Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.II. Die Angriffswaffen. der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehrsich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts. Dieselbe Absicht führte den Reiter freilich erst später dahin, sich im [Abbildung]
Fig. 433. Wahl und zwang ihn dazu, sich mit ihr zuKleiner befreunden. So kam es, dass schon um die Mitte des 15. Jahrh. der Streithammer, nun Faust- oder Reiterhammer (marteau d'armes de cavalier, engl. horsman-hammer) genannt, von der Reiterei allenthalben geführt wurde. Die Deutschen und Franzosen führten ihn am Sattelknopfe, die Italiener trugen ihn am Gürtel; ihre Fausthämmer sind deshalb durchweg mit Gürtelhaken ausgestattet. Ge- wisse Formen dieser Fausthämmer führten wegen der Ähnlichkeit des Hammereisens mit einem Vogelschnabel den Namen Papagey. (Fig. 431.) In der 2. Hälfte des 15. Jahrh. wird es Sitte, die Fausthämmer zu Pferde der- art in der Rechten zu tragen, dass der untere Teil des Stieles auf dem Rande des Unter- diechlings aufruhte, und das Hammereisen als Handgriff diente. In den Kürisserregimen- tern Maximilians I. trugen die Rottmeister Fausthämmer mit übermässig langen Stacheln, zugleich als Waffe und Würdenzeichen. Dieser Gebrauch erhielt sich bis in die ersten Jahre der Regierung Ferdinands I. (Fig. 432.) In den italienischen Reiterregimentern wurden von jedem Mann bis zum Obersten hinauf im 16. Jahrhundert kleine Fausthämmer mit eisernen Stielen geführt, welche an den Gürteln getragen wurden. (Fig. 433.) Einer besonderen Eigenheit müssen wir noch erwähnen, der im 15. Jahrh. auftretenden Sitte, die Schlagfläche des Hammers mit diamantförmigen Spitzen und verschiedenartigen Figuren, ja selbst Mono- grammen auszustatten. Entstanden in der Absicht den Schlag gefährlicher zu machen, führte die Sitte zur plumpen Rennomisterei mit der Begründung, die Hand des Helden an den Leichen der Gefallenen wiederzuerkennen. Mit der allgemeineren Einführung der Faustrohre kam der Faust- II. Die Angriffswaffen. der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehrsich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts. Dieselbe Absicht führte den Reiter freilich erst später dahin, sich im [Abbildung]
Fig. 433. Wahl und zwang ihn dazu, sich mit ihr zuKleiner befreunden. So kam es, daſs schon um die Mitte des 15. Jahrh. der Streithammer, nun Faust- oder Reiterhammer (marteau d’armes de cavalier, engl. horsman-hammer) genannt, von der Reiterei allenthalben geführt wurde. Die Deutschen und Franzosen führten ihn am Sattelknopfe, die Italiener trugen ihn am Gürtel; ihre Fausthämmer sind deshalb durchweg mit Gürtelhaken ausgestattet. Ge- wisse Formen dieser Fausthämmer führten wegen der Ähnlichkeit des Hammereisens mit einem Vogelschnabel den Namen Papagey. (Fig. 431.) In der 2. Hälfte des 15. Jahrh. wird es Sitte, die Fausthämmer zu Pferde der- art in der Rechten zu tragen, daſs der untere Teil des Stieles auf dem Rande des Unter- diechlings aufruhte, und das Hammereisen als Handgriff diente. In den Küriſserregimen- tern Maximilians I. trugen die Rottmeister Fausthämmer mit übermäſsig langen Stacheln, zugleich als Waffe und Würdenzeichen. Dieser Gebrauch erhielt sich bis in die ersten Jahre der Regierung Ferdinands I. (Fig. 432.) In den italienischen Reiterregimentern wurden von jedem Mann bis zum Obersten hinauf im 16. Jahrhundert kleine Fausthämmer mit eisernen Stielen geführt, welche an den Gürteln getragen wurden. (Fig. 433.) Einer besonderen Eigenheit müssen wir noch erwähnen, der im 15. Jahrh. auftretenden Sitte, die Schlagfläche des Hammers mit diamantförmigen Spitzen und verschiedenartigen Figuren, ja selbst Mono- grammen auszustatten. Entstanden in der Absicht den Schlag gefährlicher zu machen, führte die Sitte zur plumpen Rennomisterei mit der Begründung, die Hand des Helden an den Leichen der Gefallenen wiederzuerkennen. Mit der allgemeineren Einführung der Faustrohre kam der Faust- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0384" n="366"/><fw place="top" type="header">II. Die Angriffswaffen.</fw><lb/> der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehr<lb/> sich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14.<lb/> Jahrhunderts.</p><lb/> <p>Dieselbe Absicht führte den Reiter freilich erst später dahin, sich im<lb/> Gefechte eines kurzstieligen Hammers zu bedienen. Der Adel wehrte<lb/> sich lange gegen die miſsachtete Waffe der Städtebürger, der Pfeffer-<lb/> säcke und der rohen Bauern; aber die Nothwendigkeit lieſs keine<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 433.</head><p><hi rendition="#g">Kleiner<lb/> Reiterhammer</hi> des Her-<lb/> zogs von Urbino, <hi rendition="#g">Francesco<lb/> Maria</hi> von Rovere-Montefeltre<lb/> (1491—1538) von<lb/> Eisen. Italienisch. Um 1580.</p></figure><lb/> Wahl und zwang ihn dazu, sich mit ihr zu<lb/> befreunden. So kam es, daſs schon um die<lb/> Mitte des 15. Jahrh. der Streithammer, nun<lb/><hi rendition="#g">Faust-</hi> oder <hi rendition="#g">Reiterhammer</hi> (marteau d’armes<lb/> de cavalier, engl. horsman-hammer) genannt,<lb/> von der Reiterei allenthalben geführt wurde.<lb/> Die Deutschen und Franzosen führten ihn<lb/> am Sattelknopfe, die Italiener trugen ihn<lb/> am Gürtel; ihre Fausthämmer sind deshalb<lb/> durchweg mit Gürtelhaken ausgestattet. Ge-<lb/> wisse Formen dieser Fausthämmer führten<lb/> wegen der Ähnlichkeit des Hammereisens mit<lb/> einem Vogelschnabel den Namen <hi rendition="#g">Papagey.</hi><lb/> (Fig. 431.) In der 2. Hälfte des 15. Jahrh.<lb/> wird es Sitte, die Fausthämmer zu Pferde der-<lb/> art in der Rechten zu tragen, daſs der untere<lb/> Teil des Stieles auf dem Rande des Unter-<lb/> diechlings aufruhte, und das Hammereisen<lb/> als Handgriff diente. In den Küriſserregimen-<lb/> tern Maximilians I. trugen die Rottmeister<lb/> Fausthämmer mit übermäſsig langen Stacheln,<lb/> zugleich als Waffe und Würdenzeichen. Dieser<lb/> Gebrauch erhielt sich bis in die ersten Jahre<lb/> der Regierung Ferdinands I. (Fig. 432.) In<lb/> den italienischen Reiterregimentern wurden von<lb/> jedem Mann bis zum Obersten hinauf im<lb/> 16. Jahrhundert kleine Fausthämmer mit<lb/> eisernen Stielen geführt, welche an den Gürteln<lb/> getragen wurden. (Fig. 433.) Einer besonderen<lb/> Eigenheit müssen wir noch erwähnen, der im<lb/> 15. Jahrh. auftretenden Sitte, die Schlagfläche<lb/> des Hammers mit diamantförmigen Spitzen und<lb/> verschiedenartigen Figuren, ja selbst Mono-<lb/> grammen auszustatten. Entstanden in der<lb/> Absicht den Schlag gefährlicher zu machen,<lb/> führte die Sitte zur plumpen Rennomisterei mit der Begründung, die<lb/> Hand des Helden an den Leichen der Gefallenen wiederzuerkennen.<lb/> Mit der allgemeineren Einführung der Faustrohre kam der Faust-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [366/0384]
II. Die Angriffswaffen.
der Wirkung der Schlagwaffen erklärt sich durch die immer mehr
sich vervollständigenden Plattenharnische gegen die Mitte des 14.
Jahrhunderts.
Dieselbe Absicht führte den Reiter freilich erst später dahin, sich im
Gefechte eines kurzstieligen Hammers zu bedienen. Der Adel wehrte
sich lange gegen die miſsachtete Waffe der Städtebürger, der Pfeffer-
säcke und der rohen Bauern; aber die Nothwendigkeit lieſs keine
[Abbildung Fig. 433. Kleiner
Reiterhammer des Her-
zogs von Urbino, Francesco
Maria von Rovere-Montefeltre
(1491—1538) von
Eisen. Italienisch. Um 1580.]
Wahl und zwang ihn dazu, sich mit ihr zu
befreunden. So kam es, daſs schon um die
Mitte des 15. Jahrh. der Streithammer, nun
Faust- oder Reiterhammer (marteau d’armes
de cavalier, engl. horsman-hammer) genannt,
von der Reiterei allenthalben geführt wurde.
Die Deutschen und Franzosen führten ihn
am Sattelknopfe, die Italiener trugen ihn
am Gürtel; ihre Fausthämmer sind deshalb
durchweg mit Gürtelhaken ausgestattet. Ge-
wisse Formen dieser Fausthämmer führten
wegen der Ähnlichkeit des Hammereisens mit
einem Vogelschnabel den Namen Papagey.
(Fig. 431.) In der 2. Hälfte des 15. Jahrh.
wird es Sitte, die Fausthämmer zu Pferde der-
art in der Rechten zu tragen, daſs der untere
Teil des Stieles auf dem Rande des Unter-
diechlings aufruhte, und das Hammereisen
als Handgriff diente. In den Küriſserregimen-
tern Maximilians I. trugen die Rottmeister
Fausthämmer mit übermäſsig langen Stacheln,
zugleich als Waffe und Würdenzeichen. Dieser
Gebrauch erhielt sich bis in die ersten Jahre
der Regierung Ferdinands I. (Fig. 432.) In
den italienischen Reiterregimentern wurden von
jedem Mann bis zum Obersten hinauf im
16. Jahrhundert kleine Fausthämmer mit
eisernen Stielen geführt, welche an den Gürteln
getragen wurden. (Fig. 433.) Einer besonderen
Eigenheit müssen wir noch erwähnen, der im
15. Jahrh. auftretenden Sitte, die Schlagfläche
des Hammers mit diamantförmigen Spitzen und
verschiedenartigen Figuren, ja selbst Mono-
grammen auszustatten. Entstanden in der
Absicht den Schlag gefährlicher zu machen,
führte die Sitte zur plumpen Rennomisterei mit der Begründung, die
Hand des Helden an den Leichen der Gefallenen wiederzuerkennen.
Mit der allgemeineren Einführung der Faustrohre kam der Faust-
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