16. Jahrhundert die kunstvollst gebildeten Exemplare in durch- brochenem Eisen und mit Auflagen von Messing. (Fig. 210.) Häufig tritt bei Maulkörben und auch bei Rossstirnen das Emblem der Ei- dechse auf, als ein Symbol unschuldiger Gewandtheit. Wir bringen hier ein Beispiel dieses Ausrüstungsstückes.
Untrennbar von der Zäumung ist die Sattelung des Pferdes. Die ersten Einwanderer im 5. Jahrhundert kannten den Sattel vielleicht, aber sie benutzten ihn nicht. Sie ritten auf roh gewebten Decken mit erstaunlicher Sicherheit, ohne ein Bedürfnis nach einer bequemeren Ausrüstung zu empfinden.
So sitzt auch der sarmatische Reiter auf dem Gefäss aus dem Funde von Gross-Sz. Miklos auf einem ungesattelten Pferde und wir bemerken keine Steig- bügel. (Fig. 133.)
Im 8. Jahrhundert ist die Ver- wendung kleiner und auch reichver- zierter Sättel bereits allgemein und auch der Steigbügel ist schon ein Bedürfnis geworden; doch sind die Sättel noch klein und bestehen aus einem Holz- gestelle mit sehr niederen Vorder- und Hinterbögen, erstere ohne Knopf. Über den Sattel wurde eine kleine Decke gelegt. Die Befestigung erfolgte durch eine Bauchgurte, zuweilen auch durch ein Brust- und Hinterzeug. So er- scheinen die Sättel im Codex aureum von St. Gallen.*)
[Abbildung]
Fig. 210.
Pferdemaulkorb aus verzinntem Eisen, teils durch- brochen, teils mit Drahtgittern aus- gestattet. Auf einem Bande zeigt sich die Inschrift: "Was got beschert, ist vnerwert". 2. Hälfte des 16. Jahr- hunderts. Sammlung Franz Thill in Wien.
Am Ende des 11. Jahrhunderts hat sich eine typische Form der Sättel bereits herausgebildet; wir sehen diese im Teppich von Bayeux in gleicher Form bei den Sachsen wie bei den Normanen. Es ist ein festes Gestelle mit tief stehendem Sattelknopfe und höherem, in eine Schnecke sich ausbiegenden Hinterbogen. (Fig. 211.) Die Steigbügel sind von mässiger Grösse und halbrund gebildet.
Der Sattel mit seinen Teilen besteht aus dem vorderen und hinteren Sattelbogen, dem Sitze, den Seitenblättern, der Decke, den Steigriemen, den Steigbügeln oder Stegreifen, dem Brustriemen, endlich dem Schwanzriemen.
Um 1127 erscheinen die Sättel mit tiefem Sitze. Der vordere Sattelbogen ist nach vorn gedrückt und bildet dort eine Schnecke,
*) Rahn, J. Rud., "Das Psalterium aureum von St. Gallen". St. Gallen 1878.
10. Das Pferdezeug und der Pferdeharnisch.
16. Jahrhundert die kunstvollst gebildeten Exemplare in durch- brochenem Eisen und mit Auflagen von Messing. (Fig. 210.) Häufig tritt bei Maulkörben und auch bei Roſsstirnen das Emblem der Ei- dechse auf, als ein Symbol unschuldiger Gewandtheit. Wir bringen hier ein Beispiel dieses Ausrüstungsstückes.
Untrennbar von der Zäumung ist die Sattelung des Pferdes. Die ersten Einwanderer im 5. Jahrhundert kannten den Sattel vielleicht, aber sie benutzten ihn nicht. Sie ritten auf roh gewebten Decken mit erstaunlicher Sicherheit, ohne ein Bedürfnis nach einer bequemeren Ausrüstung zu empfinden.
So sitzt auch der sarmatische Reiter auf dem Gefäſs aus dem Funde von Groſs-Sz. Miklos auf einem ungesattelten Pferde und wir bemerken keine Steig- bügel. (Fig. 133.)
Im 8. Jahrhundert ist die Ver- wendung kleiner und auch reichver- zierter Sättel bereits allgemein und auch der Steigbügel ist schon ein Bedürfnis geworden; doch sind die Sättel noch klein und bestehen aus einem Holz- gestelle mit sehr niederen Vorder- und Hinterbögen, erstere ohne Knopf. Über den Sattel wurde eine kleine Decke gelegt. Die Befestigung erfolgte durch eine Bauchgurte, zuweilen auch durch ein Brust- und Hinterzeug. So er- scheinen die Sättel im Codex aureum von St. Gallen.*)
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Fig. 210.
Pferdemaulkorb aus verzinntem Eisen, teils durch- brochen, teils mit Drahtgittern aus- gestattet. Auf einem Bande zeigt sich die Inschrift: „Was got beschert, ist vnerwert“. 2. Hälfte des 16. Jahr- hunderts. Sammlung Franz Thill in Wien.
Am Ende des 11. Jahrhunderts hat sich eine typische Form der Sättel bereits herausgebildet; wir sehen diese im Teppich von Bayeux in gleicher Form bei den Sachsen wie bei den Normanen. Es ist ein festes Gestelle mit tief stehendem Sattelknopfe und höherem, in eine Schnecke sich ausbiegenden Hinterbogen. (Fig. 211.) Die Steigbügel sind von mäſsiger Gröſse und halbrund gebildet.
Der Sattel mit seinen Teilen besteht aus dem vorderen und hinteren Sattelbogen, dem Sitze, den Seitenblättern, der Decke, den Steigriemen, den Steigbügeln oder Stegreifen, dem Brustriemen, endlich dem Schwanzriemen.
Um 1127 erscheinen die Sättel mit tiefem Sitze. Der vordere Sattelbogen ist nach vorn gedrückt und bildet dort eine Schnecke,
*) Rahn, J. Rud., „Das Psalterium aureum von St. Gallen“. St. Gallen 1878.
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10. Das Pferdezeug und der Pferdeharnisch.
16. Jahrhundert die kunstvollst gebildeten Exemplare in durch-
brochenem Eisen und mit Auflagen von Messing. (Fig. 210.) Häufig
tritt bei Maulkörben und auch bei Roſsstirnen das Emblem der Ei-
dechse auf, als ein Symbol unschuldiger Gewandtheit. Wir bringen
hier ein Beispiel dieses Ausrüstungsstückes.
Untrennbar von der Zäumung ist die Sattelung des Pferdes. Die
ersten Einwanderer im 5. Jahrhundert
kannten den Sattel vielleicht, aber sie
benutzten ihn nicht. Sie ritten auf
roh gewebten Decken mit erstaunlicher
Sicherheit, ohne ein Bedürfnis nach einer
bequemeren Ausrüstung zu empfinden.
So sitzt auch der sarmatische Reiter
auf dem Gefäſs aus dem Funde von
Groſs-Sz. Miklos auf einem ungesattelten
Pferde und wir bemerken keine Steig-
bügel. (Fig. 133.)
Im 8. Jahrhundert ist die Ver-
wendung kleiner und auch reichver-
zierter Sättel bereits allgemein und auch
der Steigbügel ist schon ein Bedürfnis
geworden; doch sind die Sättel noch
klein und bestehen aus einem Holz-
gestelle mit sehr niederen Vorder- und
Hinterbögen, erstere ohne Knopf. Über
den Sattel wurde eine kleine Decke
gelegt. Die Befestigung erfolgte durch
eine Bauchgurte, zuweilen auch durch
ein Brust- und Hinterzeug. So er-
scheinen die Sättel im Codex aureum
von St. Gallen. *)
[Abbildung Fig. 210. Pferdemaulkorb
aus verzinntem Eisen, teils durch-
brochen, teils mit Drahtgittern aus-
gestattet. Auf einem Bande zeigt sich
die Inschrift: „Was got beschert, ist
vnerwert“. 2. Hälfte des 16. Jahr-
hunderts. Sammlung Franz Thill in
Wien. ]
Am Ende des 11. Jahrhunderts hat sich eine typische Form
der Sättel bereits herausgebildet; wir sehen diese im Teppich von
Bayeux in gleicher Form bei den Sachsen wie bei den Normanen.
Es ist ein festes Gestelle mit tief stehendem Sattelknopfe und höherem,
in eine Schnecke sich ausbiegenden Hinterbogen. (Fig. 211.) Die
Steigbügel sind von mäſsiger Gröſse und halbrund gebildet.
Der Sattel mit seinen Teilen besteht aus dem vorderen und
hinteren Sattelbogen, dem Sitze, den Seitenblättern, der
Decke, den Steigriemen, den Steigbügeln oder Stegreifen,
dem Brustriemen, endlich dem Schwanzriemen.
Um 1127 erscheinen die Sättel mit tiefem Sitze. Der vordere
Sattelbogen ist nach vorn gedrückt und bildet dort eine Schnecke,
*) Rahn, J. Rud., „Das Psalterium aureum von St. Gallen“. St. Gallen 1878.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/215>, abgerufen am 26.11.2024.
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