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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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II. Die Angriffswaffen.
Demungeachtet bildeten die martialisch aussehenden Schlachtschwert-
rotten bis ans Ende des 16. Jahrhunderts den Stolz des Regimentes.
Durch die Schweizer fand das Schlachtschwert auch in Italien einigen
Eingang und zwar, wie wir bereits bemerkten, in der Form zwei-
händiger Stecher.

Das Kürissschwert, noch unter Kaiser Maximilian I. von der
beschriebenen einfachen Form, verändert sich in der geworbenen
Reiterei mit ungemeiner Raschheit, die Griffe erhalten Faustschutz,
die Klingen werden leichter und schmäler; die italienischen Formen
finden in den deutschen Heeren Eingang, weil die Friauler und Bres-
cianer Werkstätten allein dem Massenbedarf zu entsprechen im stande
waren. Diese fabriksmässige Erzeugung war die erste Veranlassung
zu einer gleichförmigen Bewaffnung der Truppe (Fig. 302, 303). In der
französischen Reiterei treten nach 1550 die Korbgriffe auf, welche
bis an den Schwertknauf reichten und aus Schlagblech durchbrochen
gearbeitet waren. Sie wurden meist von Italienern in Südfrankreich
erzeugt. Eine besondere Schwertform mit langem Griffholz für andert-
halb Hand, geraden, nach abwärts gerichteten Parierstangen und
schmaler, zweischneidiger, etwa 90 cm. langer, spitzer Klinge tritt
uns in den schottisch-englischen Heeren vor Augen, wo sie
claymore, auch glaymore genannt wird. Im späten Mittelalter in
Aufnahme gekommen, verliert sie sich schon am Beginne des 17. Jahr-
hunderts. Der Umstand, dass um diese Zeit die schottischen Reiter
mit einer der schiavona ähnlichen Waffe ausgerüstet wurden, welche
sie, nebenher bemerkt, noch gegenwärtig tragen, hat zu einer Verwech-
selung des claymore mit der schiavona Veranlassung gegeben. Die
schiavona der Schotten besitzt einen schweren, durchbrochenen Korb
aus Blech, der innen mit Leder ausgefüttert ist. (Fig. 304 a und b.)
Um 1520, der Epoche der Verallgemeinerung des Krieges, gewahren
wir das Bestreben, die Klinge der Schwerter zu anderen, als dem
ursprünglichen Zwecke, zu benützen. So finden wir schon um etwa
1520 einschneidige Reiterschwerter mit als Säge gestaltetem Rücken,
der zum Holzsägen verwendbar war. Andere haben an beiden Seiten
einen Kalender eingeätzt, Kalenderschwerter; wieder andere be-
sitzen kreisförmige Hohlschliffe verschiedener Form. Man benutzte
sie angeblich, um in der Nacht im Rosenkranzgebete durch das Tast-
gefühl die Anzahl der Paternoster zu bestimmen; man nennt sie
Schwerter mit Paternosterklingen.

In Italien und Frankreich kommen gegen die Mitte des 15. Jahr-
hunderts in den Fusstruppen Kurzschwerter in Aufnahme, deren
Klingen mit jenen der späteren deutschen Landsknechte einige Ähn-
lichkeit haben (Fig. 305), deren Griffe aber anders gefasst waren
und die auch in anderer Art am Körper getragen wurden. An
diesen Kurzschwertern treten häufig die Griffbügel auf; doch finden
sich auch Griffe ohne diese mit S-förmig horizontal gebogenen Parier-

II. Die Angriffswaffen.
Demungeachtet bildeten die martialisch aussehenden Schlachtschwert-
rotten bis ans Ende des 16. Jahrhunderts den Stolz des Regimentes.
Durch die Schweizer fand das Schlachtschwert auch in Italien einigen
Eingang und zwar, wie wir bereits bemerkten, in der Form zwei-
händiger Stecher.

Das Küriſsschwert, noch unter Kaiser Maximilian I. von der
beschriebenen einfachen Form, verändert sich in der geworbenen
Reiterei mit ungemeiner Raschheit, die Griffe erhalten Faustschutz,
die Klingen werden leichter und schmäler; die italienischen Formen
finden in den deutschen Heeren Eingang, weil die Friauler und Bres-
cianer Werkstätten allein dem Massenbedarf zu entsprechen im stande
waren. Diese fabriksmäſsige Erzeugung war die erste Veranlassung
zu einer gleichförmigen Bewaffnung der Truppe (Fig. 302, 303). In der
französischen Reiterei treten nach 1550 die Korbgriffe auf, welche
bis an den Schwertknauf reichten und aus Schlagblech durchbrochen
gearbeitet waren. Sie wurden meist von Italienern in Südfrankreich
erzeugt. Eine besondere Schwertform mit langem Griffholz für andert-
halb Hand, geraden, nach abwärts gerichteten Parierstangen und
schmaler, zweischneidiger, etwa 90 cm. langer, spitzer Klinge tritt
uns in den schottisch-englischen Heeren vor Augen, wo sie
claymore, auch glaymore genannt wird. Im späten Mittelalter in
Aufnahme gekommen, verliert sie sich schon am Beginne des 17. Jahr-
hunderts. Der Umstand, daſs um diese Zeit die schottischen Reiter
mit einer der schiavona ähnlichen Waffe ausgerüstet wurden, welche
sie, nebenher bemerkt, noch gegenwärtig tragen, hat zu einer Verwech-
selung des claymore mit der schiavona Veranlassung gegeben. Die
schiavona der Schotten besitzt einen schweren, durchbrochenen Korb
aus Blech, der innen mit Leder ausgefüttert ist. (Fig. 304 a und b.)
Um 1520, der Epoche der Verallgemeinerung des Krieges, gewahren
wir das Bestreben, die Klinge der Schwerter zu anderen, als dem
ursprünglichen Zwecke, zu benützen. So finden wir schon um etwa
1520 einschneidige Reiterschwerter mit als Säge gestaltetem Rücken,
der zum Holzsägen verwendbar war. Andere haben an beiden Seiten
einen Kalender eingeätzt, Kalenderschwerter; wieder andere be-
sitzen kreisförmige Hohlschliffe verschiedener Form. Man benutzte
sie angeblich, um in der Nacht im Rosenkranzgebete durch das Tast-
gefühl die Anzahl der Paternoster zu bestimmen; man nennt sie
Schwerter mit Paternosterklingen.

In Italien und Frankreich kommen gegen die Mitte des 15. Jahr-
hunderts in den Fuſstruppen Kurzschwerter in Aufnahme, deren
Klingen mit jenen der späteren deutschen Landsknechte einige Ähn-
lichkeit haben (Fig. 305), deren Griffe aber anders gefaſst waren
und die auch in anderer Art am Körper getragen wurden. An
diesen Kurzschwertern treten häufig die Griffbügel auf; doch finden
sich auch Griffe ohne diese mit S-förmig horizontal gebogenen Parier-

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[264/0282] II. Die Angriffswaffen. Demungeachtet bildeten die martialisch aussehenden Schlachtschwert- rotten bis ans Ende des 16. Jahrhunderts den Stolz des Regimentes. Durch die Schweizer fand das Schlachtschwert auch in Italien einigen Eingang und zwar, wie wir bereits bemerkten, in der Form zwei- händiger Stecher. Das Küriſsschwert, noch unter Kaiser Maximilian I. von der beschriebenen einfachen Form, verändert sich in der geworbenen Reiterei mit ungemeiner Raschheit, die Griffe erhalten Faustschutz, die Klingen werden leichter und schmäler; die italienischen Formen finden in den deutschen Heeren Eingang, weil die Friauler und Bres- cianer Werkstätten allein dem Massenbedarf zu entsprechen im stande waren. Diese fabriksmäſsige Erzeugung war die erste Veranlassung zu einer gleichförmigen Bewaffnung der Truppe (Fig. 302, 303). In der französischen Reiterei treten nach 1550 die Korbgriffe auf, welche bis an den Schwertknauf reichten und aus Schlagblech durchbrochen gearbeitet waren. Sie wurden meist von Italienern in Südfrankreich erzeugt. Eine besondere Schwertform mit langem Griffholz für andert- halb Hand, geraden, nach abwärts gerichteten Parierstangen und schmaler, zweischneidiger, etwa 90 cm. langer, spitzer Klinge tritt uns in den schottisch-englischen Heeren vor Augen, wo sie claymore, auch glaymore genannt wird. Im späten Mittelalter in Aufnahme gekommen, verliert sie sich schon am Beginne des 17. Jahr- hunderts. Der Umstand, daſs um diese Zeit die schottischen Reiter mit einer der schiavona ähnlichen Waffe ausgerüstet wurden, welche sie, nebenher bemerkt, noch gegenwärtig tragen, hat zu einer Verwech- selung des claymore mit der schiavona Veranlassung gegeben. Die schiavona der Schotten besitzt einen schweren, durchbrochenen Korb aus Blech, der innen mit Leder ausgefüttert ist. (Fig. 304 a und b.) Um 1520, der Epoche der Verallgemeinerung des Krieges, gewahren wir das Bestreben, die Klinge der Schwerter zu anderen, als dem ursprünglichen Zwecke, zu benützen. So finden wir schon um etwa 1520 einschneidige Reiterschwerter mit als Säge gestaltetem Rücken, der zum Holzsägen verwendbar war. Andere haben an beiden Seiten einen Kalender eingeätzt, Kalenderschwerter; wieder andere be- sitzen kreisförmige Hohlschliffe verschiedener Form. Man benutzte sie angeblich, um in der Nacht im Rosenkranzgebete durch das Tast- gefühl die Anzahl der Paternoster zu bestimmen; man nennt sie Schwerter mit Paternosterklingen. In Italien und Frankreich kommen gegen die Mitte des 15. Jahr- hunderts in den Fuſstruppen Kurzschwerter in Aufnahme, deren Klingen mit jenen der späteren deutschen Landsknechte einige Ähn- lichkeit haben (Fig. 305), deren Griffe aber anders gefaſst waren und die auch in anderer Art am Körper getragen wurden. An diesen Kurzschwertern treten häufig die Griffbügel auf; doch finden sich auch Griffe ohne diese mit S-förmig horizontal gebogenen Parier-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/282>, abgerufen am 22.11.2024.