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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundszügen.
selbe bleibt. In der Reiterei werden die Harnische nur noch von
Kürassieren getragen und selbst bei diesen die Helme durch Hüte
ersetzt. Nur die Franzosen beliessen den Dragonern ihre Bruststücke
und Helme. Die Waffen waren der gerade Pallasch und die Pistole.
Noch ist unter den Offizieren der Reiterei eine Spur des alten
ritterlichen Geistes wahrnehmbar. Die deutsche Artillerie war um
jene Zeit sehr herabgekommen, während die französische und vene-
tianische ausserordentlich gut ausgerüstet und bedient war, doch
zeigte sich allerorten der Fehler, dass dieselbe in den Rahmen des
Heeres nicht entsprechend eingefügt war und noch immer das Ge-
präge des Handwerks aufwies. Die Infanterie, wie sie nun nach
spanischem Muster genannt wurde, ging einer vollen Umwandlung in ihrer
Bewaffnung entgegen. Am Beginne des 18. Jahrhunderts legte sie die
Picke vollends ab, sie fand ihren Ersatz in dem Bajonett, das anfänglich
in den Lauf des Gewehres gesteckt wurde. Statt des Luntengewehres
erhielt sie die Flinte, die mit dem französischen Feuerschloss ver-
sehen war und ebenfalls Muskete genannt wurde. Das Bajonett
nahmen endlich auch die ungarischen Truppen an. Von 1750 datiert
die Bildung einer leichten Feld-Artillerie, von 1772 in den deutschen
Erblanden die Bildung von Artillerie-Regimentern und einer Festungs-
Artillerie. Ungefähr um die gleiche Zeit auch in Frankreich und
den deutschen Staaten. Damit war ihre vollständige Militarisie-
rung endlich durchgeführt. In der Reiterei kamen schon vom 17.
Jahrhundert an mannigfache Namen in Aufnahme. Chevauxlegers,
reitende Jäger, Arkebusiere, Husaren, vom 18. Jahrhundert an
Uhlanen, Bosniaken, Towarsziken, Kosaken etc. Im allgemeinen
stehen alle diese als leichte Reiter den schweren Kürassieren gegen-
über. Die Husaren bilden darunter eine besondere Truppe, als ihre
Fechtweise eine der orientalischen ähnliche war. Dasselbe ist auch
von den Uhlanen und Kosaken zu sagen, die als Lanzenreiter aller-
dings selbständig hervortreten. Der Name Ulan stammt aus dem
Tartarischen und bedeutet so viel als der Wachsame. Als die Polen
ihre schweren Pancerni und Husaren durch leichte Reiterei ersetzten,
gaben sie dieser den Namen Uhlanen. Auch der Name Kosak
(Kasak) ist türkisch-tartarischen Ursprungs. Die Verwendung von
Reiterei mit orientalischer Fechtweise lässt erkennen, wie sehr man
noch im 18. Jahrhundert und noch später die Kriegskunst der
Orientalen achtete.

Mit der vorschreitenden Erstarkung der Herrschergewalt gelangte
auch das Heerwesen stets mehr in die Hände der Landesfürsten.
Als die Werbung durch eine wehrpflichtige Stellung ersetzt wurde,
brach der letzte Rest der Rechte der alten Regimentsherren in sich
selbst zusammen und es verschwand damit jede Spur der einstigen
feudalen Organisation der Heere. In der Hand der Landesfürsten
erhielt jedes einzelne Heer in seiner Ausrüstung und Bewaffnung

Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundszügen.
selbe bleibt. In der Reiterei werden die Harnische nur noch von
Kürassieren getragen und selbst bei diesen die Helme durch Hüte
ersetzt. Nur die Franzosen belieſsen den Dragonern ihre Bruststücke
und Helme. Die Waffen waren der gerade Pallasch und die Pistole.
Noch ist unter den Offizieren der Reiterei eine Spur des alten
ritterlichen Geistes wahrnehmbar. Die deutsche Artillerie war um
jene Zeit sehr herabgekommen, während die französische und vene-
tianische auſserordentlich gut ausgerüstet und bedient war, doch
zeigte sich allerorten der Fehler, daſs dieselbe in den Rahmen des
Heeres nicht entsprechend eingefügt war und noch immer das Ge-
präge des Handwerks aufwies. Die Infanterie, wie sie nun nach
spanischem Muster genannt wurde, ging einer vollen Umwandlung in ihrer
Bewaffnung entgegen. Am Beginne des 18. Jahrhunderts legte sie die
Picke vollends ab, sie fand ihren Ersatz in dem Bajonett, das anfänglich
in den Lauf des Gewehres gesteckt wurde. Statt des Luntengewehres
erhielt sie die Flinte, die mit dem französischen Feuerschloſs ver-
sehen war und ebenfalls Muskete genannt wurde. Das Bajonett
nahmen endlich auch die ungarischen Truppen an. Von 1750 datiert
die Bildung einer leichten Feld-Artillerie, von 1772 in den deutschen
Erblanden die Bildung von Artillerie-Regimentern und einer Festungs-
Artillerie. Ungefähr um die gleiche Zeit auch in Frankreich und
den deutschen Staaten. Damit war ihre vollständige Militarisie-
rung endlich durchgeführt. In der Reiterei kamen schon vom 17.
Jahrhundert an mannigfache Namen in Aufnahme. Chevauxlegers,
reitende Jäger, Arkebusiere, Husaren, vom 18. Jahrhundert an
Uhlanen, Bosniaken, Towarsziken, Kosaken etc. Im allgemeinen
stehen alle diese als leichte Reiter den schweren Kürassieren gegen-
über. Die Husaren bilden darunter eine besondere Truppe, als ihre
Fechtweise eine der orientalischen ähnliche war. Dasselbe ist auch
von den Uhlanen und Kosaken zu sagen, die als Lanzenreiter aller-
dings selbständig hervortreten. Der Name Ulan stammt aus dem
Tartarischen und bedeutet so viel als der Wachsame. Als die Polen
ihre schweren Pancerni und Husaren durch leichte Reiterei ersetzten,
gaben sie dieser den Namen Uhlanen. Auch der Name Kosak
(Kasak) ist türkisch-tartarischen Ursprungs. Die Verwendung von
Reiterei mit orientalischer Fechtweise läſst erkennen, wie sehr man
noch im 18. Jahrhundert und noch später die Kriegskunst der
Orientalen achtete.

Mit der vorschreitenden Erstarkung der Herrschergewalt gelangte
auch das Heerwesen stets mehr in die Hände der Landesfürsten.
Als die Werbung durch eine wehrpflichtige Stellung ersetzt wurde,
brach der letzte Rest der Rechte der alten Regimentsherren in sich
selbst zusammen und es verschwand damit jede Spur der einstigen
feudalen Organisation der Heere. In der Hand der Landesfürsten
erhielt jedes einzelne Heer in seiner Ausrüstung und Bewaffnung

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[21/0039] Die Entwickelung des Waffenwesens in ihren Grundszügen. selbe bleibt. In der Reiterei werden die Harnische nur noch von Kürassieren getragen und selbst bei diesen die Helme durch Hüte ersetzt. Nur die Franzosen belieſsen den Dragonern ihre Bruststücke und Helme. Die Waffen waren der gerade Pallasch und die Pistole. Noch ist unter den Offizieren der Reiterei eine Spur des alten ritterlichen Geistes wahrnehmbar. Die deutsche Artillerie war um jene Zeit sehr herabgekommen, während die französische und vene- tianische auſserordentlich gut ausgerüstet und bedient war, doch zeigte sich allerorten der Fehler, daſs dieselbe in den Rahmen des Heeres nicht entsprechend eingefügt war und noch immer das Ge- präge des Handwerks aufwies. Die Infanterie, wie sie nun nach spanischem Muster genannt wurde, ging einer vollen Umwandlung in ihrer Bewaffnung entgegen. Am Beginne des 18. Jahrhunderts legte sie die Picke vollends ab, sie fand ihren Ersatz in dem Bajonett, das anfänglich in den Lauf des Gewehres gesteckt wurde. Statt des Luntengewehres erhielt sie die Flinte, die mit dem französischen Feuerschloſs ver- sehen war und ebenfalls Muskete genannt wurde. Das Bajonett nahmen endlich auch die ungarischen Truppen an. Von 1750 datiert die Bildung einer leichten Feld-Artillerie, von 1772 in den deutschen Erblanden die Bildung von Artillerie-Regimentern und einer Festungs- Artillerie. Ungefähr um die gleiche Zeit auch in Frankreich und den deutschen Staaten. Damit war ihre vollständige Militarisie- rung endlich durchgeführt. In der Reiterei kamen schon vom 17. Jahrhundert an mannigfache Namen in Aufnahme. Chevauxlegers, reitende Jäger, Arkebusiere, Husaren, vom 18. Jahrhundert an Uhlanen, Bosniaken, Towarsziken, Kosaken etc. Im allgemeinen stehen alle diese als leichte Reiter den schweren Kürassieren gegen- über. Die Husaren bilden darunter eine besondere Truppe, als ihre Fechtweise eine der orientalischen ähnliche war. Dasselbe ist auch von den Uhlanen und Kosaken zu sagen, die als Lanzenreiter aller- dings selbständig hervortreten. Der Name Ulan stammt aus dem Tartarischen und bedeutet so viel als der Wachsame. Als die Polen ihre schweren Pancerni und Husaren durch leichte Reiterei ersetzten, gaben sie dieser den Namen Uhlanen. Auch der Name Kosak (Kasak) ist türkisch-tartarischen Ursprungs. Die Verwendung von Reiterei mit orientalischer Fechtweise läſst erkennen, wie sehr man noch im 18. Jahrhundert und noch später die Kriegskunst der Orientalen achtete. Mit der vorschreitenden Erstarkung der Herrschergewalt gelangte auch das Heerwesen stets mehr in die Hände der Landesfürsten. Als die Werbung durch eine wehrpflichtige Stellung ersetzt wurde, brach der letzte Rest der Rechte der alten Regimentsherren in sich selbst zusammen und es verschwand damit jede Spur der einstigen feudalen Organisation der Heere. In der Hand der Landesfürsten erhielt jedes einzelne Heer in seiner Ausrüstung und Bewaffnung

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/39>, abgerufen am 23.11.2024.