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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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überraschende Einzelerfolge brachten die Truppen jener Nationen zu
nicht unbedeutendem Ansehen unter den Heerführern. Bei den
Polen findet sich in der Ausrüstung ein Gemisch von abendländischen
und orientalischen Mustern. In der Reiterei diente der hohe Adel
in den in deutsche Harnische gekleideten Husaren mit Spiess und
Schwert, der niedere Adel unter den "Gepanzerten", pancernik, welche,
mit Ringpanzern bekleidet, zu den leichten Reitern zählten; das ge-
meine Volk wurde unter die Kosaken gereiht, die noch um 1630
und später neben dem Säbel den Bogen führten. Ähnlich war die
Ausrüstung bei den Ungarn, deren Reiterei fast durchgehends mit
Panzerhemden bekleidet war und die nebst leichten Spiessen und
Säbeln mit Vorliebe Schlagwaffen handhabte. Vom 16. Jahrhundert
an hatten sich die Heiducken anfangs gefürchtet, später geachtet
zu machen verstanden. Nach ihrer späteren Organisation nach 1613
dienten sie ebensowohl zu Pferde als zu Fuss, und waren durch
Bocskay vorzüglich bewaffnet worden. Die Reiterei führte neben
dem Säbel noch Schilde, das Fussvolk Musketen und sogenannte
Fokos, eine Schlagwaffe. Unter den Habsburgern wurde ungarisches
oder kroatisches Fussvolk weniger verwendet. Erst um die Mitte
des 17. Jahrhunderts erscheint solches allgemeiner. In demselben findet
sich keine Picke; der Ungar und Kroate griff mit dem Czakany oder
Buzoganyi an; seine Muskete war leichter als die der Westvölker;
daneben führte er den krummen Säbel.

Von den zahlreichen, verschieden ausgerüsteten türkischen Truppen
ist es schwierig, ein Gesamtbild aus jener Periode zu gestalten, doch kann
im allgemeinen bemerkt werden, dass die schwere, aber nach unseren
Anschauungen noch immer leichte Reiterei die sogenannten Gepan-
zerten, "tschebeli", bildeten. Mann und Ross waren in sehr leichte
Plattenharnische gekleidet. Sie führten handliche Spiesse, Säbel, Hand-
jars und Faustkolben. Den Kern der Reiterei bildeten die von den
Timari gestellten Spahis. Sie waren nach altarabischer Art in Panzer-
hemden gekleidet und führten nebst dem Wurfspiesse, "djerid", auch
den Bogen. Eine durch Tapferkeit berühmte Truppe waren die
Deli oder Tollköpfe, welche in Asien geworben wurden. Ein voll-
kommen unregelmässiges und nahezu unabhängiges Reiterkorps waren
die Tartaren unter ihrem Chan, der sich den Titel eines Sultans
gab. Sie konnten immer nur als Vortruppen verwendet werden.
Ihre Bewaffnung war vollkommen verschiedenartig. Der Janitscharen
als Fusstruppe haben wir bereits gedacht. Im 17. Jahrhundert wird
der Bogen in ihren Reihen seltener, dafür wird die Muskete häufiger,
die, um 1680 bereits mit Schnapphahnschloss ausgestattet, als Feuer-
waffe der Infanterie die Luntenmusketen der anderen Heere an
Brauchbarkeit weit überragte.

Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts erhalten die Heere über-
all eine strammere Organisation, wenn auch die Heeresbildung die-

Einleitung.
überraschende Einzelerfolge brachten die Truppen jener Nationen zu
nicht unbedeutendem Ansehen unter den Heerführern. Bei den
Polen findet sich in der Ausrüstung ein Gemisch von abendländischen
und orientalischen Mustern. In der Reiterei diente der hohe Adel
in den in deutsche Harnische gekleideten Husaren mit Spieſs und
Schwert, der niedere Adel unter den „Gepanzerten“, pancernik, welche,
mit Ringpanzern bekleidet, zu den leichten Reitern zählten; das ge-
meine Volk wurde unter die Kosaken gereiht, die noch um 1630
und später neben dem Säbel den Bogen führten. Ähnlich war die
Ausrüstung bei den Ungarn, deren Reiterei fast durchgehends mit
Panzerhemden bekleidet war und die nebst leichten Spieſsen und
Säbeln mit Vorliebe Schlagwaffen handhabte. Vom 16. Jahrhundert
an hatten sich die Heiducken anfangs gefürchtet, später geachtet
zu machen verstanden. Nach ihrer späteren Organisation nach 1613
dienten sie ebensowohl zu Pferde als zu Fuſs, und waren durch
Bocskay vorzüglich bewaffnet worden. Die Reiterei führte neben
dem Säbel noch Schilde, das Fuſsvolk Musketen und sogenannte
Fokos, eine Schlagwaffe. Unter den Habsburgern wurde ungarisches
oder kroatisches Fuſsvolk weniger verwendet. Erst um die Mitte
des 17. Jahrhunderts erscheint solches allgemeiner. In demselben findet
sich keine Picke; der Ungar und Kroate griff mit dem Czákány oder
Buzogányi an; seine Muskete war leichter als die der Westvölker;
daneben führte er den krummen Säbel.

Von den zahlreichen, verschieden ausgerüsteten türkischen Truppen
ist es schwierig, ein Gesamtbild aus jener Periode zu gestalten, doch kann
im allgemeinen bemerkt werden, daſs die schwere, aber nach unseren
Anschauungen noch immer leichte Reiterei die sogenannten Gepan-
zerten, „tschebeli“, bildeten. Mann und Roſs waren in sehr leichte
Plattenharnische gekleidet. Sie führten handliche Spieſse, Säbel, Hand-
jars und Faustkolben. Den Kern der Reiterei bildeten die von den
Timari gestellten Spahis. Sie waren nach altarabischer Art in Panzer-
hemden gekleidet und führten nebst dem Wurfspieſse, „djerid“, auch
den Bogen. Eine durch Tapferkeit berühmte Truppe waren die
Deli oder Tollköpfe, welche in Asien geworben wurden. Ein voll-
kommen unregelmäſsiges und nahezu unabhängiges Reiterkorps waren
die Tartaren unter ihrem Chan, der sich den Titel eines Sultans
gab. Sie konnten immer nur als Vortruppen verwendet werden.
Ihre Bewaffnung war vollkommen verschiedenartig. Der Janitscharen
als Fuſstruppe haben wir bereits gedacht. Im 17. Jahrhundert wird
der Bogen in ihren Reihen seltener, dafür wird die Muskete häufiger,
die, um 1680 bereits mit Schnapphahnschloſs ausgestattet, als Feuer-
waffe der Infanterie die Luntenmusketen der anderen Heere an
Brauchbarkeit weit überragte.

Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts erhalten die Heere über-
all eine strammere Organisation, wenn auch die Heeresbildung die-

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[20/0038] Einleitung. überraschende Einzelerfolge brachten die Truppen jener Nationen zu nicht unbedeutendem Ansehen unter den Heerführern. Bei den Polen findet sich in der Ausrüstung ein Gemisch von abendländischen und orientalischen Mustern. In der Reiterei diente der hohe Adel in den in deutsche Harnische gekleideten Husaren mit Spieſs und Schwert, der niedere Adel unter den „Gepanzerten“, pancernik, welche, mit Ringpanzern bekleidet, zu den leichten Reitern zählten; das ge- meine Volk wurde unter die Kosaken gereiht, die noch um 1630 und später neben dem Säbel den Bogen führten. Ähnlich war die Ausrüstung bei den Ungarn, deren Reiterei fast durchgehends mit Panzerhemden bekleidet war und die nebst leichten Spieſsen und Säbeln mit Vorliebe Schlagwaffen handhabte. Vom 16. Jahrhundert an hatten sich die Heiducken anfangs gefürchtet, später geachtet zu machen verstanden. Nach ihrer späteren Organisation nach 1613 dienten sie ebensowohl zu Pferde als zu Fuſs, und waren durch Bocskay vorzüglich bewaffnet worden. Die Reiterei führte neben dem Säbel noch Schilde, das Fuſsvolk Musketen und sogenannte Fokos, eine Schlagwaffe. Unter den Habsburgern wurde ungarisches oder kroatisches Fuſsvolk weniger verwendet. Erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts erscheint solches allgemeiner. In demselben findet sich keine Picke; der Ungar und Kroate griff mit dem Czákány oder Buzogányi an; seine Muskete war leichter als die der Westvölker; daneben führte er den krummen Säbel. Von den zahlreichen, verschieden ausgerüsteten türkischen Truppen ist es schwierig, ein Gesamtbild aus jener Periode zu gestalten, doch kann im allgemeinen bemerkt werden, daſs die schwere, aber nach unseren Anschauungen noch immer leichte Reiterei die sogenannten Gepan- zerten, „tschebeli“, bildeten. Mann und Roſs waren in sehr leichte Plattenharnische gekleidet. Sie führten handliche Spieſse, Säbel, Hand- jars und Faustkolben. Den Kern der Reiterei bildeten die von den Timari gestellten Spahis. Sie waren nach altarabischer Art in Panzer- hemden gekleidet und führten nebst dem Wurfspieſse, „djerid“, auch den Bogen. Eine durch Tapferkeit berühmte Truppe waren die Deli oder Tollköpfe, welche in Asien geworben wurden. Ein voll- kommen unregelmäſsiges und nahezu unabhängiges Reiterkorps waren die Tartaren unter ihrem Chan, der sich den Titel eines Sultans gab. Sie konnten immer nur als Vortruppen verwendet werden. Ihre Bewaffnung war vollkommen verschiedenartig. Der Janitscharen als Fuſstruppe haben wir bereits gedacht. Im 17. Jahrhundert wird der Bogen in ihren Reihen seltener, dafür wird die Muskete häufiger, die, um 1680 bereits mit Schnapphahnschloſs ausgestattet, als Feuer- waffe der Infanterie die Luntenmusketen der anderen Heere an Brauchbarkeit weit überragte. Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts erhalten die Heere über- all eine strammere Organisation, wenn auch die Heeresbildung die-

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/38>, abgerufen am 21.11.2024.