besonders in dem Bauernkriege am Anfange des 16. Jahrhunderts, dem Aufstande der Tiroler 1703, 1805 und 1809, endlich in den polnischen Aufständen von 1830 und 1848.
Während der Belagerung Wiens durch die Türken 1683 ver- wendeten die Verteidiger eine eigene Art von Sturmsensen, die sich im Kampfe in der Bresche gut bewährte. Eine solche Sense bestand aus einer 90 cm. langen, flachen Spiessklinge an einem kurzen Schafte. Knapp vor der Dille breiteten sich beiderseits konkav nach aufwärts gerichtete sensenähnliche Klingen aus, deren Spitzen 80 cm. von der Spiessklinge abstanden. Etwa in der Mitte dieser Sensenklingen waren viereckige Löcher angebracht, die bezweckten, die Klingen mit den beiden benachbarten Sturmsensen durch Bolzen verbinden zu können, so dass die ganze Reihe derselben gewisser- massen nur eine einzige Waffe darstellte. (Fig. 415.) Beim Gebrauche
[Abbildung]
Fig. 415.
Sturmsensen in ihrer Zusammenstellung für den An- griff. 1683. K. u. k. Heeresmuseum in Wien.
wurde die nötige Anzahl von Sturmsensen zusammengestellt und mittelst Federbolzen verbunden. So viele Soldaten, als Platz fanden, ergriffen die Schäfte und rückten mit dieser Maschine dem anstürmen- den Feinde entgegen.*) Die Anwendung eines ähnlichen Systems war damals nicht neu. Schon Maximilian I. führte in seinen Zeughäusern sogenannte Streitkarren, welche mit Spiessen, Sensen und selbst mit Hakenbüchsen bewehrt waren.
Im 18. Jahrhundert führte die Mannschaft der Kriegsflottille an der unteren Donau, die sogenannten Czaikisten, Sturmsensen auf ihren Schiffen, um das Entern zu verhindern.
*) Diese häufig in Anwendung gebrachte Waffe wurde dem Feinde zuletzt so furchtbar, dass er sich über diese "schlechte Kriegsmanier" bitter beklagte.
II. Die Angriffswaffen.
besonders in dem Bauernkriege am Anfange des 16. Jahrhunderts, dem Aufstande der Tiroler 1703, 1805 und 1809, endlich in den polnischen Aufständen von 1830 und 1848.
Während der Belagerung Wiens durch die Türken 1683 ver- wendeten die Verteidiger eine eigene Art von Sturmsensen, die sich im Kampfe in der Bresche gut bewährte. Eine solche Sense bestand aus einer 90 cm. langen, flachen Spieſsklinge an einem kurzen Schafte. Knapp vor der Dille breiteten sich beiderseits konkav nach aufwärts gerichtete sensenähnliche Klingen aus, deren Spitzen 80 cm. von der Spieſsklinge abstanden. Etwa in der Mitte dieser Sensenklingen waren viereckige Löcher angebracht, die bezweckten, die Klingen mit den beiden benachbarten Sturmsensen durch Bolzen verbinden zu können, so daſs die ganze Reihe derselben gewisser- maſsen nur eine einzige Waffe darstellte. (Fig. 415.) Beim Gebrauche
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Fig. 415.
Sturmsensen in ihrer Zusammenstellung für den An- griff. 1683. K. u. k. Heeresmuseum in Wien.
wurde die nötige Anzahl von Sturmsensen zusammengestellt und mittelst Federbolzen verbunden. So viele Soldaten, als Platz fanden, ergriffen die Schäfte und rückten mit dieser Maschine dem anstürmen- den Feinde entgegen.*) Die Anwendung eines ähnlichen Systems war damals nicht neu. Schon Maximilian I. führte in seinen Zeughäusern sogenannte Streitkarren, welche mit Spieſsen, Sensen und selbst mit Hakenbüchsen bewehrt waren.
Im 18. Jahrhundert führte die Mannschaft der Kriegsflottille an der unteren Donau, die sogenannten Czaikisten, Sturmsensen auf ihren Schiffen, um das Entern zu verhindern.
*) Diese häufig in Anwendung gebrachte Waffe wurde dem Feinde zuletzt so furchtbar, daſs er sich über diese „schlechte Kriegsmanier“ bitter beklagte.
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II. Die Angriffswaffen.
besonders in dem Bauernkriege am Anfange des 16. Jahrhunderts,
dem Aufstande der Tiroler 1703, 1805 und 1809, endlich in den
polnischen Aufständen von 1830 und 1848.
Während der Belagerung Wiens durch die Türken 1683 ver-
wendeten die Verteidiger eine eigene Art von Sturmsensen, die
sich im Kampfe in der Bresche gut bewährte. Eine solche Sense
bestand aus einer 90 cm. langen, flachen Spieſsklinge an einem
kurzen Schafte. Knapp vor der Dille breiteten sich beiderseits konkav
nach aufwärts gerichtete sensenähnliche Klingen aus, deren Spitzen
80 cm. von der Spieſsklinge abstanden. Etwa in der Mitte dieser
Sensenklingen waren viereckige Löcher angebracht, die bezweckten,
die Klingen mit den beiden benachbarten Sturmsensen durch Bolzen
verbinden zu können, so daſs die ganze Reihe derselben gewisser-
maſsen nur eine einzige Waffe darstellte. (Fig. 415.) Beim Gebrauche
[Abbildung Fig. 415. Sturmsensen in ihrer Zusammenstellung für den An-
griff. 1683. K. u. k. Heeresmuseum in Wien.]
wurde die nötige Anzahl von Sturmsensen zusammengestellt und
mittelst Federbolzen verbunden. So viele Soldaten, als Platz fanden,
ergriffen die Schäfte und rückten mit dieser Maschine dem anstürmen-
den Feinde entgegen. *) Die Anwendung eines ähnlichen Systems war
damals nicht neu. Schon Maximilian I. führte in seinen Zeughäusern
sogenannte Streitkarren, welche mit Spieſsen, Sensen und selbst mit
Hakenbüchsen bewehrt waren.
Im 18. Jahrhundert führte die Mannschaft der Kriegsflottille an
der unteren Donau, die sogenannten Czaikisten, Sturmsensen auf ihren
Schiffen, um das Entern zu verhindern.
*) Diese häufig in Anwendung gebrachte Waffe wurde dem Feinde zuletzt
so furchtbar, daſs er sich über diese „schlechte Kriegsmanier“ bitter beklagte.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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