seit Jahrhunderten das
allgemeine Kriegskleid der Kaftan, der in der Mitte des Leibes
durch einen metallenen Gürtel gehalten wird. Brust, Rücken und
Achseln, seltener die Oberarme, erhalten metallene Beschläge von
verschiedener Gröſse, die aufgenäht oder aufgenietet, in den meisten
Fällen auch durch Gravierungen oder in gestanzter Arbeit verziert
sind. (Fig. 173.) Besonders war es die Brust, welcher besondere
Aufmerksamkeit bezüglich des Schutzes gewidmet wurde. Die Be-
schläge daselbst sind immer reicher ausgestattet, und selbst bei dem
Ärmsten wenigstens mit dem Zeichen der „tûghra“ versehen. Der
tief ins politische und Bürgerleben eingreifende religiöse Glaube ver-
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/181>, abgerufen am 26.11.2024.
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