Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen. bestimmend wirkt, das ist der Effekt im einzelnen*). Dieses Strebennach Effekt äussert sich deutlich in der Bewaffnung des körperlich kräftigen, robusten Volksstammes der Germanen. Diesen erschienen die Waffen der Römer wie Spielzeug, ihren Armen entsprach viel besser die Keule, die Axt, das Schwert mit langer Klinge und der Spiess, dessen Schaft in der Hand zu fühlen war. In den frühesten Sagen der Germanen erscheint der eiserne Hammer (mjölnir, der Zermalmer) des Donnergottes Thor. Er stellt die Waffe der ger- manischen Urzeit vor. Die Einführung des Schwertes bedeutete bereits einen mächtigen Vorschritt in der Kultur. Schon vor ihrer Berührung mit den Römern führten die deutschen Völker die zwei- schneidige Spatha. Der Sax war aus dem gemeinen Messer entstanden. Für den Kriegsgebrauch verlängerte sich derselbe und erhielt eine enorme Zunahme an Gewicht. Er wird unter den Burgundern, Alemannen und Franken zum Langsax, endlich zum Scramasax, der, mit zwei Händen geführt, als wuchtiges Hiebmesser, gleich einem Beile wirkte. Die nordischen Völkerschaften wie die Römer, beide sahen sich in der Folge das Vorteilhafteste ab. Von den Germanen ge- langt ursprünglich das Langschwert, die Spatha, zu den Galliern, von diesen zu den Römern, jene entnahmen für sich den Schild und später auch den Dolch. Mit dem Einbruche morgenländischer Völker im 4. Jahrhundert *) Bei dem Mangel jeder Kriegskunst ist es natürlich, dass der Einzelne nur den Erfolg seiner eigenen Thätigkeit in Betracht zog und für den Wert einer Gesamtwirkung nicht das Verständnis besass. Eine grössere Massentaktik, bei welcher naturgemäss der Einzelne in der Menge aufging, stand überhaupt im Gegensatze mit der germanischen Idee des Heldentums. 1*
Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen. bestimmend wirkt, das ist der Effekt im einzelnen*). Dieses Strebennach Effekt äuſsert sich deutlich in der Bewaffnung des körperlich kräftigen, robusten Volksstammes der Germanen. Diesen erschienen die Waffen der Römer wie Spielzeug, ihren Armen entsprach viel besser die Keule, die Axt, das Schwert mit langer Klinge und der Spieſs, dessen Schaft in der Hand zu fühlen war. In den frühesten Sagen der Germanen erscheint der eiserne Hammer (mjölnir, der Zermalmer) des Donnergottes Thor. Er stellt die Waffe der ger- manischen Urzeit vor. Die Einführung des Schwertes bedeutete bereits einen mächtigen Vorschritt in der Kultur. Schon vor ihrer Berührung mit den Römern führten die deutschen Völker die zwei- schneidige Spatha. Der Sax war aus dem gemeinen Messer entstanden. Für den Kriegsgebrauch verlängerte sich derselbe und erhielt eine enorme Zunahme an Gewicht. Er wird unter den Burgundern, Alemannen und Franken zum Langsax, endlich zum Scramasax, der, mit zwei Händen geführt, als wuchtiges Hiebmesser, gleich einem Beile wirkte. Die nordischen Völkerschaften wie die Römer, beide sahen sich in der Folge das Vorteilhafteste ab. Von den Germanen ge- langt ursprünglich das Langschwert, die Spatha, zu den Galliern, von diesen zu den Römern, jene entnahmen für sich den Schild und später auch den Dolch. Mit dem Einbruche morgenländischer Völker im 4. Jahrhundert *) Bei dem Mangel jeder Kriegskunst ist es natürlich, daſs der Einzelne nur den Erfolg seiner eigenen Thätigkeit in Betracht zog und für den Wert einer Gesamtwirkung nicht das Verständnis besaſs. Eine gröſsere Massentaktik, bei welcher naturgemäſs der Einzelne in der Menge aufging, stand überhaupt im Gegensatze mit der germanischen Idee des Heldentums. 1*
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Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundzügen.
bestimmend wirkt, das ist der Effekt im einzelnen *). Dieses Streben
nach Effekt äuſsert sich deutlich in der Bewaffnung des körperlich
kräftigen, robusten Volksstammes der Germanen. Diesen erschienen
die Waffen der Römer wie Spielzeug, ihren Armen entsprach viel
besser die Keule, die Axt, das Schwert mit langer Klinge und der
Spieſs, dessen Schaft in der Hand zu fühlen war. In den frühesten
Sagen der Germanen erscheint der eiserne Hammer (mjölnir, der
Zermalmer) des Donnergottes Thor. Er stellt die Waffe der ger-
manischen Urzeit vor. Die Einführung des Schwertes bedeutete
bereits einen mächtigen Vorschritt in der Kultur. Schon vor ihrer
Berührung mit den Römern führten die deutschen Völker die zwei-
schneidige Spatha. Der Sax war aus dem gemeinen Messer entstanden.
Für den Kriegsgebrauch verlängerte sich derselbe und erhielt eine
enorme Zunahme an Gewicht. Er wird unter den Burgundern,
Alemannen und Franken zum Langsax, endlich zum Scramasax, der,
mit zwei Händen geführt, als wuchtiges Hiebmesser, gleich einem Beile
wirkte. Die nordischen Völkerschaften wie die Römer, beide sahen
sich in der Folge das Vorteilhafteste ab. Von den Germanen ge-
langt ursprünglich das Langschwert, die Spatha, zu den Galliern, von
diesen zu den Römern, jene entnahmen für sich den Schild und
später auch den Dolch.
Mit dem Einbruche morgenländischer Völker im 4. Jahrhundert
machten sich nicht unwesentliche Veränderungen in der Bewaffnung
auch der nordischen Völker geltend. Von Osten her kam die Sitte,
den Körper mit hieb- und stichsicheren Kleidern zu bedecken, in
anderer Art wie die Römer, nicht durch geschlagene Platten, sondern
durch Jacken und Beinkleider aus starkem Leder, mit Ringen benäht
oder durch aufgenietete eiserne Scheiben verstärkt. Von Osten her ge-
langt ferner der orientalische spitze Helm und die Halsbrünne, die
mit Veränderungen sich durch ein volles Jahrtausend erhält. Es
unterliegt keinem Zweifel, daſs der Einfluſs gewisser orientalischer
Völkerschaften, die den Westen betraten, einen kulturellen Einfluſs
auf die Germanen gehabt hatte; es kennzeichnet sich dieses auch in
der Verfeinerung der Formen sowohl, als in der Aufnahme von
Waffen, die der Deutsche bisher mit Verachtung angesehen hatte.
Wir finden nämlich vom 4. ins 5. Jahrhundert die ersten Spuren
der Verwendung von Helmen, des ledernen, eisenbesetzten Panzers,
des Bogens unter germanischen Stämmen. Damit waren die Elemente
für die kriegerische Ausrüstung gegeben, welche im ganzen Mittel-
alter üblich gewesen ist.
*) Bei dem Mangel jeder Kriegskunst ist es natürlich, daſs der Einzelne
nur den Erfolg seiner eigenen Thätigkeit in Betracht zog und für den Wert einer
Gesamtwirkung nicht das Verständnis besaſs. Eine gröſsere Massentaktik,
bei welcher naturgemäſs der Einzelne in der Menge aufging, stand überhaupt im
Gegensatze mit der germanischen Idee des Heldentums.
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