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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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C. Die Schlagwaffen. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer.
Kein adeliger Ungar erschien noch im 16. Jahrhundert anders als
mit dem Streitkolben im Gürtel bei Hofe. In Ungarn und besonders in
Polen ist der Streitkolben noch bis ins 18. Jahrhundert in Gebrauch
geblieben; er bildete zuletzt das Würdenzeichen des Offiziers bis zum
Heerführer hinauf; noch heute aber erblicken wir den Kolbenträger
in dem "Massiere des Vatican".



2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer.

Der Hammer ist die älteste deutsche Waffe, die frühesten Volks-
sagen legen ihn in die Faust der vornehmsten Gottheit. Im Laufe
der Jahrhunderte lernte der Germane von benachbarten Völkern andere
kunstreicher gefertigte Waffen kennen und gebrauchen; der Hammer
aber wurde nie vollständig abgelegt; im Gegenteile, er gelangte im
Mittelalter erneuert zu ausgedehnter Anwendung. Die Deutschen
namentlich führten ihn bis ins 11. Jahrhundert, seine allgemeinere
Einführung besonders in der Reiterei fällt jedoch erst ins 13. Jahr-
hundert. Vertraute der Reiter bisher nur auf Schwert und Spiess,
der Fussknecht auf Bogen, Armrust, Spiess und Schwert, so erwiesen
sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als un-
zureichend; der Schlag aber eines schweren Hammers, eines Kolbens,
einer Axt musste nicht allein einen Haubert, einen Lentner und
selbst einen Plattenharnisch zertrümmern, er konnte den Körper
des Gegners bei guter Führung auch bis zur Kampfunfähigkeit er-
schüttern. So ähnlich der Hammer mit dem Kolben in Form und
Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug,
dass er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei guter, kräftiger
Führung immer wirksamer als jener ist.

Für den Fussknecht wurde der Streithammer (marteau d'armes,
maillotin, cassetete, engl. polehammer, lat. molleus, ital. martello, span.
hachuela de mano, martillo) vom 14. Jahrhundert an um so nötiger,
je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutze des Körpers
allgemeiner wurde. Ja diese Waffe gelangte unter bestimmten Kor-
porationen zu einer besonderen Beliebtheit. So führten die Pariser
Bürger während des Aufruhrs 1381 schlägelförmige Hämmer von
Blei an langen Holzstielen (mailles) und machten sich damit sehr
gefürchtet. (Fig. 428.) Bekannt ist der schon seit 1367 bestehende
Schläglerbund der schwäbischen Ritterschaft, der sogenannten
Martinsvögel, dessen Zweck war, sich gegen den Kaiser und die
Reichsstädte zur Wehr zu setzen. In ihren Reihen erscheint der
Hammer zuerst als Reiterwaffe.


C. Die Schlagwaffen. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer.
Kein adeliger Ungar erschien noch im 16. Jahrhundert anders als
mit dem Streitkolben im Gürtel bei Hofe. In Ungarn und besonders in
Polen ist der Streitkolben noch bis ins 18. Jahrhundert in Gebrauch
geblieben; er bildete zuletzt das Würdenzeichen des Offiziers bis zum
Heerführer hinauf; noch heute aber erblicken wir den Kolbenträger
in dem „Massiere des Vatican“.



2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer.

Der Hammer ist die älteste deutsche Waffe, die frühesten Volks-
sagen legen ihn in die Faust der vornehmsten Gottheit. Im Laufe
der Jahrhunderte lernte der Germane von benachbarten Völkern andere
kunstreicher gefertigte Waffen kennen und gebrauchen; der Hammer
aber wurde nie vollständig abgelegt; im Gegenteile, er gelangte im
Mittelalter erneuert zu ausgedehnter Anwendung. Die Deutschen
namentlich führten ihn bis ins 11. Jahrhundert, seine allgemeinere
Einführung besonders in der Reiterei fällt jedoch erst ins 13. Jahr-
hundert. Vertraute der Reiter bisher nur auf Schwert und Spieſs,
der Fuſsknecht auf Bogen, Armrust, Spieſs und Schwert, so erwiesen
sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als un-
zureichend; der Schlag aber eines schweren Hammers, eines Kolbens,
einer Axt muſste nicht allein einen Haubert, einen Lentner und
selbst einen Plattenharnisch zertrümmern, er konnte den Körper
des Gegners bei guter Führung auch bis zur Kampfunfähigkeit er-
schüttern. So ähnlich der Hammer mit dem Kolben in Form und
Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug,
daſs er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei guter, kräftiger
Führung immer wirksamer als jener ist.

Für den Fuſsknecht wurde der Streithammer (marteau d’armes,
maillotin, cassetête, engl. polehammer, lat. molleus, ital. martello, span.
hachuela de mano, martillo) vom 14. Jahrhundert an um so nötiger,
je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutze des Körpers
allgemeiner wurde. Ja diese Waffe gelangte unter bestimmten Kor-
porationen zu einer besonderen Beliebtheit. So führten die Pariser
Bürger während des Aufruhrs 1381 schlägelförmige Hämmer von
Blei an langen Holzstielen (mailles) und machten sich damit sehr
gefürchtet. (Fig. 428.) Bekannt ist der schon seit 1367 bestehende
Schläglerbund der schwäbischen Ritterschaft, der sogenannten
Martinsvögel, dessen Zweck war, sich gegen den Kaiser und die
Reichsstädte zur Wehr zu setzen. In ihren Reihen erscheint der
Hammer zuerst als Reiterwaffe.


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[363/0381] C. Die Schlagwaffen. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer. Kein adeliger Ungar erschien noch im 16. Jahrhundert anders als mit dem Streitkolben im Gürtel bei Hofe. In Ungarn und besonders in Polen ist der Streitkolben noch bis ins 18. Jahrhundert in Gebrauch geblieben; er bildete zuletzt das Würdenzeichen des Offiziers bis zum Heerführer hinauf; noch heute aber erblicken wir den Kolbenträger in dem „Massiere des Vatican“. 2. Der Streithammer, Faust- und Reiterhammer. Der Hammer ist die älteste deutsche Waffe, die frühesten Volks- sagen legen ihn in die Faust der vornehmsten Gottheit. Im Laufe der Jahrhunderte lernte der Germane von benachbarten Völkern andere kunstreicher gefertigte Waffen kennen und gebrauchen; der Hammer aber wurde nie vollständig abgelegt; im Gegenteile, er gelangte im Mittelalter erneuert zu ausgedehnter Anwendung. Die Deutschen namentlich führten ihn bis ins 11. Jahrhundert, seine allgemeinere Einführung besonders in der Reiterei fällt jedoch erst ins 13. Jahr- hundert. Vertraute der Reiter bisher nur auf Schwert und Spieſs, der Fuſsknecht auf Bogen, Armrust, Spieſs und Schwert, so erwiesen sich diese Waffen gegen einen wohlgerüsteten Gegner doch als un- zureichend; der Schlag aber eines schweren Hammers, eines Kolbens, einer Axt muſste nicht allein einen Haubert, einen Lentner und selbst einen Plattenharnisch zertrümmern, er konnte den Körper des Gegners bei guter Führung auch bis zur Kampfunfähigkeit er- schüttern. So ähnlich der Hammer mit dem Kolben in Form und Gebrauch auch erscheinen mag, so hat er doch darin einen Vorzug, daſs er schwerer ist, mehr Vorgewicht besitzt und bei guter, kräftiger Führung immer wirksamer als jener ist. Für den Fuſsknecht wurde der Streithammer (marteau d’armes, maillotin, cassetête, engl. polehammer, lat. molleus, ital. martello, span. hachuela de mano, martillo) vom 14. Jahrhundert an um so nötiger, je mehr die Anwendung von Eisenplatten zum Schutze des Körpers allgemeiner wurde. Ja diese Waffe gelangte unter bestimmten Kor- porationen zu einer besonderen Beliebtheit. So führten die Pariser Bürger während des Aufruhrs 1381 schlägelförmige Hämmer von Blei an langen Holzstielen (mailles) und machten sich damit sehr gefürchtet. (Fig. 428.) Bekannt ist der schon seit 1367 bestehende Schläglerbund der schwäbischen Ritterschaft, der sogenannten Martinsvögel, dessen Zweck war, sich gegen den Kaiser und die Reichsstädte zur Wehr zu setzen. In ihren Reihen erscheint der Hammer zuerst als Reiterwaffe.

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/381>, abgerufen am 22.11.2024.