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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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I. Die Schutzwaffen.

Die leichten arabischen Reiter, die Deli, d. i. die Wagehälse,
führten kleine Rundschilde, im Türkischen kalkan genannt, mit
Überzug aus Fischhaut, meist vom squalus cetrina, die entweder
rauh belassen oder glatt geschliffen wird, aus Leder nicht selten mit
schönen, gepressten Ornamenten; endlich finden sich solche aus dünnen
Zweigen aus Feigenholz, welche kreisförmig, konzentrisch angeordnet
und mit Silberdrähten und farbigen Seidenfäden derart übersponnen
sind, dass sich dadurch geschmackvolle Arabesken bilden. Derlei
etwa 60 cm. im Durchmesser haltenden Rundschilde haben ungeachtet
ihres subtilen Materiales eine ungemeine Widerstandskraft gegen den
Schwerthieb.

Die Sarazenen bedienten sich kleiner, handlicher Rundschilde
aus Fisch- oder Nashornhaut, die in der Art der Faustschilde ge-
tragen wurden. Ihr Durchmesser überragt nie 40 cm. Man findet

[Abbildung] Fig. 197.

Sarazenischer Faustschild eines Fussstreiters aus
Nashornhaut, rot gefäbt, mit orientalischen Verzierungen, in Goldfarbe
gemalt. Innen mit Faustgriff und Knöchelpolster. Gefunden im Schutte
der durch Erdbeben 1822 zu Grunde gegangenen Citadelle von Aleppo.
15. Jahrhundert. Vorderseite, Rückseite und Durchschnitt.

sie noch im 17. Jahrhundert und später in Verwendung. (Fig. 197.)

Mit dem Aufkommen der Plattenharnische im westlichen Europa
änderte sich die Tragweise der Tartschen insofern, als diese nun an
die Brust geschraubt wurden.

Wir erwähnen nebenher zweier Schildformen des 14. und
15. Jahrhunderts, welche nicht für den Feldgebrauch bestimmt waren,
des "alten" Fechtschildes, der in den Fechtschulen üblich gewesen
war. Derlei Schilde sind von Holz, mit Leder überzogen und be-
malt; in der Mitte des sehr langen und schmalen Schildes läuft ein
hoher Grat entlang, der auch innen ausgehöhlt ist und in welchem
eine eiserne Tragstange entlang läuft. Ober- und unterhalb stehen
aus dem Schilde lange eiserne Spitzen mit oder ohne Widerhaken
hervor, so dass das Ganze eine Länge von 2,5 Metern besitzt.

I. Die Schutzwaffen.

Die leichten arabischen Reiter, die Deli, d. i. die Wagehälse,
führten kleine Rundschilde, im Türkischen kalkán genannt, mit
Überzug aus Fischhaut, meist vom squalus cetrina, die entweder
rauh belassen oder glatt geschliffen wird, aus Leder nicht selten mit
schönen, gepreſsten Ornamenten; endlich finden sich solche aus dünnen
Zweigen aus Feigenholz, welche kreisförmig, konzentrisch angeordnet
und mit Silberdrähten und farbigen Seidenfäden derart übersponnen
sind, daſs sich dadurch geschmackvolle Arabesken bilden. Derlei
etwa 60 cm. im Durchmesser haltenden Rundschilde haben ungeachtet
ihres subtilen Materiales eine ungemeine Widerstandskraft gegen den
Schwerthieb.

Die Sarazenen bedienten sich kleiner, handlicher Rundschilde
aus Fisch- oder Nashornhaut, die in der Art der Faustschilde ge-
tragen wurden. Ihr Durchmesser überragt nie 40 cm. Man findet

[Abbildung] Fig. 197.

Sarazenischer Faustschild eines Fuſsstreiters aus
Nashornhaut, rot gefäbt, mit orientalischen Verzierungen, in Goldfarbe
gemalt. Innen mit Faustgriff und Knöchelpolster. Gefunden im Schutte
der durch Erdbeben 1822 zu Grunde gegangenen Citadelle von Aleppo.
15. Jahrhundert. Vorderseite, Rückseite und Durchschnitt.

sie noch im 17. Jahrhundert und später in Verwendung. (Fig. 197.)

Mit dem Aufkommen der Plattenharnische im westlichen Europa
änderte sich die Tragweise der Tartschen insofern, als diese nun an
die Brust geschraubt wurden.

Wir erwähnen nebenher zweier Schildformen des 14. und
15. Jahrhunderts, welche nicht für den Feldgebrauch bestimmt waren,
des „alten“ Fechtschildes, der in den Fechtschulen üblich gewesen
war. Derlei Schilde sind von Holz, mit Leder überzogen und be-
malt; in der Mitte des sehr langen und schmalen Schildes läuft ein
hoher Grat entlang, der auch innen ausgehöhlt ist und in welchem
eine eiserne Tragstange entlang läuft. Ober- und unterhalb stehen
aus dem Schilde lange eiserne Spitzen mit oder ohne Widerhaken
hervor, so daſs das Ganze eine Länge von 2,5 Metern besitzt.

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[184/0202] I. Die Schutzwaffen. Die leichten arabischen Reiter, die Deli, d. i. die Wagehälse, führten kleine Rundschilde, im Türkischen kalkán genannt, mit Überzug aus Fischhaut, meist vom squalus cetrina, die entweder rauh belassen oder glatt geschliffen wird, aus Leder nicht selten mit schönen, gepreſsten Ornamenten; endlich finden sich solche aus dünnen Zweigen aus Feigenholz, welche kreisförmig, konzentrisch angeordnet und mit Silberdrähten und farbigen Seidenfäden derart übersponnen sind, daſs sich dadurch geschmackvolle Arabesken bilden. Derlei etwa 60 cm. im Durchmesser haltenden Rundschilde haben ungeachtet ihres subtilen Materiales eine ungemeine Widerstandskraft gegen den Schwerthieb. Die Sarazenen bedienten sich kleiner, handlicher Rundschilde aus Fisch- oder Nashornhaut, die in der Art der Faustschilde ge- tragen wurden. Ihr Durchmesser überragt nie 40 cm. Man findet [Abbildung Fig. 197. Sarazenischer Faustschild eines Fuſsstreiters aus Nashornhaut, rot gefäbt, mit orientalischen Verzierungen, in Goldfarbe gemalt. Innen mit Faustgriff und Knöchelpolster. Gefunden im Schutte der durch Erdbeben 1822 zu Grunde gegangenen Citadelle von Aleppo. 15. Jahrhundert. Vorderseite, Rückseite und Durchschnitt.] sie noch im 17. Jahrhundert und später in Verwendung. (Fig. 197.) Mit dem Aufkommen der Plattenharnische im westlichen Europa änderte sich die Tragweise der Tartschen insofern, als diese nun an die Brust geschraubt wurden. Wir erwähnen nebenher zweier Schildformen des 14. und 15. Jahrhunderts, welche nicht für den Feldgebrauch bestimmt waren, des „alten“ Fechtschildes, der in den Fechtschulen üblich gewesen war. Derlei Schilde sind von Holz, mit Leder überzogen und be- malt; in der Mitte des sehr langen und schmalen Schildes läuft ein hoher Grat entlang, der auch innen ausgehöhlt ist und in welchem eine eiserne Tragstange entlang läuft. Ober- und unterhalb stehen aus dem Schilde lange eiserne Spitzen mit oder ohne Widerhaken hervor, so daſs das Ganze eine Länge von 2,5 Metern besitzt.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/202>, abgerufen am 28.11.2024.