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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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I. Die Schutzwaffen.
rüstung dadurch, dass dasselbe zur Taktik der Reiterei des Ostens
einen deutlichen Beleg bietet: es ist dies die Handpauke (türk.
tabl), welche an der rechten Seite am Vorderbogen des Sattels an-
gebunden wurde. Die Handpauke finden wir in allen orientalischen
Heeren, auch unter den Tartaren und Polen, im Gebrauch, nur im
ungarischen konnte der Verfasser bisher kein älteres Beispiel ihrer
Verwendung finden. Der Kessel ist gewöhnlich von geschlagenem
Kupfer oder Bronze. Unterhalb verläuft sich derselbe in eine stumpfe
Spitze, an welcher ein Öhr angenietet ist. An diesem Öhr sowohl
als auch am oberen Rande ist die Pauke mit Lederriemen an den
Sattel geschnürt. Der Durchmesser des Schlagfelles überschritt selten
25 cm. Um dasselbe vor Nässe zu schützen, wurde es im Marsche
[Abbildung] Fig. 233.

Türkische Handpauke. Der Kessel ist aus Kupfer
und vergoldet, der Deckel von Metall, mit schwarzem Leder überzogen
und mit Goldfarben bemalt. Dabei der Schlägel. Beutestück aus dem
Feldzuge von 1556.

mit einem Überzug aus Rindsleder ausgestattet. Viele Reiter be-
haupteten, ihre Pauken seien mit Menschenhaut überzogen, deren
Ton angeblich eine unwiderstehliche Wirkung auf den Feind üben
sollte. (Fig. 233.)

In der That war die Handpauke ein ganz vorzügliches Mittel
zur Erhöhung der moralischen Wirkung beim Angriffe gegen Truppen,
die zum erstenmal orientalischer Reiterei gegenüberstanden. Der
ganze mächtige Haufe rückte in allmählich schärfer werdender Gangart
unter fortwährendem Schlagen auf die Handpauken an den Gegner;

I. Die Schutzwaffen.
rüstung dadurch, daſs dasselbe zur Taktik der Reiterei des Ostens
einen deutlichen Beleg bietet: es ist dies die Handpauke (türk.
tabl), welche an der rechten Seite am Vorderbogen des Sattels an-
gebunden wurde. Die Handpauke finden wir in allen orientalischen
Heeren, auch unter den Tartaren und Polen, im Gebrauch, nur im
ungarischen konnte der Verfasser bisher kein älteres Beispiel ihrer
Verwendung finden. Der Kessel ist gewöhnlich von geschlagenem
Kupfer oder Bronze. Unterhalb verläuft sich derselbe in eine stumpfe
Spitze, an welcher ein Öhr angenietet ist. An diesem Öhr sowohl
als auch am oberen Rande ist die Pauke mit Lederriemen an den
Sattel geschnürt. Der Durchmesser des Schlagfelles überschritt selten
25 cm. Um dasselbe vor Nässe zu schützen, wurde es im Marsche
[Abbildung] Fig. 233.

Türkische Handpauke. Der Kessel ist aus Kupfer
und vergoldet, der Deckel von Metall, mit schwarzem Leder überzogen
und mit Goldfarben bemalt. Dabei der Schlägel. Beutestück aus dem
Feldzuge von 1556.

mit einem Überzug aus Rindsleder ausgestattet. Viele Reiter be-
haupteten, ihre Pauken seien mit Menschenhaut überzogen, deren
Ton angeblich eine unwiderstehliche Wirkung auf den Feind üben
sollte. (Fig. 233.)

In der That war die Handpauke ein ganz vorzügliches Mittel
zur Erhöhung der moralischen Wirkung beim Angriffe gegen Truppen,
die zum erstenmal orientalischer Reiterei gegenüberstanden. Der
ganze mächtige Haufe rückte in allmählich schärfer werdender Gangart
unter fortwährendem Schlagen auf die Handpauken an den Gegner;

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[212/0230] I. Die Schutzwaffen. rüstung dadurch, daſs dasselbe zur Taktik der Reiterei des Ostens einen deutlichen Beleg bietet: es ist dies die Handpauke (türk. tabl), welche an der rechten Seite am Vorderbogen des Sattels an- gebunden wurde. Die Handpauke finden wir in allen orientalischen Heeren, auch unter den Tartaren und Polen, im Gebrauch, nur im ungarischen konnte der Verfasser bisher kein älteres Beispiel ihrer Verwendung finden. Der Kessel ist gewöhnlich von geschlagenem Kupfer oder Bronze. Unterhalb verläuft sich derselbe in eine stumpfe Spitze, an welcher ein Öhr angenietet ist. An diesem Öhr sowohl als auch am oberen Rande ist die Pauke mit Lederriemen an den Sattel geschnürt. Der Durchmesser des Schlagfelles überschritt selten 25 cm. Um dasselbe vor Nässe zu schützen, wurde es im Marsche [Abbildung Fig. 233. Türkische Handpauke. Der Kessel ist aus Kupfer und vergoldet, der Deckel von Metall, mit schwarzem Leder überzogen und mit Goldfarben bemalt. Dabei der Schlägel. Beutestück aus dem Feldzuge von 1556.] mit einem Überzug aus Rindsleder ausgestattet. Viele Reiter be- haupteten, ihre Pauken seien mit Menschenhaut überzogen, deren Ton angeblich eine unwiderstehliche Wirkung auf den Feind üben sollte. (Fig. 233.) In der That war die Handpauke ein ganz vorzügliches Mittel zur Erhöhung der moralischen Wirkung beim Angriffe gegen Truppen, die zum erstenmal orientalischer Reiterei gegenüberstanden. Der ganze mächtige Haufe rückte in allmählich schärfer werdender Gangart unter fortwährendem Schlagen auf die Handpauken an den Gegner;

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/230>, abgerufen am 24.11.2024.