hammer allenthalben ausser Gebrauch. Vereinzelt kommt er noch im 17. Jahrhundert bei den ungarischen Truppen vor, wo er sich noch bis zur Einführung des Bajonets erhält. Er erscheint in dieser Zeit und bis zuletzt als eine Art Gehstock (Czakan) und diente in Ungarn häufig als Waffe auf Reisen zur Abwehr gegen räuberische Überfälle.
3. Die Streitaxt.
Unter den Funden der Stein-, der ältesten Bronzeperiode bildet die Streitaxt (franz. hache d'armes, engl. battle-axe, pole-axe, ital. azza, span. hacha de armas, lat. acha, polaxis, rasticucium, bipennis) einen so häufig vor Augen tretenden und bemerkenswerten Gegen- stand, dass wir deren Alter am weitesten in die prähistorische Zeit rücken können. Wo wir aber ihre Spur finden, da weisen die Um- stände in den meisten Fällen darauf hin, dass sie bei den nor- dischen Völkern zuerst Verwendung im Kriege gefunden hat. Schon auf der Trajanssäule erblicken wir die Streitaxt in den Händen der fechtenden Barbaren und in den ältesten Gräbern aus der Zeit der Merowinger, wie u. a. jenen von Parfondeval (Dep. de l'Eaulne) fand sich fast ausnahmslos neben dem Scramasax die Francisca, jene kurzstielige, unserer gemeinen Holzhaueraxt ähnliche Waffe, die schon im 5. Jahrhundert unter den Galliern zur Nationalwaffe geworden war, wie uns schon Sidonius Apollinaris und Procopius von Caesarea berichten.
Von diesen unanfechtbaren Zeugen abgesehen finden wir sie in Abbildungen aus dem frühen Mittelalter bis ins 11. Jahrhundert dar- gestellt. In dem oft erwähnten Teppich von Bayeux erscheint sie in einer so vollständigen Deutlichkeit als Waffe des englischen Fuss- volkes, dass wir selbst die Kampfweise daraus zu entnehmen im stande sind. (Fig. 434.) War unter den Merowingern die kleine Streitaxt, Francisca, eine Wurfwaffe, welche 10--12 m. vom Feinde entfernt in dessen Reihen flog, so erscheint hier die langstielige Axt mit kon- vexer Beilschneide als Hiebwaffe, mit der das Fussvolk zuerst in die feindliche Front eindrang. Nach dem mit den Äxten bewirkten Ein- bruche folgten erst die schildtragenden Streiter, um mit den langen Wurfspiessen und Schwertern den Erfolg zu vermehren. (Fig. 435.)
Ist die Streitaxt ihrem Ursprunge nach eine Waffe des Fuss- volkes gewesen, so führte die unzureichende Wirkung des Spiesses und des Reiterschwertes auf den immer widerstandsfähiger werdenden Harnisch allmählich dahin, dass auch die Reiterei sich derselben bediente. Diese Umwandlung in der Bewaffnung wird schon im 1. Kreuzzuge
C. Die Schlagwaffen. 3. Die Streitaxt.
hammer allenthalben auſser Gebrauch. Vereinzelt kommt er noch im 17. Jahrhundert bei den ungarischen Truppen vor, wo er sich noch bis zur Einführung des Bajonets erhält. Er erscheint in dieser Zeit und bis zuletzt als eine Art Gehstock (Czákan) und diente in Ungarn häufig als Waffe auf Reisen zur Abwehr gegen räuberische Überfälle.
3. Die Streitaxt.
Unter den Funden der Stein-, der ältesten Bronzeperiode bildet die Streitaxt (franz. hache d’armes, engl. battle-axe, pole-axe, ital. azza, span. hacha de armas, lat. acha, polaxis, rasticucium, bipennis) einen so häufig vor Augen tretenden und bemerkenswerten Gegen- stand, daſs wir deren Alter am weitesten in die prähistorische Zeit rücken können. Wo wir aber ihre Spur finden, da weisen die Um- stände in den meisten Fällen darauf hin, daſs sie bei den nor- dischen Völkern zuerst Verwendung im Kriege gefunden hat. Schon auf der Trajanssäule erblicken wir die Streitaxt in den Händen der fechtenden Barbaren und in den ältesten Gräbern aus der Zeit der Merowinger, wie u. a. jenen von Parfondeval (Dep. de l’Eaulne) fand sich fast ausnahmslos neben dem Scramasax die Francisca, jene kurzstielige, unserer gemeinen Holzhaueraxt ähnliche Waffe, die schon im 5. Jahrhundert unter den Galliern zur Nationalwaffe geworden war, wie uns schon Sidonius Apollinaris und Procopius von Caesarea berichten.
Von diesen unanfechtbaren Zeugen abgesehen finden wir sie in Abbildungen aus dem frühen Mittelalter bis ins 11. Jahrhundert dar- gestellt. In dem oft erwähnten Teppich von Bayeux erscheint sie in einer so vollständigen Deutlichkeit als Waffe des englischen Fuſs- volkes, daſs wir selbst die Kampfweise daraus zu entnehmen im stande sind. (Fig. 434.) War unter den Merowingern die kleine Streitaxt, Francisca, eine Wurfwaffe, welche 10—12 m. vom Feinde entfernt in dessen Reihen flog, so erscheint hier die langstielige Axt mit kon- vexer Beilschneide als Hiebwaffe, mit der das Fuſsvolk zuerst in die feindliche Front eindrang. Nach dem mit den Äxten bewirkten Ein- bruche folgten erst die schildtragenden Streiter, um mit den langen Wurfspieſsen und Schwertern den Erfolg zu vermehren. (Fig. 435.)
Ist die Streitaxt ihrem Ursprunge nach eine Waffe des Fuſs- volkes gewesen, so führte die unzureichende Wirkung des Spieſses und des Reiterschwertes auf den immer widerstandsfähiger werdenden Harnisch allmählich dahin, daſs auch die Reiterei sich derselben bediente. Diese Umwandlung in der Bewaffnung wird schon im 1. Kreuzzuge
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C. Die Schlagwaffen. 3. Die Streitaxt.
hammer allenthalben auſser Gebrauch. Vereinzelt kommt er noch
im 17. Jahrhundert bei den ungarischen Truppen vor, wo er sich
noch bis zur Einführung des Bajonets erhält. Er erscheint in dieser
Zeit und bis zuletzt als eine Art Gehstock (Czákan) und diente in Ungarn
häufig als Waffe auf Reisen zur Abwehr gegen räuberische Überfälle.
3. Die Streitaxt.
Unter den Funden der Stein-, der ältesten Bronzeperiode bildet
die Streitaxt (franz. hache d’armes, engl. battle-axe, pole-axe, ital.
azza, span. hacha de armas, lat. acha, polaxis, rasticucium, bipennis)
einen so häufig vor Augen tretenden und bemerkenswerten Gegen-
stand, daſs wir deren Alter am weitesten in die prähistorische Zeit
rücken können. Wo wir aber ihre Spur finden, da weisen die Um-
stände in den meisten Fällen darauf hin, daſs sie bei den nor-
dischen Völkern zuerst Verwendung im Kriege gefunden hat. Schon
auf der Trajanssäule erblicken wir die Streitaxt in den Händen der
fechtenden Barbaren und in den ältesten Gräbern aus der Zeit der
Merowinger, wie u. a. jenen von Parfondeval (Dep. de l’Eaulne) fand
sich fast ausnahmslos neben dem Scramasax die Francisca, jene
kurzstielige, unserer gemeinen Holzhaueraxt ähnliche Waffe, die schon
im 5. Jahrhundert unter den Galliern zur Nationalwaffe geworden
war, wie uns schon Sidonius Apollinaris und Procopius von Caesarea
berichten.
Von diesen unanfechtbaren Zeugen abgesehen finden wir sie in
Abbildungen aus dem frühen Mittelalter bis ins 11. Jahrhundert dar-
gestellt. In dem oft erwähnten Teppich von Bayeux erscheint sie
in einer so vollständigen Deutlichkeit als Waffe des englischen Fuſs-
volkes, daſs wir selbst die Kampfweise daraus zu entnehmen im stande
sind. (Fig. 434.) War unter den Merowingern die kleine Streitaxt,
Francisca, eine Wurfwaffe, welche 10—12 m. vom Feinde entfernt
in dessen Reihen flog, so erscheint hier die langstielige Axt mit kon-
vexer Beilschneide als Hiebwaffe, mit der das Fuſsvolk zuerst in die
feindliche Front eindrang. Nach dem mit den Äxten bewirkten Ein-
bruche folgten erst die schildtragenden Streiter, um mit den langen
Wurfspieſsen und Schwertern den Erfolg zu vermehren. (Fig. 435.)
Ist die Streitaxt ihrem Ursprunge nach eine Waffe des Fuſs-
volkes gewesen, so führte die unzureichende Wirkung des Spieſses und
des Reiterschwertes auf den immer widerstandsfähiger werdenden
Harnisch allmählich dahin, daſs auch die Reiterei sich derselben bediente.
Diese Umwandlung in der Bewaffnung wird schon im 1. Kreuzzuge
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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